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Dachaus Defensiv-Ass Byun Seoyoung besiegte Hana Arapovic und Annett Kaufmann (Bild: Dr. Stephan Roscher).
Packende Sonntagsspiele in der 1. Bundesliga Damen

Dachau gewinnt Bayern-Derby vor großer Kulisse, Bingen erkämpft Überraschungs-Punkt in Weinheim

Dr. Stephan Roscher 27.01.2025

Dachau. Die Fans erlebten am Sonntag zwei außergewöhnliche Begegnungen. Vor der tollen Kulisse von 370 Zuschauern, Punktspiel-Saisonrekord und durchaus auf TTBL-Niveau, besiegte ein bärenstarkes Team aus Dachau den Derby-Gegner Kolbermoor nach einem 0:2 in den Doppeln mit 6:3. Und in Weinheim führte der Spitzenreiter gegen Schlusslicht Bingen zur Pause 4:0. Endstand 5:5!

Dass die 1. Bundesliga Damen immer wieder Partien auf außerordentlich hohem Niveau zu bieten hat, sollte sich allgemein herumgesprochen haben. Auch, dass der Spannungsfaktor nicht selten enorm ist. Sowie schließlich, dass faustdicke Überraschungen und sensationelle Wendungen stets möglich sind. Diese drei Aspekte wurden am Sonntagnachmittag eindrucksvoll untermauert.
 

TSV Dachau 65 – SV DJK Kolbermoor 6:3

Man war von einem engen, umkämpften Derby ausgegangen – letztlich war es das sogar, trotz des etwas eigentümlichen Verlaufs – und hatte deshalb angenommen, dass es schon die halbe Miete sein würde, wenn eines der Teams mit 2:0 aus den Doppeln ginge. Und gerade das erwies sich als Fehlkalkulation.

Die Gäste starteten nämlich hellwach und hoch fokussiert in die Partie. Annett Kaufmann/Hana Arapovic besiegten Byun Seoyoung/Koharu Itagaki in vier Durchgängen und die Premieren-Formation Qianhong Gotsch/Kristin Lang lag zwar gegen Sabine Winter und Naomi Pranjkovic zunächst mit 0:2 Sätzen im Hintertreffen, drehte aber das Match und gewann noch 3:2. 2:0 für Kolbermoor, eine scheinbar beruhigende Führung.

Beruhigend? Von wegen! Denn der Rückstand schien die Dachauerinnen erst richtig anzuspornen. Defensivstrategin Byun Seoyoung verlor gegen Hana Arapovic zwar noch den ersten Satz, hatte danach aber das Geschehen gut im Griff, und Sabine Winter, richtig gut aufgelegt, schnappte sich den Punkt gegen Annett Kaufmann – im fünften Satz machte Winter nach einem 2:5-Rückstand sechs Punkte in Folge und brachte den Vorsprung dann auch ins Ziel.

2:2 zur Pause, alles war wieder offen. Im hinteren Paarkreuz punktete zwar Qianhong Gotsch, die erstmals unten aufschlagen konnte, für Kolbermoor in vier Durchgängen gegen Naomi Pranjkovic, doch der von den Gästen erhoffte Sieg von Kristin Lang stellte sich nicht ein. Die 14-jährige Koharu Itagaki blieb in dem engen Match in der entscheidenden Phase cool und gewann mit 3:2 (11:9, 6:11, 11:6, 9:11, 11:9) – sie vergab zwar im fünften Satz drei Matchbälle, nutzte aber den vierten und letzten.

Byun Seoyoung sorgte auch für die zweite Niederlage von Annett Kaufmann an diesem Nachmitag. Wieder fünf enge, umkämpfte Sätze, die mit einem 11:8 der Südkoreanerin im letzten Durchgang endeten. Sabine Winter legte mit einem 3:1 über Hana Arapovic nach. 5:3 für Dachau. Und die Gastgeber gewannen auch das sechste von sieben Einzeln: Wieder war es die kleine Koharu Itagaki, 42 Jahre jünger als ihre Gegnerin “Hongi” Gotsch, die gelassen blieb und keine Angst vor dem großen Namen zeigte. Itagaki gewann die ersten beiden Sätze unfassbar klar (11:6, 11:1), doch Gotsch kämpfte sich in das Match hinein und egalisierte (11:9, 13:11). Fünf Matchbälle vergab Dachaus “Nesthäkchen” dabei im vierten Satz, doch das warf sie nicht aus der Bahn. Im fünften Durchgang war sie wieder gut dabei, führte lange, hatte dann aber bei 8:10 zwei Matchbälle gegen sich. Ja und? Itagaki machte “einfach” vier Punkte in Folge und das Ding war durch.

