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Kerstin Duchatz hat viel Erfahrung als Schiedsrichterin. Foto: Steyer
Schiedsrichter spielen wichtige Rolle im Tischtennis

Der „beste Platz in der Halle“ geht mit viel Verantwortung einher

Julian Hörndlein 05.04.2023

Frankfurt a. Main/Nürnberg. Sie bleiben ganz cool, auch wenn es in der Halle mal hoch her geht: Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter übernehmen bei Tischtennis-Wettkämpfen aller Art eine wichtige Aufgabe – auch bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg haben sie wieder für einen ruhigen Ablauf der Spiele gesorgt. Drei Funktionäre sprechen über ihre Erfahrungen.

Einmal komplett im Scheinwerferlicht zu stehen, das hat ein Tischtennis-Schiedsrichter nicht alle Tage. Schließlich halten sich die Unparteiischen häufig eher im Hintergrund. Sie drängen sich nicht auf, denn der Fokus der Zuschauenden liegt immer auf den zwei oder vier Spielerinnen und Spielern am Tisch. In Nürnberg war das etwas anders: Dort wurden die Schiedsrichter ganz offensiv begrüßt und durften unter den Augen aller einlaufen. Für Nils Dünninger, seit 2016 im Schiedsrichterwesen aktiv, war das einer der Gründe, weshalb die Deutschen Meisterschaften mit zu seinen besten Erlebnissen als Schiedsrichter gehören. „Von der Atmosphäre war das wirklich super“, erzählt er. Vor den Augen von 2500 Zuschauern zu schiedsen, das gibt es sonst nur selten. Dünninger ist häufig in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) im Einsatz, den TSV Bad Königshofen kennt der Unterfranke aufgrund seiner räumlichen Nähe als Schiedsrichter gut. Im vergangenen Jahr war er zudem zweimal in der Champions League beim TTC Neu-Ulm aktiv, zuerst im Spiel zwischen den Bayern und KS Decorglass Dzialdowo und dann im Dezember, als Sporting Lissabon anreiste.

Erfahrung auf internationalen Turnieren

International unterwegs ist Kerstin Duchatz. Die 34-Jährige aus Herne in Nordrhein-Westfalen ist bereits die Hälfte ihres Lebens als Schiedsrichterin aktiv – und in ihrer Laufbahn noch nicht am Ende angekommen. Dabei liest sich die bisherige Bilanz beeindruckend: Bezirksschiedsrichterin mit 17, dann in den kürzestmöglichen Abständen Verbandsschiedsrichterin und Nationale Schiedsrichterin sowie International Umpire. Bereits mit 27 Jahren erhielt sie die Lizenz „International Umpire Blue Badge“ – den bis dahin höchsten Grad im Schiedsrichterwesen. Mittlerweile gibt es mit der Lizenz „International Umpire - Gold Badge“ noch eine höhere Stufe und Duchatz ist bereits dran. Drei erfolgreiche sogenannte „Assessments“ bei internationalen Turnieren braucht sie, um die Lizenz zu erhalten. Zwei davon sind schon im Kasten: Eines beim Europe Top 16 in Montreux im Februar und eines bei den European Championships in München 2022. „Ich hoffe, im Mai bei der WM das dritte positive Assessment zu erhalten“, so Duchatz. Der Einsatz bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg klingt da fast nach einem Heimspiel, dennoch hat auch sie die Organisation beeindruckt. „Man hat klar gesehen, dass die Organisation höchst professionell war“, erklärt Duchatz, die beruflich selbst im Eventmanagement tätig ist. Generell ist die Professionalisierung eine Erfahrung, die sowohl Duchatz als auch Dünninger machen. „Die Rahmenbedingungen werden immer professioneller“, erklären sie.

Bei den Deutschen Meisterschaften waren sie ein Team, in der Mixed-Partie zwischen Sabine Winter/Alexander Flemming gegen Hannah Schönau/Lukas Bosbach kamen sie als Schiedsrichterteam- zum Einsatz. Für beide war die Partie das Highlight des Turniers. „Es war fair, es waren tollen Ballwechsel“, so Duchatz. Sie treibt die Liebe zum Sport und die Arbeit als Teil der Tischtennis-Familie an.

„Völlig egal, wer gewinnt“

Auch für Johannes Kühhorn sind das die Gründe, sich im Schiedsrichterwesen zu engagieren. Für den jetzigen Bayreuther war das Turnier ganz besonders, er ist nur wenige Kilometer von der Kia Metropol Arena entfernt in Mittelfranken aufgewachsen. „Dann ist so ein Turnier auf jeden Fall etwas anderes“, erklärt er. Man treffe viele Leute, die man kenne. Natürlich lernt man auch im Laufe des Schiedsrichter-Lebens allerhand Personen und Spieler kennen, auch die Schiedsrichter selbst wachsen zu einer kleinen „Familie“ zusammen. Dennoch geht man als Schiedsrichter an jedes Spiel immer ganz unvoreingenommen ran. „Mir ist völlig egal, wer gewinnt“, sagt etwa Kerstin Duchatz. Nils Dünninger pflichtet ihr bei: „Man behandelt einen Europameister genauso wie einen Spieler aus der Bayernliga“, erklärt er. Unabhängig von den Spielern übt aber der Sport natürlich auch eine Faszination auf die Schiedsrichter aus. „Wir haben schließlich den besten Platz in der ganzen Halle“, sagt Duchatz. Auch für Johannes Kühhorn steht der Sport ganz vorne. Es ist der Grund, weshalb er gerne auf Turnieren aktiv ist. „Dort sieht man den ganzen Tag lang Spitzensport“, sagt er.

Wer sich im Tischtennis als Schiedsrichter engagiert, der profitiert häufig auch beruflich davon. „Man muss lernen, seinen Standpunkt argumentativ rüberzubringen“, sagt Nils Dünninger. Das aufgebaute Selbstbewusstsein kommt ihm im Studium und Privatleben zugute. Und Johannes Kühhorn wurde das Amt quasi in die Wiege gelegt. Der Jurist kennt sich mit Regeln aus.

Klar kommunizieren und zur eigenen Entscheidung stehen

Selbstbewusst und klar zu kommunizieren, ist als Schiedsrichter besonders wichtig. Denn wie in jeder Sportart ist es auch im Tischtennis so, dass Schiedsrichter mit Kritik konfrontiert werden. „In der Situation kann es natürlich mal sein, dass Spieler nicht mit der Entscheidung einverstanden sind“, sagt Kühhorn. Dennoch hat er die Erfahrung gemacht, dass Tischtennisspieler gut damit umgehen können. Spätestens am Ende des Spiels geht man im Guten aus der Box. Das gilt übrigens nicht nur für internationale Turniere, sondern auch auf deutlich tieferen Ebenen. Nils Dünninger erzählt von seinem schönsten Erlebnis als Schiedsrichter, als er bei der Unterfränkischen C-Schüler-Meisterschaft als Oberschiedsrichter eingesetzt war. Dort brach Streit wegen der Aufschläge auf, Dünninger vermittelte. „Am Ende sind die Spieler zu mir gekommen und haben sich bedankt“, sagt er. Für ihn ist es das, was Tischtennis und das Schiedsrichten ausmacht: „Ich bin nicht der Böse, sondern der, der im Sinne des Sports vermittelt.“



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