Chengdu. Annett Kaufmann führt im Wechsel mit Fanbo Meng auf tischtennis.de Tagebuch über ihr WM-Debüt in Chengdu. In Teil drei erzählt die 16-jährige sportartübergreifende Newcomerin des Jahres von 2021 von den Aktivitäten abseits der täglichen Routine.
Covid-Tests, trainieren, essen, schlafen - und nach Dienstschluss am Abend ein bisschen Abwechslung
"Covid-Tests, trainieren, essen, schlafen – das ist unser Rhythmus hier in Chengdu. Wir sind ja in einer Bubble und komplett abgeriegelt, aber ein bisschen was zu sehen, gibt es trotzdem. Es gibt an den Hotels einen Park, in dem ein paar ältere Häuser und Stände sind, die man besichtigen kann. In den Bäumen hängen Lichter. Stellt euch den Park aber nicht allzu groß vor. Birgit (Erklärung: Birgit Schmidt, Physiotherapeutin vom Olympiastützpunkt Hessen) sagt, die längste Strecke seien 800 Meter. Im Hotel gibt es einen Kraftraum, in den wir manchmal gehen. Im Zimmer ist genug Platz, um ein Workout zu machen oder sich zu stretchen, wenn man das machen möchte.
Falls es mit der Internetverbindung und dem VPN klappt, kann man sich mit dem Handy beschäftigen oder man liest ein Buch oder was wir abends nach der Team-Besprechung meistens machen: Wir spielen Karten oder irgendwelche Gesellschaftsspiele. Wir haben viel Abwechslung, sind aber ohnehin meistens in der Halle. Erst abends ist die Zeit, in der wir richtig frei haben.
Am Anfang war das Internet ziemlich schlecht, so dass ans Streamen nicht zu denken war. Das hat sich gebessert. Inzwischen haben wir auch alle eine VPN-App gefunden, die zuverlässig funktioniert. Damit hatten wir am Anfang auch Probleme.
Filme, Serien, Bücher
Filme gucke ich sehr unterschiedliche. Manche sehe ich mir an, weil um sie gerade ein Hype gemacht wird und ich mir eine eigene Meinung dazu bilden möchte. Oder ich probiere Serien aus, von denen mir die Vorschau gefällt. Ich schaue gerne Grey’s Anatomy, Private Practice, Supergirl, mit Outlander will ich anfangen. Es gibt viele Sachen, die ich mir angucke.
Ich lese gerne Bücher von Colleen Hoover. Generell lese ich nur englische Bücher, entweder Romantik/Drama oder Krimis und Thriller. Oft lese ich, um mich zu beruhigen, um ein bisschen runterzukommen. Hier habe ich keinen Roman dabei, sondern ein Sporttheorie-Buch, in dem ich ein bisschen lesen und lernen kann. Bücher bedeuten für mich Abwechslung, weil man bei Turnieren immer im selben Rhythmus ist und wenn das Internet mal nicht funktioniert, muss man auch ohne irgendwie klarkommen. Das ist gar nicht so leicht, weil in unserer heutigen Gesellschaft alles digital ist.
Unterschied zwischen Jugend- und Erwachsenen-Turnieren
Jugend-Veranstaltungen unterscheiden sich in allen Bereichen von Erwachsenen-Turnieren. Der größte Unterschied ist die Organisation. Wir haben hier eine sehr gute Halle, sie ist riesig und sehr gut beleuchtet, wie Fanbo schon gemeint hat. Die Players‘ Lounge ist sehr groß, und es gibt eine gute Auswahl an Essen – wenn auch nicht nur gesunde Sachen. Hier wird auch viel dekoriert, und überall ist Werbung. Bei Jugendturnieren gibt es das ein bisschen, aber bei weitem nicht in diesem Ausmaß. Wenn ich die Jugend-WM im letzten Jahr und die Team-WM vergleiche, ist das schon ein sehr, sehr krasser Unterschied. Auch die Bereitstellung von Materialien ist anders. Es gibt hier Bälle, so viele du willst, und Wasser in Flaschen und keine Wasserspender, die ständig leer sind. Nur so als Beispiel.
