Baku. Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig hat der deutschen Mannschaft bei den 1. Europaspielen in Baku (Aserbaidschan) ein gutes Zwischenzeugnis ausgestellt. „Wir haben uns vorgenommen, diese neuen Spiele erfolgreich und sinnvoll zu nutzen. Ich denke, das ist der Mannschaft bisher gelungen“, sagte der Vorstand Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und ehemalige DTTB-Sportdirektor bei einem Pressetermin im Athletendorf der European Games. „Wenn wir Gold mit Fahnenträger Fabian Hambüchen im Turnen gewinnen und fast zeitgleich die Nachwuchs-Wasserspringerinnen Louisa Stawczynski und Saskia Oettinghaus siegen, dann ist das ein sehr gutes Zeichen. Die Mischung des Teams stimmt.“ Die Mannschaft brauche Vorbilder und Aushängeschilder wie Hambüchen oder Dima Ovtcharov. „Wenn diese Athleten erfolgreich sind und der hohen Erwartungshaltung stand halten, dann gibt das einen Flow auch für die Jüngeren“, meinte Schimmelpfennig. Auch Deutschlands Damen-Trio war in Baku erfolgreich. Han Ying, Peti Solja und Shan Xiaona hatten zum Auftakt Gold mit der Mannschaft gewonnen.
Die DOSB-Mannschaft sei mit drei Zielen nach Baku gekommen. „Wir wollten die zu vergebenen Quotenplätze für die Olympischen Spiele in Rio holen. Das ist uns im Tischtennis und im Schießen zweimal gelungen. Außerdem wollten wir in verschiedenen Sportarten Punkte sammeln für die Olympia-Qualifikation. Auch hier liegen wir zur Halbzeit gut. Und drittens wollen wir die Spiele für den Leistungsaufbau nutzen und jungen Athletinnen und Athleten die Chance geben, Erfahrungen zu sammeln und Motivation zu tanken.
Schimmelpfennig sieht gute Perspektiven für die Europaspiele / Auch Ovtcharov spricht sich für die Games aus
Dass Russland und Aserbaidschan zur Halbzeit im Medaillenspiegel vorne stünden, überrasche ihn nicht, sagte Schimmelpfennig: „Für diese Nationen lag ein ganz anderer Fokus auf diesen Spielen. Bei uns sind sie im Trainingsaufbau bei keinem der beteiligten Verbände der absolute Jahreshöhepunkt, sondern dienen den beschriebenen übergeordneten Zielen.“
Für die Europaspiele als neues Format sieht Schimmelpfennig durchaus eine gute Perspektive: „Es deutet alles darauf hin, dass dies der Startschuss für die Zukunft der Europaspiele ist. Dafür müssen wir das Ganze aber noch aufwerten. Wir brauchen mehr Olympia-Qualis. Inwieweit die kontinentalen Verbände zukünftig bei den Europaspielen ihre Europameisterschaften veranstalten, so wie schon die Judoka oder die Ringer, bleibt abzuwarten. Hier herrscht ein anderer Spirit als bei EMs. Das ist ein Argument, das für die Europaspiele spricht“, erklärte Schimmelpfennig.
Auch Einzel-Goldmedaillengewinner Dimitrij Ovtcharov hatte sich trotz allgemeiner Terminschwierigkeiten für die Veranstaltung ausgesprochen. „Es ist natürlich schwierig, einen Termin für die European Games zu finden, der allen 20 Sportarten passt, in Zukunft vielleicht sogar noch mehr Sportarten", hatte er nach seinem Titel-Triumph gesagt. "Jedes Turnier muss erst einmal seinen Gang gehen und in eine gewisse Routine finden. Ich freue mich, dass auch Europa den Weg dieser Spiele eingeschlagen hat, die auf den anderen Kontinenten inzwischen schon eine lange Tradition und teilweise sogar eine höhere Wertigkeit als Weltmeisterschaften haben.“
Thema Menschenrechte: Sportler machen sich ihr eigenes Bild vom Land
Die Spiele in Baku entsprächen in vielen Bereich olympischen Standard, bemerkte der Chef de Mission: „Wettkampfstädten, Athletendorf, Transport, die gesamte Organisation. Man spürt, dass hier die Führungsmannschaft von London 2012 verantwortlich ist.“ Allerdings müsse man unter sportlichen Gesichtspunkten berücksichtigen, dass es sich zwar „wie Olympia anfühlt“, aber „nur Europa am Start ist, nicht die ganze Welt“, sagte Schimmelpfennig. Zudem seien eine Reihe nicht-olympischer Sportarten dabei.
Die im Vorfeld viel diskutierten Fragen von Menschenrechten und Pressefreiheit in Aserbaidschan seien weiter präsent, berichtete Schimmelpfennig. „Die Sportler fahren mit offenen Augen durchs Land und nehmen die Diskussion über diese Themen wahr. Sie sehen aber auch den Aufwand des Gastgebers und die Arbeit der Tausenden Volunteers und machen sich so ein eigenes Bild des Landes.“
Das deutsche Aufgebot in Baku
Herren-Mannschaft: Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll, Patrick Baum
Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov, <strike>Timo Boll</strike>
Damen-Mannschaft: Han Ying, Petrissa Solja, Shan Xiaona
Damen-Einzel: Han Ying, Petrissa Solja
Betreuer: Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf und Assistent Zhu Xiaoyong, Damen-Bundestrainerin Jie Schöpp, Teilmannschaftsleiter Rainer Kruschel, Dr. Rainer Eckhardt (Mannschaftsarzt, Ulm), Annette Zischka (Physiotherapeutin Olympiastützpunkt Hessen in Frankfurt am Main)
Für das ETTU-Präsidium nur bei den Team-Wettbewerben vor Ort: Heike Ahlert (DTTB-Vizepräsidentin Leistungssport)
Deutsches Schiedsrichter-Team in Baku: Michael Zwipp (Oberschiedsrichter, Langen), Gerhard Schnabel (Schläger-Tester, Karlsfeld), Gert Selig (Hannover), Klaus Seipold (Meerbusch)