Tokio. Erst hat er die komplette Olympia-Vorbereitung mitgemacht, während Tokio ging dann der Sommer-Konditions- und Athletiklehrgang der DTTB-Kaderspieler mit Helmut Helmut Hampl los. In den Pausen hat Dang Qiu die Erfolge des DTTB-Trios im Tokyo Metropolitan Gymnasium verfolgt und mit seinen Freunden und Trainingspartnern gelitten. Im Interview erzählt der im schwäbischen Nürtingen geborene, 24 Jahre alte Mixed-Europameister, warum das Zugucken für ihn noch einmal doppelt so spannend war wie für den normalen Zuschauer, wie er der ARD mit seinem Fachwissen zur Seite stand und was er sich nach zweimal Bronze im Einzel bei den Deutschen Meisterschaften in Bremen erhofft (28./29. August), für die der Vorverkauf läuft.
Wie hast du das Olympia-Finale verfolgt und was waren deine Gefühle dabei?
Dang Qiu: Die Zeiten in Japan waren eigentlich perfekt, um die Spiele in Deutschland zu gucken. Unser Vormittagstraining war am Finaltag aber erst um 12.15 Uhr beendet, und danach sind wir direkt zum Essen gegangen. Den Großteil des Doppels mussten wir daher im Speisesaal des DTTZ gucken. Anschließend war ich zum Public-Viewing von Borussia Düsseldorf eingeladen. Da habe ich dann das Spiel von Dima geguckt. Das Spiel von Timo habe ich dann komplett zu Hause gesehen. Ich habe also ein Finale an drei verschiedenen Orten geguckt.
Natürlich ist man gegen China der große Underdog. Man kann nur gewinnen. Wenn man Gold gegen China gewinnen würde, wäre das ein sehr, sehr, sehr krasser Erfolg. Natürlich haben wir gehofft, dass wir gewinnen, aber auch so war man sehr stolz, dass die eigenen Freunde, die Trainingsgruppe, so weit gekommen ist.
Viele Spiele zuvor waren echte Dramen, ob das Mixed, Dimitrijs Einzel oder die knappen Team-Matches von Damen und Herren. Wie sehr leidest du beim Zugucken mit?
Qiu: Bei Franz' und Petis Mixed hätte ich wohl sehr gelitten. Nach einer so 9:2-Führung noch zu verlieren, wünscht man wirklich absolut niemandem, vor allem nicht den eigenen Freunden. Zum Glück habe ich da geschlafen. Es war ja ganz früh am Morgen in Deutschland, so habe ich das gar nicht sehen können. Dimas Spiele hingegen konnte ich natürlich komplett verfolgen. Sie waren meistens schaubar für uns, vor allem das gegen Hugo (Anmerkung: Hugo Calderano, Viertelfinale) und Lin Yun-Ju (Spiel um Bronze) – das war eine absolute Achterbahnfahrt der Gefühle. Nicht nur für ihn, sondern auch für alle Zuschauer, die das geguckt haben. Da war bis zum letzten Punkt nicht sicher, wer das Spiel gewinnen würde.
Man leidet mit, weil man ganz genau weiß, wie es sich in dem Moment anfühlt. Man kann sich so sehr in die Lage hineinversetzen, wie sich die Spieler fühlen. Man weiß, wie hart die Vorbereitung war und wie sehr man will, dass sich das alles auszahlt. Das gilt für beide Spieler am Tisch, aber natürlich ist man in dem Fall für die eigenen Spieler. Da tut es doppelt weh und ist doppelt spannend.
Du warst nicht nur Zuschauer, sondern hast auch der ARD mit Expertenwissen geholfen. Erzähl mal, was da war?
Qiu: Das war eher zufällig. Den Kontakt hatte der DTTB hergestellt. Ich habe mit Frank Grundhever vor dem Halbfinale und Finale WhatsApp-Nachrichten ausgetauscht und ihm eine kompakte Zusammenfassung davon gegeben, was man von den Spielen erwarten kann, was die Akteure spielen werden und wie oft sie gegeneinander gespielt haben. Das war meine Berufung als Informant für eine kurze Zeit, aber neben den Training absolut machbar. Wenn ich dadurch helfen konnte, dass Tischtennis ein bisschen näher an die Allgemeinheit kommt, bin ich froh, wenn ich das geschafft hätte. Falls nicht: schade!
Wie warst du mit Spielern und Trainerteam vor Ort verbunden? Wart ihr oft in Kontakt?
Qiu: Ich habe sie weitgehend in Ruhe gelassen. Natürlich habe ich Dima nach dem geilen Bronzeerfolg im Einzel gratuliert. Mit Franz und Benne habe ich ein bisschen öfter geschrieben. Mit ihnen habe ich eine WhatsApp-Gruppe, in der wir uns ab und zu geschrieben haben. Aber ich weiß, wie hoch der Fokus bei so etwas ist und wie wenig Zeit man eigentlich mit dem Handy und allgemein mit dem Herumschreiben verbringen möchte. Deswegen habe ich es, so gut es ging gelassen, aber nach dem Turnier und wenn sie wieder zu Hause sind, kann man sicher das eine oder andere Telefonat führen oder schreiben.
