Datteln/Neu-Isenburg. Sylvia Schmelzer hat den Tischtennissport erst vor drei Jahren für sich entdeckt, seitdem ist die 53-Jährige aber mit einem wahrhaften Virus infiziert. „Mir gefällt dieser Sport einfach. Man kann Leute damit richtig begeistern“, ist sie sicher. Und das tut sie aktiv. Die Kreisliga-Spielerin hat inzwischen die C-Lizenz erworben, hilft als Trainerin in ihrem Verein aus, dem TTC Blau-Weiß Datteln 1946, und hat sich auf die Fahnen geschrieben, Mitglieder für Ihren Sport zu gewinnen – Erwachsene, die wie sie vorher nie in einem Tischtennisverein waren, oder Damen, die den Schläger für einige Jahre aus der Hand gelegt haben. „Es kann nicht richtig sein, dass wir so wenige sind und immer weniger werden: Tischtennis ist doch für Mädchen und Frauen wie gemacht, wetterunabhängig und ein idealer Ausgleich zum Schul- und Berufsleben!“, ist Schmelzers Meinung.
Ideen hat sie viele. Bei Facebook hat sie die geschlossene Gruppe „Damen spielen Tischtennis!“ gegründet. Die Gruppe hat regen Zulauf. Innerhalb kurzer Zeit sind über 100 Mitglieder beigetreten. Ziel: Vernetzung quer durch die Republik, damit die aktiven Damen Gleichgesinnte zum Austausch haben. „Das ist bitter nötig, denn hier wird einem erst einmal bewusst, wie schlecht es um den Tischtennissport bei den Frauen in manchen Regionen Deutschlands steht“, sagt Schmelzer. Als Gruppenmitglieder zugelassen sind nur Frauen. Fast alle davon spielen aktiv, was Schmelzer stichprobenartig via myTischtennis bzw. click-TT prüft. „Wichtig ist, dass die Mädels auch in schlecht besetzten Regionen am Ball bleiben und den Sport nicht aus den Augen verlieren“, erklärt sie, die als gelernte Reiseverkehrskauffrau weiß, wie sehr ein funktionierendes Netzwerk die Arbeit erleichtert.
„Wenn ich erzähle, dass in Datteln 16 Damen von Kreisliga bis Oberliga-Niveau aktiv sind, kommt es mir manchmal vor, als sei das etwas Besonderes. Dabei meine ich eigentlich, dass es noch viel zu wenige sind – nämlich gerade mal drei Teams. Vergleicht das mal mit der Zahl der Herren!“, zählt sie auf.
Sport, Party, Sport
Ihr nächstes Projekt ist bereits in der Planung: ein Turnier nur für Mädchen und Frauen. Über zwei Tage soll es gehen und in der Dreifach-Sporthalle in Datteln stattfinden – bei hoher Meldezahl auch in zwei Hallen, entweder als Saison-Abschluss im Juni 2016 oder als Saisonvorbereitung am Ende der Sommerferien. Der erste Turniertag dient dem Kennenlernen und wäre in zwanglosem Rahmen als Brettchen-, Rundlauf-Turnier oder für Zweiermannschaften mit einander zugelosten Duos denkbar. Abends gibt es eine Grillparty, bei der sich die Sportlerinnen Kontakte knüpfen und sich austauschen können. Am zweiten Tag wird leistungsbezogen in vier bis fünf Turnierklassen gespielt, damit von der Kreisliga- bis zur Regionalligaspielerin etwas dabei ist.
Neben dem sportlichen Teil wird die Verpflegung organisiert. Übernachtungsmöglichkeiten können angefragt werden. Fahrgemeinschaften bilden sich über die Facebook-Gruppe. Auch bei der Kinderbetreuung gibt es bei Bedarf Hilfe. Ihren Verein hat Sylvia Schmelzer bereits überzeugt: Auch Vorstand und Herren-Mannschaften leisten Hilfestellung bei der Voraborganisation und beim Turnierablauf.
