Rio/Düsseldorf. Nach den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ist die Heim-WM in Düsseldorf vom 29. Mai bis 5. Juni der Meilenstein für Deutschlands Nationalteams. Im Einzel, Doppel und Mixed wollen die DTTB-Herren und -Damen um die vorderen Plätze mitspielen. Bundestrainer Jörg Roßkopf erklärt im Interview, wer sich Hoffnungen auf die Herren-Startplätze machen darf und wer die Kandidaten für das DTTB-interne Rennen um die sechs Düsseldorf-Tickets im Einzel sind.
Nach Olympia ist vor der Heim-WM. Wann beginnt das interne Rennen um die Startplätze für die Einzel-Weltmeisterschaften in Düsseldorf?
Jörg Roßkopf: Das Rennen um die letzten Plätze für die Heim-WM hat mit den Czech Open in Olmütz gerade begonnen.
Nach welchen Kriterien wirst du die Tickets in Einzel, Doppel und Mixed vergeben – durch ein Ausscheidungsturnier à la China?
Roßkopf: Die Einzelstartplätze werden in unserem internen Rennen vergeben. Über die Doppel und Mixed entscheiden dann wir Trainer.
Es werden bei den Herren vier Einzel-Starter in Düsseldorf sein, die ich schon durchgewunken habe: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger und Patrick Franziska. Das haben sie sich mit der Medaille bei Olympia verdient. Das war auch mit den Spielern im Vorfeld so abgesprochen. Um den fünften Platz wird es ein internes Rennen zwischen sechs Spielern geben: Ruwen Filus, Steffen Mengel, Ricardo Walther, Benedikt Duda, Patrick Baum und Dang Qiu. Viele von ihnen haben in der Vergangenheit schon hervorragende Ergebnisse gezeigt, wir müssen sie aber mit Neuem konfrontieren. Der Druck auf sie muss wachsen, und sie müssen lernen, damit umzugehen. In der Vergangenheit hat sich das eine oder andere Mal gezeigt, dass der Druck für die Spieler in den entscheidenden Situationen zu groß geworden ist. Bei Olympia ist der Druck noch viel größer, dem sie dann standhalten müssen. Über die WM muss ich die Spieler auf die Drucksituation bei Olympia vorbereiten.
Doch zum internen Rennen: Alle sechs können Punkte sammeln im Training wie im Wettkampf. Auch im Training werden wir Spiele absolvieren, bei denen Punkte vergeben werden. Daneben werden sie bei den diversen Turnieren die Möglichkeit haben, weitere Punkte zu sammeln. Der Punktbeste wird dann seinen Platz bei der WM 2017 in Deutschland haben. Er wird ihn sich damit verdienen, dass er über neun Monate der beste Spieler gewesen ist. Das soll der Anreiz sein für junge Spieler und für Spieler, die schon öfter bei Weltmeisterschaften dabei gewesen sind. Der sechste Platz wird von mir persönlich vergeben.
Das gemischte Doppel ist die bei den Herren etwas ungeliebte Konkurrenz. Wird sich daran in Düsseldorf etwas ändern – auch nach dem überraschenden Viertelfinaleinzug des damals kaum eingespielten Duos Steffen Mengel/Petrissa Solja in Suzhou 2015?
Roßkopf: Wir werden natürlich auch diese 'ungeliebte' Konkurrenz im Auge behalten, nicht zuletzt deshalb, weil es sein kann, dass das gemischte Doppel bei Olympia 2020 zusätzlich ins Programm kommt. Das ist eine Entscheidung, die noch gefällt wird.
Wir werden versuchen, die bestmögliche Mannschaft aufzustellen und im Einzel, Doppel und Mixed Topspieler an den Start zu bringen. Wir werden im Vorfeld mit Sicherheit das eine oder andere Mixed spielen, müssen aber erst einmal warten, wer die Nominierten im Einzel bei Damen und Herren sein werden. Und aus diesen Einzelspielern werden dann die Mixed-Doppel gebildet.
Düsseldorf ist deine langjährige Wirkungsstätte. Du hast lange und erfolgreich für die Borussia gespielt und mit deiner Familie dort gelebt. Wird die WM für dich ein Ort des besonderen Wiedersehens mit deiner früheren Wahlheimat?
Roßkopf: Ich liebe Düsseldorf. Ich bin da sportlich groß geworden und gereift. Wir haben uns als Familie dort sehr, sehr wohl gefühlt, und die Borussia-Familie ist immer ein wichtiger Teil von mir. Meine Familie ist immer noch gerne zu Besuch in Düsseldorf, wir fahren des Öfteren dort hin. Ich habe sehr viele Freunde da und bin natürlich wegen des DTTZ sowieso regelmäßig dort.
Die WM 2012 in Dortmund war natürlich etwas Spezielles, weil wir dort 1989 Doppel-Weltmeister geworden waren, aber die WM 2017 wird für meine Familie und mich etwas ganz Besonderes sein. Wir haben von 1986 bis 2000 in Düsseldorf gelebt. In diesen 14 Jahren haben wir 26 Titel für die Borussia geholt und im Endeffekt viel dazu beigetragen, dass der Tischtennissport und der Verein in dieser Stadt groß geblieben sind und durch Timo als meinem Nachfolger weiterhin groß bleiben wird. Ich hoffe, dass die Borussia auch in der Zukunft den einen oder anderen deutschen Spieler in die Mannschaft bringt, damit wir den nächsten deutschen Spieler aus Düsseldorf im Kader haben werden.
Mitte September beginnt der Ticket-Vorverkauf für die WM in Düsseldorf. Was sagst du den Leuten: Warum dürfen sie die WM nicht verpassen?
Roßkopf: Wenn die Jungs und Mädels Ende September keine Karten für die WM in Düsseldorf haben, werden sie wohl leer ausgehen. Der Kartenvorverkauf wird mit Sicherheit sehr gut laufen, die Karten werden schnell vergriffen sein.
Eine WM im eigenen Land darf man nie verpassen! Es gibt regelmäßig herausragende Ergebnisse bei Europa- oder Weltmeisterschaften im eigenen Land: In Stuttgart hatten wir 2009 mit Wu Jiaduo eine Europameisterin bei den Damen, mich 1992 ebenfalls in Stuttgart im Einzel bei den Herren. Wir haben die WM 1989 als Doppel-Weltmeister beendet, haben bei den Mannschafts-WMs in Bremen 2006 und in Dortmund 2012 Bronze und Silber gewonnen. Es waren immer hervorragende Ergebnisse. Man darf einfach nie eine WM im eigenen Land verpassen, denn: Da kann einfach viel passieren.