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Starker erster Auftritt in Rio von Bastian Steger (Foto: ITTF)

Herren tanken gegen Taiwan Selbstvertrauen / Neuauflage des EM-Finals gegen Österreich

FL 13.08.2016

Rio de Janeiro. Deutschlands Herren stehen im Viertelfinale: Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll und Bastian Steger setzten sich mit einer geschlossen-guten Leistung gegen den WM-Dritten von 2014, Taiwan, durch. Im Viertelfinale am Sonntag (20 Uhr) kommt es gegen Österreich zur Neuauflage des EM-Finales von 2015, das Deutschland in Ekaterinburg ohne Timo Boll verlor. Alle drei deutschen Spieler markierten gegen Taiwan je einen Einzelpunkt, im Doppel vergaben Boll/Steger drei Matchbälle, doch Steger machte in starker Manier gegen Topspieler Chuang alles klar.


Auf Bastian Steger war Verlass: Nach dem etwas unglücklich verlorenen Doppel von Boll/Steger, machte der 35-jährige Spitzenspieler von Werder Bremen gegen Taiwans etatmäßige Nummer eins und Ex-Bremer Chuang Chih-Yuan den 3:1-Achtelfinalerfolg Deutschlands perfekt. Den Grundstein hatte Boll mit einem 3:2 gegen Chen Chien-An gelegt, den Doppel-Weltmeister von 2013. Der Düsseldorfer vergab im zweiten Durchgang einen Satzball, unterlag 10:12 und auch in Satz drei in der Verlängerung. Doch Boll ließ sich nicht beirren und gewann Durchgang vier und fünf deutlich. In der Wiederauflage des Bronze-Matches von London 2012 setzte sich Dimitrij Ovtcharov in vier Sätzen gegen den Weltranglisten-Siebten und Doppel-Weltmeister von 2013 mit Chen, Chuang Chih-Yuan, durch. Ovtcharov, der 2012 in London das Spiel um Bronze gegen Chuang gewonnen hatte, tankte wie Boll nach dem verlorenen Einzel-Aus Selbstbewusstsein. Ein 3:0 aus deutscher Sicht war möglich, doch Boll/Steger brachten sich um den verdienten Lohn. Im dritten Satz vergab das Duo bei 10:8 zwei Matchbälle, im vierten bei 10:9 eine weitere Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen. Im fünften Durchgang zogen die Taiwanesen dann früh weg. Mit einer beeindruckenden Leistung in seinem ersten Einzel in Rio sorgte dann Bastian Steger für den Schlusspunkt.

„Wir haben eine Hammer-Auslosung gekriegt. Gegen Taiwan kannst du auch im Halbfinale spielen oder im Match um Bronze. Die nehmen sich nicht viel zu allen anderen Gegnern, haben ein starkes Doppel und zwei hervorragende Einzelspieler. Das war heute eine wirklich schwere Aufgabe, und ich bin stolz aufs Team, dass wir das so geschafft haben“, kommentierte Dimitrij Ovtcharov die Achtelfinal-Partie. Der Weltranglistenfünfte war froh, nicht das entscheidende fünfte Spiel machen zu müssen. „Bei 2:2 spaziert keiner in die Box und nimmt es alles easy. Aber nach meinem Sieg gegen Chuang hatte ich schon Selbstvertrauen und hätte auch an einen Sieg geglaubt. Aber umso besser, dass Basti 3:0 gegen Chuang gewonnen hat, das war eine klasse Leistung.“


Ovtcharov: „Teamkollegen und Trainer haben an mich geglaubt“


Auf die Frage, ob er den Einzel-Wettbewerb und die Viertelfinal-Niederlage gegen Vladimir Samsonov abgehakt habe, sagt die deutsche Nummer eins: „So ein Einzel kann man nicht in drei Tagen verarbeiten, auch wenn das heute sehr geholfen hat, für mich persönlich, aber auch für das Team. Jedem einzelnen gibt dieser Sieg Selbstvertrauen für das Turnier, und das haben wir gebraucht. Die ersten zwei Tage nach meiner Niederlage waren extrem hart. Ich habe wenig geschlafen, war sehr, sehr down, habe muskuläre Probleme gehabt. Mein Kopf war leer, es war einfach schwierig. Meine Teamkollegen und die Trainer haben mich sehr unterstützt, sie haben an mich geglaubt, an meine Stärke geglaubt. Das hat mir heute sehr geholfen und da muss ich ihnen sehr danken.“


„Ich fahre hier nicht ohne Medaille heim“


Besorgte die wichtige 1:0-Führung: Timo Boll (Foto: ITTF)Timo Boll sagte ob der vergebenen Chancen im Einzel-Wettbewerb: „Dima hat sofort nach dem Einzel gesagt, ich will hier nicht ohne eine Medaille heimfahren. Das war schon ein gutes Zeichen. Er war schon sehr aufs Einzel fokussiert, aber solch eine Aussage gibt einem dann auch ein gutes Gefühl, so konnten wir wieder umschalten und haben durch die Bank weg ein gutes Spiel gemacht. Ich bin mit meinem Einzel auch sehr zufrieden.“


Boll und Steger haderten nur etwas ob des verlorenen Doppels: „Wir haben gut gespielt, auch bei 10:9 den Matchball gut gespielt. Wir hatten auch ein bisschen Pech. Insgesamt war das sehr solide, mit etwas Glück hätten wir es 3:0 gewonnen. Wir haben dann vielleicht einen Tick nachgelassen“, resümierte Boll.