Kontakt
Um Teilnehmerinnen für das Turnier zu gewinnen, macht Schmelzer das Projekt auch über die WTTV-Grenzen hinaus bekannt. Wer mit ihr in Kontakt treten und mehr über das Turnier erfahren möchte, kann dies tun:
Sylvia Schmelzer, E-Mail: schupfliesel@gmail.com
Serie zur Mädchen- und Frauenförderung
Immer weniger Mädchen und Frauen spielen Tischtennis. Nur 20 Prozent beträgt der weibliche Anteil im DTTB, auch wenn es in Vereinen und Verbänden durchaus viele Positiv-Beispiele gibt. Dennoch sind die Zahlen rückläufig. Wie kann die Tischtennis-Gemeinde gemeinsam den Trend umkehren? Was kann man von Clubs lernen, in denen es besser läuft und welche Faktoren begünstigen die Mädchen- und Frauenförderung? Solchen und ähnlichen Fragen sind wir nachgegangen, die Arbeitsgruppe „Mädchen und Frauen“ im DTTB hat Standards für Vereine und Verbände entwickelt, welche von Präsidium und Beirat beschlossen wurden. Über zwei Wochen lang präsentieren wir Ihnen täglich Hintergrundinfos, Geschichten und Interviews zu dem Thema.
Teil 1: Rückläufige Zahlen, aber leichte Hoffnungsschimmer
Teil 2: Interview: „Wenn die Atmosphäre nicht stimmt, kann man Mädchen nicht halten“
Teil 3: 40 Jahre Damen-Bundesliga - ein Rückblick in drei Akten (I)
Teil 4: Mein Tischtennis-Leben: Nina Spalckhaver (18) aus Lübeck trainiert Flüchtlingskinder
Teil 5: Fünf Fragen - fünf Antworten
Teil 6: 40 Jahre Damen-Bundesliga - ein Rückblick in drei Akten (II)
Teil 7: Mein Tischtennis-Leben: Nachwuchstrainerin Nathalie Schröter vom TSV Butzbach
Teil 8: Mädchen-Training: Anregungen und Tipps
Teil 9: 40 Jahre Damen-Bundesliga - ein Rückblick in drei Akten (II)
Teil 10: Bundesweites Damen-Turnier mit Kennenlernen und Kinderbetreuung: BW Datteln macht's vor
Teil 11: Spielerische Wettkampfformen für Mädchen
Teil 12: Anja Gersdorf: Der Traum vom Highlight Olympia und kreativen Ideen
Teil 13: Interview mit Dr. Petra Tzschoppe: Frauen als Schlüssel zur Problemlösung für Vereine
Teil 14: Interview Eva Jeler: Über Selbstbewusstsein, Souveränität und Investitionen
Teil 15: Wiebke Julius: Sportreferentin, Demokratietrainerin, Tischtennisspielerin
Teil 16: Der "Perfekte Mädchentrainer"
Teil 18: Best Practice: Es geht auch anders!
Standards zur Mädchen- und Frauenförderung für Vereine und Verbände
Was können Vereine und Verbände tun, damit sich das ändert? Der Deutsche Tischtennis-Bund hat in seiner Arbeitsgruppe zur Mädchen- und Frauenförderung Standards für Verbände und Vereine entwickelt. Darin heißt es unter anderem, dass ein Verein „grundsätzlich geschlechtergerechte Zugangsvoraussetzungen schafft“, „die Möglichkeit des weiblichen Spielbetriebs forciert“ oder eine „Trainerin hat“.
In der Präambel der Standards für Verbände heißt es: "Ziel der Mädchen- und Frauenförderung des DTTB und seiner Landesverbände ist die gleichberechtigte und selbstverständliche Teilhabe von Mädchen und Frauen im Tischtennis..." Unter anderem soll bei der Planung von Maßnahmen, Lehrgängen und Veranstaltungen für beide Geschlechter darauf geachtet werden, dass der Anteil der weiblichen Teilnehmenden bei mindestens 30 Prozent liegt.
Standards zur Mädchen- und Frauenförderung im Tischtennis für Vereine und Verbände
Standards für die Mädchen- und Frauenförderung in Vereinen (pdf-Datei)
Standards für die Mädchen- und Frauenförderung in Verbänden (pdf-Datei)