TSV-Trainer Alexander Yahmed war begeistert: “Ja, das war ein super Spiel. Wir wollten die Doppel genau so treffen, zack 0:2, der Plan ging nicht auf. Umso mehr war ich begeistert von meinem Team in den Einzeln, alle, wirklich alle, spielten extrem stark.” Yahmed lässt es Revue passieren: “Sabine am Anfang etwas unruhig und sobald sie ruhiger wurde wurde es viel besser. Seoyoung hat sich rein gekämpft und am Ende mit super Angriffsbällen gepunktet, Koharu war cool wie Eis, sie hatte wie gewohnt einen super Kopf und hat wirklich zwei absolute Topspiele gemacht, dabei hatten beide Gegnerinnen viele Jahre im vorderen Paarkreuz gespielt. Naomi war im Doppel wirklich sehr stark und in den Einzeln, sie führte ja gegen Kristin mit 2:1 Sätzen, hat sie nochmal 'nen deutlichen Sprung gemacht.“ Yahmeds Fazit: „Ich bin durch und durch zufrieden und freue mich über die zwei Punkte gegen ein extrem starkes Team.“

Dr. Michael Fuchs, Kolbermoors Trainer, analysierte die Partie ausführlich und geizte nicht mit Lob für den wirklich stark aufspielenden Gegner. “Obwohl wir die Doppel eigentlich genau anders treffen wollten, gingen wir seit langer Zeit mal wieder mit 2:0 heraus, was natürlich ein guter Start für uns war”, so Fuchs. Danach war es dann das von mir erwartete umkämpfte Spiel mit einem starken vorderen Paarkreuz von Dachau und einer furchtlos aufspielenden Koharu Itagaki.” Fuchs weiter: “Ich kann meinen Spielerinnen keinen Vorwurf machen. Sabine hat gegen Annett und Hana gut gespielt, wobei eher ihre bekannt starke Vorhand und ihre schnellen Beine heute den Ausschlag gegeben haben, nicht unbedingt der Anti. Seoyoung Byun ist für mich irgendwie die Überraschung der bisherigen Saison. Annett spielt wahrlich nicht schlecht gegen Abwehr, aber was Seoyoung heute alles zurückgespielt hat und vor allem mit welcher Qualität, gepaart mit einer krachenden Vorhand, falls die Chance da war, war starkes Niveau.“ Fuchs fuhr fort: „Im hinteren Paarkreuz hat uns Koharu das Leben schwer gemacht und zwei sehr enge Spiele knapp für sich entschieden. Da fehlen uns dann immer ein paar Punkte im Entscheidungssatz, die aktuell leider zu oft an unsere Gegner gehen. Nachdem Hongi den vierten Satz nach 6:10 noch gedreht hatte, dachte ich eigentlich, dass wir doch wieder eine Chance auf ein Unentschieden haben - doch leider konnte sie zwei Matchbälle im Entscheidungssatz nicht nutzen.“ Das Resümee: „Am Ende war es ein gutes Spiel von uns, mit einem etwas besseren Gegner. Deshalb Glückwunsch nach Dachau. Es war auf jeden Fall guter Sport mit vielen sehenswerten Spielen für die Zuschauer vor Ort.“

Dachau empfängt am 15.02. im Verfolgerduell den TSV Langstadt und will gegen den Tabellenzweiten dort weitermachen, wo es im Derby aufgehört hat. Auch Kolbermoor wird demnächst in heimischer Halle gegen die Hessen gefordert sein, und zwar tags darauf, am Sonntag, den 16. Februar.

 

TTC Weinheim 1946 – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 5:5

In Weinheim erlebten zum Ende hin ziemlich erstaunte Fans sogar noch neun Minuten länger als in Dachau, nämlich drei Stunden 48 Minuten, prickelndes Tischtennis in einem Spiel mit zwei Hälften, wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können. Anfangs hatte es überhaupt nicht nach etwas Unerwartetem ausgesehen, doch was nach der Pause geschah, hatte es richtig in sich.

