Bremen. Sprachgewirr empfängt uns am Donnerstagnachmittag in Halle 4.1 der ÖVB-Arena Bremen. Soeben sind wieder 20 junge Leute eingetroffen, die aus Afghanistan, der Republik Guinea und verschiedenen nordafrikanischen Ländern vor etwa acht Wochen nach Deutschland gekommen sind. Julia Cordes von der Bremer Jugendhilfe betreut sie, und sie hat sofort das Angebot des DTTB und des Fachverbands Tischtennis Bremen (FTTB) angenommen, einige Stunden mit ihren Schützlingen beim Spiel mit dem kleinen weißen Ball zu verbringen.
„Integration durch Sport“ – das ist die gute Losung, unter der der DTTB während der jetzt laufenden „Internationalen Wochen gegen den Rassismus“ seinen Beitrag zu Weltoffenheit, Toleranz und Hilfsbereitschaft leisten möchte. Und dafür ist Bremen mit den GAC Group ITTF World Tour German Open durchaus ein gutes Pflaster.
Ransi Karnoub: Hilfe aus Pflichtgefühl und als Herzensangelegenheit
Unter denen, die sich sofort um die Neuankömmlinge kümmern, ist Rami Karnoub, Aktiver beim Bundesligisten SV Werder Bremen und vor Jahren selbst Flüchtling aus seiner syrischen Heimat. Er kennt die Probleme der „Neuen“ also von A bis Z, und es ist ihm ein Herzensbedürfnis, so gut und schnell wie möglich zu helfen. Da er schon vor einiger Zeit seinen Trainerschein gemacht hat, wird er nun die am Tischtennis interessierte Gruppe übernehmen und möglichst schnell ihre Leistungen verbessern. Als Ziel und Belohnung hat er jetzt schon eine Trainingseinheit mit Bundesligaspielern ausgelobt. Und noch etwas ist ihm wichtig: „Das Leben besteht ja nicht nur aus Tischtennis. Da ich Arabisch spreche, helfe ich einer kleinen Gruppe von Flüchtlingen, mit den Anfangsschwierigkeiten fertigzuwerden - egal ob bei Behörden oder beim Arzt - und in der deutschen Sprache vorwärts zu kommen. Das sagen mir mein Pflichtgefühl und mein Herz.“
Langjährige Erfahrung im Umgang mit Flüchtlingen und Zuwanderern hat auch Birgit Meinke vom Bremer Tischtennisverein TURA, wo sie als Abteilungsleiterin und Trainerin tätig ist. „Unser Verein ist im Stadtteil Gröpelingen im Bremer Westen angesiedelt, dort gibt es schon seit Generationen einen sehr hohen Migrationsanteil, und deshalb ist für uns die Integration von Flüchtlingen nichts Neues. Wenn ich mal von unserer Tischtennis-Abteilung ausgehe, hat die Hälfte aller Jugendlichen seit zwei, drei Generationen einen Migrationshintergrund. Aber das sehe ich nicht als Problem. Es ist in unserem Sport eher eine Superchance für Flüchtlinge und Zuwanderer, in dieser Gemeinschaft unbelastet in den Alltag zu kommen. Viel einfacher als in der Schule, wo der Druck höher ist. Außerdem gibt es im Sport den körperlichen Erfolg, und das baut ja auch auf. So wie ich denken bei uns im Verein übrigens sehr viele: Sie kennen keine Vorurteile, gehen auf Neuankömmlinge aus dem Ausland zu und versuchen, so gut wie möglich zu helfen. Das ist eine Willkommenskultur, die wir hier in Bremen-Gröpelingen für völlig normal halten.“
Kontakte zu Vereinen geknüpft: Nächster Trainingsbesuch steht
Die Leiterin des Referats Breitensports zieht eine positive Bilanz dieser Premiere des „Tags der Flüchtlinge“ für den DTTB. „Alle hatten viel Spaß beim Spielen. Sie haben das Tischtennis-Sportabzeichen abgelegt, sind gegen den Roboter angetreten und haben alle zusammen eine Riesenrundlauf gespielt. Einige haben direkt Kontakt zu Vereinen geknüpft, wo sie demnächst zum Training gehen wollen“, sagt Marita Bugenhagen. „Ich bin zufrieden, weil sie zufrieden waren. Die Stimmung war super.“ Einziger Wermutstropfen: Es hätten gerne ein paar Teilnehmer mehr sein können als die 40, die es am Ende waren. „Wir sind leider nicht zu allen durchgedrungen, weil es in Bremen viele verschiedene Stellen gibt, die sich um Flüchtlinge kümmern. Das hat die Kommunikation im Vorfeld ein bisschen erschwert. Aber auch das sind wichtige Erfahrungswerte für uns.“
Und während in der Halle 4.1 weiter die Bälle klacken, gibt es noch die Möglichkeit zu einem kurzen Gespräch mit FTTB-Präsident Tobias Genz. „Dieser Tag ist in vielerlei Hinsicht für uns wichtig. Damit wollen wir ein Zeichen setzen in der jetzt laufenden Woche gegen den Rassismus. In Bremen gibt es viele Flüchtlinge, die wir integrieren wollen. Zweifellos kann man sagen, dass inzwischen Flüchtlinge zum gesellschaftlichen Leben in Bremen dazugehören und keine Minderheit mehr sind. Sie möchten auch gerne Sport treiben, wie sie das in ihrer Heimat getan haben, und wir als Verband versuchen, das zu ermöglichen.“ Und er ergänzt: „In meinen Begrüßungsworten für die German Open habe ich gesagt, dass Tischtennis in Bremen auf allen Ebenen aktiv und passiv gelebt wird. Dieser Tag heute gehört ganz bestimmt in dieses Bild.“