Eiserne Reserve beim Essen
Ich bin wählerisch beim Essen, komme aber auch gut klar, wenn es nicht so viel zu essen gibt, was ich mag. Ich habe mir extra eine Reserve mitgenommen, Müsli zum Beispiel und ein Glas Nutella, falls der Brotaufstrich richtig schlecht gewesen wäre. Ich konnte nicht abschätzen, wie das asiatische Essen sein wird. In Japan gab es zu 90 Prozent warmes Essen und nur selten mal Brot. Ich bin ein Mensch, der es nicht so sehr mag, morgens warm zu essen. Hier in Chengdu komme ich gut klar. Ich finde immer etwas, was mir schmeckt. Das Essen ist gut.
Eine Menge von den Chinesen abschauen
Bisher habe ich keine richtigen Aufgaben für die Mannschaft gekriegt oder etwas von Ritualen mitbekommen. Auch um die Bälle haben sich bisher immer die Trainer gekümmert. Keine Ahnung, ob da noch etwas kommt.
Ich war heute in der Haupthalle und habe zum ersten Mal seit unserer Ankunft die Chinesen beim Training gesehen. Das war schon nice, Ma Long, Fan Zhendong und Chen Meng in real life spielen zu sehen. Ich denke, dass ich sie jetzt öfter sehen werde, wenn das Turnier losgegangen ist und wir alle öfter in der Haupthalle sind. Ich würde sie jetzt nicht anhimmeln, das ist das falsche Wort. Es sind einfach sehr starke Spieler, und ich kann mir eine Menge von ihnen abschauen.“
Über Annett Kaufmann
Geboren am 23. Juni 2006 in Wolfsburg
Weltrangliste: 126
Deutsche Rangliste: 9
Spielsystem: Linkshänderin, Shakehand, Angriff
Verein: SV Böblingen (1. Damen-Bundesliga)
Besonderheit: sportartenübergreifend Deutschlands Newcomerin des Jahres 2021
Erfolge
Weltmeisterschaften
2. Platz Doppel Jugend-Weltmeisterschaften 2021 (mit Mia Griesel)
Europameisterschaften
1. Platz Damen-Mannschaft 2021 in Cluj (ROU)
Achtelfinalistin Damen-Doppel 2022 in München
1. Platz U21-Europameisterschaften 2021 in Spa (BEL)
1. Platz Europameisterschaften Jugend U19 2022 im Einzel und Mixed Belgrad (SRB)
1. Platz Europameisterschaften Jugend U15 2021 Einzel, Mixed und Mannschaft
2. Platz Mixed (mit Mike Hollo) 2019 in Ostrava (CZE)
3. Platz Jugend-Mannschaft U15 2019 in Ostrava (CZE), U19 2022 in Belgrad (SRB)
Europe Youth Top 10 (Ranglistenturnier)
1. Platz Einzel 2020 - Berlin 2020
2. Platz Einzel 2019 - Noordwijk (NED) 2019
Deutsche Meisterschaften
3. Platz Damen-Einzel Deutsche Meisterschaften 2021, 2022
2. Platz Damen-Doppel Deutsche Meisterschaften 2022
Damen
Ying Han (KTS Enea Siarka Tarnobrzeg POL / Top Nagoya JPN), Nina Mittelham (ttc berlin eastside / Kyushu Asteeda JPN), Xiaona Shan (ttc berlin eastside / Kyoto Kaguya JPN), Sabine Winter (TSV Schwabhausen), Annett Kaufmann (SV Böblingen)
Herren
Dang Qiu (Verein: Borussia Düsseldorf), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt), Ricardo Walther (ASV Grünwettersbach), Kay Stumper (Borussia Düsseldorf), Fanbo Meng (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell)
Trainer-Team
Richard Prause (Sportdirektor), Tamara Boros (Damen-Bundestrainerin), Xiaoyong Zhu (Bundesstützpunkttrainer), Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer), Lars Hielscher (Cheftrainer Düsseldorf)
Physiotherapeutinnen
Birgit Schmidt und Annette Zischka (OSP Hessen in Frankfurt/Main)
Texte
Livestream, Ergebnisse, Spielsystem