Zunächst einmal zog der Gastgeber “standesgemäß” auf 4:0 davon. Cheng Hsien-Tzu und Yuan Wan gewannen ihr Doppel gegen Lea Rakovac und Karolina Mynarova haushoch, während Ece Harac/Mateja Jeger ordentlich zu kämpfen hatten, bis Elena Kuzmina/Qi Shi in fünf Sätzen auf Distanz gehalten waren. Im oberen Paarkreuz konnte man nachlegen. Cheng Hsien-Tzu hatte gegen Katerina Tomanovska, die lange noch nicht wieder das Level vor ihrer Verletzung erreicht hat, beim 3:0 kaum Mühe, Yuan Wan und Lea Rakovac lieferten sich indes ein spannendes Match auf tollem Niveau, in dem drei Sätze in die Verlängerung gingen. Erst im fünften Durchgang hatte die Weinheimerin die Oberhand. 4:0 zur Pause – die Fans waren innerlich auf ein 6:0, vielleicht auch “nur” ein 6:1 ihres Teams eingestellt.

Doch dann spielte der “Tischtennis-Gott” verrückt. Ece Harac unterlag Elena Kuzmina in einem hoch spannenden Match des hinteren Paarkreuzes mit 11:13 im fünften Satz. Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel am Nachbartisch längst beendet, das Qi Shi mit 3:0 gegen Mateja Jeger gewonnen hatte. Also nun bereits zwei “Ehrenpunkte” für den krassen Außenseiter. Und es ging weiter: Cheng Hsien-Tzu verlor die ersten beiden Sätze gegen Lea Rakovac, egalisierte und hatte im Entscheidungsdurchgang mit 8:11 das Nachsehen. Bingen war wieder voll im Spiel angekommen, auch wenn der Dämpfer nicht zu verhindern war, auch wenn eine aufopferungsvoll kämpfende Katerina Tomanovska gegen Yuan Wan alles hineinwarf, stand am Ende doch ein 3:1 für die DTTB-Nationalspielerin zu Buche. 5:3, die Zuschauer atmeten durch, der sechste Punkt würde nun sicher auf dem Fuß folgen.

Tat er aber nicht. Es folgten zwei packende Fünf-Satz-Spiele im finalen Durchgang des hinteren Paarkreuzes. Und beide Punkte gingen an die Gäste. Ece Harac unterlag Shi Qi, Mateja Jeger Elena Kuzmina. Die Sensation war perfekt.

Übrigens das zweite Spiel des Sonntags, das die Mannschaft, die mit 2:0 aus den Doppeln ging, nicht gewinnen konnte.

Weinheims Manager Christian Säger nahm es sportlich und zollte dem Gegner Anerkennung: “Es gibt nicht nur Sonnenschein. Zur Pause eine 4:0-Führung und eine tolle Leistung vom Team. Danach leider ein schwaches zweites Paarkreuz, was aber auf keinen Fall den tollen Kampf der Bingener schmälern soll. Sie haben sich das Unentschieden völlig zu Recht verdient. Kein Beinbruch für uns, aber ein kleiner Warnschuss.“

“Nach fast vierstündiger Spielzeit kann ich sagen, dass die Mannschaft sich heute endlich einmal belohnt hat”, so Bingens Vorstand Joachim Lautebach. “Nachdem sie bereits gestern gegen Berlin, das ausgerechnet mal wieder gegen uns in starker Besetzung angetreten ist, ein gutes Spiel geliefert hat, zeigte sie sich heute nochmals verbessert. Trotz 0:4-Rückstand hat sie nie aufgegeben, weiter gekämpft und verdient noch das Unentschieden erreicht.” Lautebachs Analyse: “Entscheidend waren die vier Siege im hinteren Paarkreuz durch Elena Kuzmina und Qi Shi. Beide überzeugten diesmal voll. Auch Lea Rakovac stand ihnen im Spitzeneinzel gegen die Taiwanesin in nichts nach und konnte in einem sehenswerten Spiel diese im fünften Satz bezwingen. Dieses Unentschieden hat sich die Mannschaft wirklich verdient und wird ihr für die beiden restlichen Begegnungen bestimmt Auftrieb geben.”

Weinheim bleibt in der Tabelle ganz vorne mit nun 14:4 Punkten - gefolgt von Langstadt (13:3) -, Bingen ganz hinten mit 2:18, dennoch kam der Punktgewinn beim Spitzenreiter nach so langer Durststrecke einer Erlösung gleich. Nur noch zweimal gehen die Rheinhessinnen an die Tische, zwei Heimspiele, die man nun mit viel mehr Selbstvertrauen angehen wird. Am 16.02. empfängt man Weil, am 16.03. Kolbermoor. Der sechste Platz ist theoretisch noch erreichbar, wahrscheinlich ist das aber nach wie vor nicht. Weinheim empfängt am 23.02. das Team aus Kolbermoor, für das die Runde bisher nicht wie erhofft verlief.

 

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