Rio den Janeiro. Man kann nur erahnen, was es für einen Spitzensportler bedeutet, sich über Monate und Jahre akribisch auf ein großes Ziel vorzubereiten - und es dann zu verpassen. Dimitrij Ovtcharov gibt nach dem Einzel-Viertelfinal-Aus Einblicke in sein Seelenleben. "Ich habe probiert, das so schnell wie möglich abzuhaken, um einfach so positiv wie möglich in das Mannschafts-Turnier zu gehen. Der volle Fokus gilt jetzt dem Team. Wir wollen eine Medaille holen", sagt "Dima". Am Samstag (20 Uhr) bestreitet Deutschland das schwere Achtelfinale gegen Taiwan.
Wie verliefen die beide Tage nach dem bitteren Viertelfinal-Aus?
Dima Ovtcharov: „Die ersten zwei Tage waren natürlich sehr hart. Mein großer Traum war hier, ins Einzel-Finale zu kommen – vor allem, nachdem ich die Auslosung gesehen habe, war das möglich. Oder zumindest eine Medaille zu holen. Ich habe mich sehr lange und sehr gewissenhaft auf Rio vorbereitet. Es ist umso mehr schade, dass einige Sachen nicht so liefen, wie ich mir das vorgestellt habe: Dass ich nicht mein volles Potenzial abgerufen habe, dass ich etwas Pech hatte, alles etwas unglücklich lief und dass ich am Ende meine Chancen nicht konsequent genug genutzt habe.“
Wie hast du dich ablenken können?
Ovtcharov: „Am Tag danach habe ich andere Sportarten geguckt, war mit Timo beim Basketball, dann waren wir ein Tag später noch beim Golf. Gestern Abend habe ich dann probiert, die ersten Schläge zu machen. Es lief noch sehr holprig, aber ich glaube, es war wichtig, mich zu bewegen. Heute habe ich auch das erste Mal wieder besser geschlafen, die Nächte vorher waren sehr unruhig.
Wie findest du jetzt den Wettkampf-Rhythmus wieder?
Ovtcharov: „Heute Morgen habe ich schon ein Balleimer-Training mit Xiaoyong (Assistenztrainer Zhu Xiaoyong) absolviert, später trainiere ich noch ein weiteres Mal mit der Mannschaft. Ich bin froh, dass wir erst am Samstag einsteigen und ich gehe fest davon aus, dass ich wieder eine Top-Leistung bringen kann. Der volle Fokus gilt jetzt dem Team. Wir wollen eine Team-Medaille holen.“
Hast du dir die Medaillen-Entscheidungen im Tischtennis noch angeschaut?
Ovtcharov: „Ich habe mir die Halbfinals, das Match um Bronze und das Finale angeschaut, das lasse ich mir nicht entgehen, auch wenn ein bisschen Wehmut mit dabei war, dass ich dieses Mal nicht mit von der Partie war.“
Hast du die Partie gegen Samsonov noch analysiert oder versucht, direkt abzuhaken?
Ovtcharov: „Ich wollte das Spiel nicht groß analysieren. Ich wusste direkt nach dem Spiel, was falsch gemacht wurde und wollte nicht zu sehr in die negativen Emotionen reingehen. Das würde mich zu lange nach unten drücken. Das hätte man machen können, wenn das Turnier beendet wäre. Aber da die Mannschaft direkt folgt, habe ich probiert, das so schnell wie möglich abzuhaken, um einfach so positiv wie möglich in das Mannschafts-Turnier zu gehen.“
Wie schätzt du den Achtelfinalgegner Taiwan ein?
Ovtcharov: „Taiwan ist die mit Abstand schwerste Mannschaft, die wir kriegen konnten. Mit Chuang Chih-Yuan haben sie einen Top-Spieler, mit Chen Chien-An einen der länger verletzt war, jetzt aber schon wieder unter den Top 30 zurück ist, letztens Zhang Jike geschlagen hat. Dazu ein saustarkes Doppel, ich glaube das sagt schon alles. Ich denke, wir haben in jeder Runde der Auslosung die maximal stärksten Gegner gezogen. Aber keine dieser Mannschaften ist besser als wir, und wir werden alles geben, ins Finale zu kommen, auch wenn es eine sehr, sehr schwere Aufgabe ist.“