Es ging auch gleich am Düsseldorfer Flughafen mit einem kleinen Schreck los. Ein gutausgestatteter Schiedsrichter hat immer eine kleine Schere bei sich, um zum Beispiel einem Spieler dabei zu helfen, die Maße seiner Beläge an die des Schlägerblattes anzupassen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, solange die Schere im aufgegebenen Koffer verstaut ist. So hatte das Sicherheitspersonal jedoch ein Problem mit unserem Handgepäck. Da es den Vorfall mit Humor nahm, konnten wir auch unserem Abflug wieder gelassener entgegenblicken. Wir teilten uns das Flugzeug mit Spielern und Betreuern anderer Nationen, so dass erste Vorfreude aufkam. Unsere deutschen Nachwuchshoffnungen waren bereits einen Tag früher nach Portugal aufgebrochen. Wir wären auch gerne mit ihnen geflogen. In Porto angekommen durften wir erste Eindrücke portugiesischer Besonderheiten sammeln. Das berühmte „Licht von Lissabon“ war durchaus auch direkt bei unserer Ankunft im Norden des Landes zu spüren, ebenso die leichte Brise vom Atlantik. Die anschließende einstündige Busfahrt nach Guimarães bot weitere Gelegenheiten, das Land des Fados zu entdecken. So ein Auslandseinsatz kann durchaus auch als Bildungsreise angesehen werden, sofern der Einsatzplan es hergibt. So fand die Jugend-Europameisterschaft an einem geschichtsträchtigen Ort statt. In Guimarães war Alfons I. (Afonso Henriques), der erste König Portugals, geboren, weswegen Guimarães die erste Hauptstadt des Landes war und als „Wiege der Nation“ gilt. Die Stadt hat aber noch mehr zu bieten. So gehört die Altstadt zum Weltkulturerbe. Völlig zurecht wie wir finden. Zum Glück sind wir ein paar Stunden früher angereist als so manch anderer Schiedsrichterkollege, so dass wir das Flair der Stadt bei einer Tasse des außergewöhnlich leckeren portugiesischen Kaffees und den berühmten Pastéis de Nata (Vanilletörtchen) einatmen durften. Beim Briefing zur späten Stunde trafen wir dann auch erstmals die beiden anderen deutschen Schiedsrichterkollegen Gudrun Wenzel und Thomas Schwark. Auch wir mussten am ersten Tag uns erst zurechtfinden und die Besonderheiten dieses Turniers kennenlernen. Apropos Kennenlernen: So ein Turnier bietet viele Gelegenheiten, Kontakte zu knüpfen. Allen voran mit den anderen Schiedsrichterkollegen. Dazu soll auch stets ein gemeinsamer Abend beitragen, an dem mit portugiesischen Köstlichkeiten gebührend gefeiert wurde. Gewöhnungsbedürftig war lediglich die spanische Folklore, die ein Portugiese besang. So war es jedoch ein amüsanter Abend.
Zu unserer eigenen Überraschung wurden wir sehr häufig auf unsere blaue Krawatte bzw. Halstuch angesprochen. Das hat uns zu der Antwort verleitet „We wear a blue tie, but we are not Blue Badges.“ Damit war auch schnell das Eis gebrochen, um ins Gespräch zu kommen. In anderen Ländern tragen nationale Schiedsrichter bereits die rote Krawatte. Ihnen fehlt nur noch der ITTF Sticker. So fielen wir aber schnell auf und wurden freundlich aufgenommen in die Schiedsrichterfamilie. Nicht minder überrascht waren wir, zu welcher späten Stunde die letzten Spiele an einem Tag ausgetragen wurden. Schließlich nahmen wir an einer Jugendveranstaltung teil. So fielen aber Spieler und Schiedsrichter todmüde ins Bett.
Besonderes Highlight war natürlich, dass wir den Gewinn des Europameistertitels unserer deutschen männlichen Jugend miterleben durften, wenngleich wir Schiedsrichter dann zum Zuschauen verdammt sind. Herzlichen Glückwunsch an die Spieler und Betreuer!
Jedem ausländischen Schiedsrichter steht ein freier Tag zu, um sich zu erholen und Land und Leute zu erkunden. Da wir Guimarães bereits kannten, folgten wir dem Tipp einer portugiesischen Schiedsrichterin und fuhren zusammen mit Harry Jutle (Schiedsrichter aus Großbritannien) nach Braga. Dieser Ort sollte uns als Ort der imposanten Kirchen in guter Erinnerung bleiben. Allen voran Bom Jesus do Monte ist bekannt als zweiter Wallfahrtsort in Portugal nach Fátima. Unseren freien Tag ließen wir dann bei einer Runde Billard ausklingen.
Ursprünglich waren wir von einem weiteren freien Tag, dem Finaltag, ausgegangen, weil wir als Nationale Schiedsrichter eher zu den Frischlingen gehörten. Umso erfreuter waren wir, dass wir auch noch am letzten Tag der Europameisterschaft zum Einsatz kamen. Der Einsatzleiter begründete seine Entscheidung damit, dass wir in den Tagen zuvor bestätigt haben, dass deutsche Schiedsrichter sehr gut ausgebildet sind. Dieses Lob geben wir gerne weiter. So endete unser Trip nach elf langen und anstrengenden Tagen mit einer weiteren Überraschung. In Deutschland zurück hieß es erst einmal, den fehlenden Schlaf nachzuholen.
Unser Fazit: Wir freuen uns auf die nächsten Einsätze im In- und Ausland.