Du hast zuerst die komplette Olympia-Vorbereitung der Vier absolviert, während Olympia war dann der übliche knüppelharte Sommer-Vorbereitungslehrgang, diesmal unter der Regie Helmut Hampls. Wie geht es dir zurzeit körperlich und mental?
Qiu: Die ersten eineinhalb Wochen von Helmuts Lehrgang habe ich verpasst. Nach der harten Olympia-Vorbereitung habe ich mir einen kurzen Urlaub gegönnt, um mit frischer Energie und vollem Tank in die neue Saison zu kommen. Das hat mir auf jeden Fall gutgetan. Danach habe ich ganz normal bei Helmut mittrainiert, wie man es kennt: die gute alte harte Schule. Die brauchen wir in der Sommervorbereitung, in der wir keine Wettkämpfe haben. Da ist es perfekt, wenn wir in dieser Zeit körperlich viel machen können.
Mental fühle ich mich relativ frisch, auch wenn die Saison lang war und mich ausgelaugt hat. Man braucht mehr als zehn Tage Urlaub, um sich davon richtig zu erholen. Man muss körperlich und mental fit sein – meist geht beides einher. Man muss einfach dranbleiben. Ich bin noch ein junger Spieler und muss diese ganzen Belastungen aushalten können. Deshalb fühle ich mich eigentlich ganz gut.
Nach Olympia ist vor dem ganzen Rest: Welche sind deine Ziele in der neuen Saison bzw. in der zweiten Jahreshälfte?
Qiu: Ich habe Ziele mit meinem neuen Verein, Borussia Düsseldorf. Ich hoffe, ich werde da einen guten Start hinlegen und dem Verein helfen können, den einen oder anderen Sieg einzufahren. Meine anderen Ziele sind die Ungarn Open, also der WTT-Contender in Budapest, und die Deutschen Meisterschaften in Bremen. Dort versuche ich, so gut es geht abzuschneiden. Ich hatte lange keinen Wettkampf und hoffe, dass es trotzdem einwandfrei für mich funktioniert, in einen guten Rhythmus zu kommen und mich stetig weiterzuentwickeln. Mich stetig weiterzuentwickeln, ist mein primäres Ziel.
Apropos Deutsche Meisterschaften: Was dürfen wir von dir erwarten, nachdem du in den Wochen vor Olympia schon in bestechender Form warst?
Qiu: Bei der Tokio Challenge (Hinweis: das intere Olympia-Vorbereitungsturnier der DTTB-Herren) war ich tatsächlich gut drauf. Da waren wir alle hart im Training, und bei mir lief's ziemlich gut. Es ist schwer, vor dem ersten Wettkampf eine Kostprobe davon zu bekommen, wie gut meine Form tatsächlich ist. Vor allem in Ungarn und bei den Bundesligaspielen werde ich sehen, wo ich vor den Deutschen Meisterschaften ungefähr stehe. Das ist gar nicht so schlecht. Bei den Deutschen Meisterschaften selbst war ich zweimal auf dem Treppchen, bin zweimal Dritter geworden und habe jeweils nur sehr knapp verloren. Ich hoffe sehr, ich komme diesmal einen Tick weiter. Allerdings ist die Konkurrenz in Deutschland so stark, alle anderen sind genauso stark wie ich, haben sich super vorbereitet, und wir kennen uns alle gut. Da kann es beim Turnier in jede Richtung gehen. Ich hoffe natürlich, es klappt wieder für mich und wird ein Abschneiden, mit dem ich zufrieden bin.
Wer kann dich und Bendikt „Benne“ Duda im Doppel schlagen?
Qiu: Ich habe mir die Meldeliste im Doppel noch gar nicht richtig angeguckt. Ich denke, wir werden wieder die Gejagten sein. Ich würde nicht sagen, dass wir unschlagbar sind. Es gibt sicher Leute, die uns schlagen können. Ich hoffe, Benne und ich werden wieder gut spielen und gut performen, so dass wir vor niemandem Angst haben müssen. Wir wollen natürlich unseren Titel verteidigen.
Warum spielt der Mixed-Europameister bei der DM kein Mixed?
Qiu: Mit der Dreifach-Belastung ganz früh in der Saison und bei Deutschen Meisterschaften, die an nur zwei Tagen ausgetragen werden, ist man mit Doppel und Einzel schon sehr, sehr gut dabei. Eine Dreifach-Belastung kommt da für mich nicht infrage. Vielleicht bin ich dafür körperlich einfach noch zu unfit (Lacht.). Spaß beiseite: Es ist für mich unrealistisch, in allen drei Wettbewerben vorne mit dabei sein zu können. Mit Nina nach dem Europameister-Titel auch den Deutschen-Meister-Titel zu gewinnen, wäre sicher nicht schlecht, aber für diese Deutschen Meisterschaften ist es die richtige Entscheidung, nur Einzel und Doppel zu spielen. Ich plane, mit Nina in Zukunft öfter bei den Internationalen zusammen zu spielen. Bei den Deutschen Meisterschaften werden wir sicher das eine oder andere Jahr gemeinsam antreten und dann hoffentlich auch den Mixed-Titel holen. Oder es zumindest versuchen.