Hilpoltstein. Es ist das Spitzenspiel schlechthin: Am Sonntag ab 14 Uhr trifft der Tabellenzweite TV Hilpoltstein in der 2. Bundesliga auf den Tabellenführer TTC Fortuna Passau. Fans aus der gesamten Region werden in der Hilpoltsteiner Stadthalle erwartet. Sogar der bisherige Rekordbesuch gegen Borussia Dortmund (450 Zuschauer) könnte wackeln.
Das Derby „Mittelfranken gegen Niederbayern“ elektrisiert seit elf Jahren die Fans. So lange schon tummeln sich die wackeren Burgstädter in der Bundesliga. Im vergangenen Jahr nach einer tiefgreifenden Bundesligareform von der 3. in die neue eingleisige 2. Bundesliga aufgestiegen, entwickelte sich der krasse Außenseiter zum Favoritenschreck – und sogar zum Herbstmeister. Der 6:4-Vorrundensieg der Hilpoltsteiner bei den Passauern leitete eine Serie ein, die selbst die Fachwelt verblüffte: „Ein Pilot, ein Physiker und ein Student heizen den Profis ein“, titelten die Nürnberger Nachrichten im vergangenen November.
Überflieger Dickhardt
Der Pilot, Dennis Dickhardt (29), entwickelte sich in Passau gar zum Überflieger. Mit seinen beiden Erfolgen gegen die ehemaligen tschechischen Nationalspieler Tomas Sadilek (zur Zeit 13:8 Siege) und Frantisek Krcil (9:8) zeigte Dickhardt (7:11), der sich inzwischen auch den Titel als Bayerischer Meister geholt hat, zum wiederholten Mal in entscheidenden Situationen seine Nervenstärke. Auch der promovierte Physiker Nico Christ (4:14) riss sein schon verloren geglaubtes Match gegen den französischen Neuzugang Can Akkuzu (13:10) aus dem Feuer, sodass dem Passauer Spitzenspieler dann auch gegen Studenten Alexander Flemming (7:12), seinem Pendant auf Hilpoltsteiner Seite, die Nerven flatterten. Da fiel es nicht mehr ins Gewicht, dass Hilpoltsteins erfolgreicher Neuzugang Petr David (16:3) gegen Landsmann Krcil seine einzige Niederlage in der Vorrunde erlitt.
Jetzt muss der Linkshänder im vorderen Paarkreuz ran, und da weht ein rauer Wind – es ist die Luft der erweiterten Weltklasse. Gegen den Kroaten Frane Kojic (13:13) zum Beispiel, der sich jüngst bei den German Open bis ins Hauptfeld durchkämpfte und erst dort gegen Timo Boll verlor, wird es für David ebenso schwer wie für Alexander Flemming, der am Montag seine letzten Prüfungen an der Universität in Leipzig ablegt und der erst nach seiner Bronzemedaille bei der Clickball-WM in London Ende Januar wieder ins „richtige“ Tischtennistraining eingestiegen ist. Man darf gespannt sein, wie er die Material-Umstellung verkraftet. Beim Clickball wird mit einem Sandpapierschläger gespielt.
Beringer: "Verrückteste Tischtennis-Liga Deutschlands"
Vorentscheidend könnten wieder einmal die Doppel sein. In der Vorrunde holten die Hilpoltsteiner nur einen Punkt (Flemming/Christ), liegen aber in der Doppel-Bilanz (13:7) vor den Passauern (13:11), die mit Kojic/Sadilek eines der besten Doppel der Liga stellen.
"Auf dem Papier geht Passau, das alle seine drei Spiele in der Rückrunde gewonnen hat, erneut als Favorit ins Rennen", sagt Hilpoltsteins Bundesligamanager Bernd Beringer. "Doch Papier ist geduldig, Flemming und Co. sind 'heiß', und da in der verrücktesten Tischtennis-Liga Deutschlands bekanntlich jeder jeden schlagen kann, dürfen sich die Fans auf einige Überraschungen freuen."