Rio de Janeiro. Wahnsinn! Deutschlands Tischtennis-Damen greifen in der Nacht von Sonntag auf Montag nach einer Medaille. Han Ying, Petrissa Solja und Shan Xiaona besiegten im Viertelfinale den WM-Dritten von 2014, Hongkong, und spielen im Halbfinale gegen Vize-Weltmeister Japan um Edelmetall und den Finaleinzug. „Egal wie das ausgeht, ich bin jetzt schon stolz auf meine Mannschaft“, sagte Bundestrainerin Jie Schöpp.
Han Ying war nicht mehr zu bremsen. Nach jedem gewonnenen Punkt schrie die deutsche Nummer eins ihre Freude heraus, ballte die Faust. Auch ein Zeitspiel in ihrem zweiten Einzel gegen Tie Yana hatte die 33-jährige Weltklasse-Abwehrerin nicht aufhalten können. Punkt für Punkt wurde die Weltranglistensiebte sicherer, mutiger, gefährlicher. Der 3:1-Erfolg war eine Demonstration, wie sie es schon im ersten Einzel gegen Lee Ho Ching gegeben hatte. Mit zwei Siegen hatte Han Ying den Bärenanteil an dem feinen Viertelfinal-Erfolg über Hongkong, das bei der WM in Tokio 2014 in zwei Partien noch zu stark gewesen war. Allerdings hatten Han und Shan Xiaona da nicht mitgewirkt, weil sie auf Weltturnieren nicht startberechtigt sind.
"Heute haben alle phantastisch gespielt. Ich hatte mich nach meinem Einzel geärgert und einen kleinen Wutausbruch, weil ich trotz guten Spiels Matchbälle vergeben hatte. Aber im Doppel lief es dann umso besser. Und Ying hat einfach auch super gespielt", resümierte Petrissa Solja. Die 22-Jährige, die in ihrer jungen Karriere schon viel erreichte – unter anderem drei Europameistertitel mit der Mannschaft und einmal im Doppel (mit Sabine Winter) – könnte bei ihren ersten olympischen Spielen gleich eine Team-Medaille gewinnen. Zusammen mit ihrer angestammten Berliner Partnerin Shan Xiaona sorgte die World-Cup-Dritte für einen deutlichen und vor allem wichtigen Sieg im Doppel. Beim Spielstand von 1:1. Das Doppel war ein Schlüsselmatch, wie im Vorfeld bereits prognostiziert.
"Ich hatte einen kleinen Wutausbruch"
Soljas Leistung im Doppel ist umso höher einzuschätzen, da sie kurz zuvor eine bittere Niederlage gegen Doo Hoi Kem hatte einstecken müssen, insgesamt vier Matchbälle vergab. „Sie hat danach erst mal die Flasche Wasser auf die Tasche geworfen. Aber schon wenig später habe ich in ihren Augen gesehen, dass sie das Doppel jetzt unbedingt gewinnen will. Wir wussten ja vorher, dass der Fall eintreten kann: Peti verliert und muss gleich weiterspielen. Wie sie nach der Einzel-Niederlage dann im Doppel aufgetreten ist, nötigt mir hohen Respekt ab und zeigt auch die Entwicklung, die sie in den vergangenen Jahren genommen hat“, sagte Bundestrainerin Jie Schöpp und ergänzte: "Das war von allen eine klasse Leistung. Die Mannschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt. Ich würde sagen, wenn wir eine Medaille gewinnen, wäre das verdient. Soweit sind wir aber noch lange nicht. Ich bin stolz auf meine Mannschaft, egal wie das hier noch weitergeht. Auch wenn wir keine Medaille gewinnen, haben wir Qualität gezeigt", sagte Bundestrainerin Jie Schöpp.
"Wir werden unsere Chancen bekommen"
Am Montagnacht um 0.30 Uhr deutsche Zeit wollen die an Position drei gesetzten DTTB-Damen im Halbfinale den an Nummer zwei hinter China notierten Vize-Weltmeister Japan ärgern. Bei der WM in Kuala Lumpur in diesem Jahr gab es das Duell schon zweimal, in der Vorrunde konnte Deutschland dank einer überragenden Solja gewinnen. Im Viertelfinale setzte es dann ein 0:3. Diesmal sind aber Han Ying und Shan Xiaona mit von der Partie. "Ich denke, dass Japan leichter Favorit ist. Wir werden aber unsere Chancen bekommen, und dann müssen wir sie nutzen. So wie bei der WM in Malaysia. Wir werden auf jeden Fall alles geben", betont Solja.
Viertelfinale
Deutschland - Hongkong 3:1
Han Ying - Lee Ho Ching 3:0 (6,3,4)
Petrissa Solja - Doo Hoi Kem 2:3 (9,-3,9,-9,-12)
Shan Xiaona/Petrissa Solja - Tie Yana/Lee Ho Ching 3:0 (7,3,10)
Han Ying - Tie Yana 3:1 (5,-5,7,3)
China - Nordkorea 3:0
Singapur - Südkorea 3:2
Japan - Österreich 3:0
Halbfinale
China - Singapur (Montag, 20 Uhr)
Deutschland - Japan (Montag, 0.30 Uhr)