„Das ist ein Ausrufezeichen, das wir heute gesetzt haben“, betonte Bundestrainer Jörg Roßkopf. „Das war ein sehr schweres Spiel, Timos Sieg am Anfang hat uns Selbstvertrauen gegeben. Dima hat dann ein richtig gutes Spiel gemacht gegen Chuang, was ihm persönlich Auftrieb gibt. Das Doppel ging trotz einer guten Leistung unglücklich weg, Basti hat das trotz der Doppel-Niederlage im Anschluss gegen Chuang stark gemacht. Wir waren sehr fokussiert“, so Roßkopf.


Stegers erster Auftritt in Rio von Erfolg gekrönt


Der dritte Mann im Team hatte gleich im ersten Spiel große Aufgaben vor sich. Im Doppel spielte der Deutsche Einzelmeister von 2012 und 2011 schon gutes Tischtennis, gegen Taiwans Topspieler Chuang, der in Rio kein einziges Spiel gewann, legte er noch eine Schippe drauf. „Ich bin super zufrieden vor allem, dass wir mit der Mannschaft gewonnen haben. Darüber freue ich mich mehr, als über meinen Sieg. Mich ärgert ein bisschen das Doppel, dass wir da den Sack nicht zugemacht haben. Aber wer weiß, wofür es am Ende gut ist, dass ich da noch mal ran musste“, sagte Steger, der sich erst einmal an die lautstarke und sehr stimmungsvolle Atmosphäre im Riocentro 3 gewöhnen musste. „Das war schon ein bisschen komisch, zwischendurch hat Chuang auch aufgehört zu spielen. Das hat man nicht oft im Tischtennis, dass die Laola-Welle durch die Halle schwappt. Ich finde es eigentlich schön, auf jeden Fall besser als eine WM in Kuala Lumpur, wo kaum ein Zuschauer da ist. Es ist viel schöner, wenn eine tolle Atmosphäre in der Halle ist, dann macht es schon Spaß zu spielen. Die deutschen Fans sind auch zahlreich da, die Unterstützung war sehr gut“, sagte der Olympia-Dritte mit Deutschland von London 2012.


Nervosität habe er vor seinem ersten Auftritt in Rio schon gespürt. „Natürlich ist man nervös, wenn du das erste Mal in die Haupthalle kommst mit einer riesen Atmosphäre, da war richtig was los, da muss man sich erst mal dran gewöhnen und den eigenen Spielrhythmus finden. Aber es hat ganz gut geklappt. Ich bin relativ ruhig geblieben, habe gemerkt, dass der Gegner nervös wird, und dachte mir: ‚wenn ich konsequent mein Ding weiterspiele, dann wirst du das gewinnen.“ Die Unterstützung eines eigenen kleinen Fanclubs auf der Tribüne ist ihm weiterhin sicher. „Meine Eltern sind dabei, meine Freundin, mein früherer Manager aus Regensburg, der mich jahrelang begleitet hat. Es ist eine kleine Truppe, die mich stets anfeuert. Das ist eine tolle Sache.“


Im Viertelfinale gegen Nachbar Österreich / Wiederauflage des EM-Finales von 2015


Im Viertelfinale kommt es zur Neuauflage des EM-Finals von 2015, das die DTTB-Herren im Herbst in Ekaterinburg ohne Timo Boll verloren. Deutschland und Österreich haben sich in einem gemeinsamen Lehrgang in Düsseldorf auf Rio vorbereitet , kurz vor der Abreise nach Rio gab es noch ein Olympia-Testländerspiel (3:0 für Deutschland in Fulda), der für die Nationalspieler aber unisono so gut wie keine Bedeutung beizumessen ist. „Das Spiel in Fulda kann man nicht zählen, sie haben dort ohne Gardos und damit ohne Doppel gespielt“, sagt Bundestrainer Jörg Roßkpf. Timo Boll ergänzt: „Auf diesen Sieg in Fulda bilden wir uns nichts ein.“


„Gegen Österreich haben wir das EM-Finale 2015 verloren. Da wollen wir Revanche nehmen und zumindest hier wieder zum besten Team Europas werden“, betont Dimitrij Ovtcharov.


„Gegen den amtierenden Europameister sind wir natürlich krasser Außenseiter“, witzelte Timo Boll in der Mixed Zone. „Spaß beiseite. Das ist ein völlig offenes Match. Wir haben uns zusammen auf Rio vorbereitet, kennen ihre Stärken und hoffentlich auch ihre Schwächen. Wenn wir gut spielen, sind wir Favorit. Wir haben heute Selbstvertrauen getankt, wenn wir an die Leistung anknüpfen morgen, bin ich optimistisch.“

Deutschland - Taiwan 3:1

Timo Boll - Chen Chien-An 3:2 (8,-10,-11,5,6)

Dimitrij Ovtcharov - Chuang Chih-Yuan 3:1 (9,-7,7,7)

Timo Boll/Bastian Steger - Chen Chien-An/Chiang Hung-Chieh 2:3 (9,9,-12,-10,-7)

Bastian Steger - Chuang Chih-Yuan 3:0 (8,9,7)

 

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