Bremen. Seit heute ist es offiziell: Die German Open 2019, sie werden vom 8. bis zum 13. Oktober erneut in Bremen ausgetragen. Auch bei der 54. Auflage werden dann wieder rund 60 Unparteiische am Start sein, so wie bei dem am 25. März zu Ende gegangenen Platinum Event in der ÖVB Arena. Unter ihnen in Bremen 2018 Oberschiedsrichter Jörg Baumgart.
In Bremen "alles im grünen Bereich"
Denn ohne sie geht nichts, Matches ohne die gestrengen Regelhüter wären auch in der überaus fairen Sportart Tischtennis undenkbar. Und auch wenngleich sie sich normalerweise dezent im Hintergrund halten, den einen oder anderen „Meinungsaustausch“ zwischen Aktiven und Schiedsrichtern gab es auch in Bremen 2018, mitunter sogar heftige und längere. Und nicht zuletzt solche, bei denen der Ruf nach dem Oberschiedsrichter laut wurde. „Aber das war alles noch im ‚grünen Bereich’, eigentlich verlief das Turnier ohne besondere Vorkommnisse“, resümiert der in Bremen verantwortliche Referee Jörg Baumgart.
Ärger gibt's meistens um Aufschläge
Dabei kann der 52-Jährige, beruflich im Personalmanagement tätig, die kleinen und großen Aufreger zutreffend einordnen. Einiges an Erfahrung hat er schließlich, unter anderem war er bei den German Open vor zwei Jahren in Berlin mit der gleichen Verantwortung betraut. Aus seiner langjährigen Erfahrung heraus weiß er auch: „Den meisten Ärger gibt es naturgemäß um die Aufschläge.“ Was in gewisser Weise verständlich sei, „denn die Spieler versuchen halt an die Grenzen zu gehen.“ Gleichzeitig allerdings seien insbesondere die internationalen Blue Badge-Schiedsrichter, die Top-Leute der Umpire-Zunft also, „bemüht, das Regelwerk ganz konsequent anzuwenden“.
99 Prozent der Entscheidungen korrekt
Und gerade in der Bewertung von Aufschlägen seien sie sehr erfahren, hat Baumgart festgestellt. Mehr noch: „Mich beeindruckt immer wieder, wie zielsicher sie einzelne Situationen beurteilen.“ Auf 99 Prozent gar schätzt er die korrekte Trefferquote bei ihren Entscheidungen. Bei dieser Gelegenheit verrät der Wahl-Hesse, der im badischen Pforzheim aufgewachsen ist, auch die Methode seiner Urteilsfindung: „Ich laufe gerne um die Box rum, denn von außen sieht man die kniffligen Dinge meist besser als in Tischnähe.“
Ob bei Großveranstaltungen in der Box oder als kritischer Beobachter außerhalb – der Weg dahin vom Kreisschiedsrichter 1983 war auch für Jörg Baumgart lang und weit, im Grunde der gängige. „Zunächst angestrebt habe ich dies nicht“, erinnert er sich, „das hat sich einfach so ergeben“. Nicht einmal der beruflich bedingte Orts- und damit auch Verbandswechsel habe ihn „bremsen“ können, lacht der Oberschiedsrichter und lässt durchblicken, dass dabei schon mal hoffnungsfrohe Aspiranten durch die Maschen fallen, vorübergehend zumindest.
Prominente Kollegen in Baden-Württemberg
Allerdings absolvierte er die Baden-Württemberg-Ebene noch in prominenter Gesellschaft, in einem Jahrgang nämlich mit dem jetzigen ITTF-Blue-Badge-Evaluator Hans-Peter Wörner und dem heutigen DTTB-Präsidenten Michael Geiger - beide bekanntlich sehr respektierte Größen bei den Unparteiischen. Ohne eigenes Zutun aber, sprich besondere Leistungen, geht auch in der Schiri-Gilde nichts: Beim nationalen Oberschiedsrichter-Kurs habe er gemeinsam mit dem Rheinhessen Martin Förtig die höchste Punktzahl erreicht, bemerkt Baumgart nicht ohne Stolz. Immerhin seien fünf von 24 Teilnehmern durchgefallen.
Zug um Zug nahm er jedenfalls auch die nächsten Karrierestufen, wurde 2006 International Umpire und 2012 International Referee. Da oblag ihm bei der WM in Dortmund übrigens die Einsatzplanung für 150 Schiris aus zahlreichen Ländern. Aus unterschiedlichsten Gründen wohl eine durchaus diffizile Aufgabe, zumal oft nicht nur mit der Frage verbunden: Wer kann mit wem? Sondern häufig auch: Wer mit wem nicht?
Auch die Medien haben Einfluss auf den Spielfluss
Wie überhaupt Baumgart zufolge einen guten Referee Qualitäten auszeichnen, die weit über die Anwendung des Regelwerks hinausgehen. Kein Thema sei demnach, dass ein Blue-Badge-Schiedsrichter das gesamte Prozedere kennen und die Spieler „im Griff haben“ müsse. Beim Referee indes landeten meist Dinge, die durch Regelwerk samt Auslegungen nicht abgedeckt seien. Wobei sich Außenstehende nicht vorstellen könnten, mit welchen Fällen sie mitunter konfrontiert würden. Manches auch dem wachsenden Einfluss der Medien geschuldet. „Der Umgang mit störenden Kameras oder Fernsehkabeln zum Beispiel steht in keinem Regelbuch.“
Bei der EM in Alicante als Referee im Einsatz
Da gelte es eben zügig, aber ohne Hektik zu entscheiden, weiß Jörg Baumgart, vorher jedoch sorgfältig die oft unterschiedlichen Aspekte und Interessen abzuwägen. Ganz wichtig aus seiner Sicht: „Man muss ausgleichend wirken.“ Nicht immer ein leichtes Unterfangen, wie bei der EM 2016 etwa. Da erinnert sich Baumgart an besonders massiven Ärger um Aufschläge. Ein Betreuer sei sogar von der Tribüne gestürmt, „wollte unserem Schiedsrichter ans Leder“. Handgreiflichkeiten jedenfalls seien nur knapp verhindert worden. „Erschreckend“, findet der Referee, „denn ansonsten ist Tischtennis ja ein friedlicher Sport“. Was sich bei der EM im September im spanischen Alicante aus seiner Sicht gerne bewahrheiten sollte. Auch die nämlich darf er wieder als Oberschiedsrichter übernehmen. Jörg Baumgart: „Das ist schon eine besondere Ehre.“