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Wurde nach 2008 zum zweiten Mal nicht für Olympia nominiert: Matilda Ekholm (Foto: MS)

Der Fall Matilda Ekholm ? Samsonov und Sharara melden sich zu Wort / Facebook-Kampagne

FL 13.06.2012

Frankfurt/Main. Schon zum zweiten Mal verweigert das Nationale Olympische Komitee Schwedens seiner besten Tischtennisspielerin Matilda Ekholm die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Trotz sportlicher Qualifikation wurde die Linkshänderin 2008 nicht für die Spiele in Peking nominiert. Und auch 2012 bleibt Olympia in London für Ekholm wohl nur ein Traum, obwohl sie aus der Welt-Qualifikation in Doha im Mai als Siegerin hervorgegangen war und die Norm eigentlich erfüllt hatte. Denn das schwedische NOK machte ihr abermals einen Strich durch die Rechnung. Ein Athlet müsse in der Lage sein, eine Platzierung unter den besten Acht zu erreichen. Diesen Anforderungen könne Matilda nicht standhalten, begründete das NOK seine Entscheidung. Ekholm selbst kommentierte ihre Nicht-Berücksichtigung so: „Das waren ein paar sehr traurige Tage für mich. Es ist hart, aber ich werde auch ohne Olympische Spiele überleben.“

Unverständnis über den NOK-Entschluss regt sich nun von höchster Ebene. In einem offenen Brief, der auch auf der Website des Schwedischen Tischtennis-Verbandes veröffentlicht wurde, meldet sich ITTF-Präsident Adham Sharara sehr deutlich zu Wort. Der Präsident des Weltverbandes sei schockiert und gleichsam überrascht gewesen, schreibt er. „Was ist schockierender als zum zweiten Mal für Olympia abgelehnt zu werden trotz erfolgreicher Qualifikation“, fragt Sharara, der auch von „willkürlicher Politik“ spricht. „Wenn die Nominierung von der Weltranglisten-Platzierung abhängt, warum lässt man sie die Qualifikation spielen, macht ihr Hoffnungen, und dann, wenn sie ihr Ziel erreicht hat, wird sie abgelehnt?“

„Wir könnten die Medaillen auch gleich per Post schicken“

Sharara könne zwar verstehen, wenn ein NOK eigene Maßstäbe für bestimmte Sportarten anlege, in denen es keine Qualifikations-Wettbewerbe gibt. „Wenn es aber ein klares und globales Qualifikationssystem gibt, genehmigt durch das IOC, dann sollten wir die Ergebnisse dieses Systems auch respektieren. Stellen sie sich vor, alle NOKs würden eine Top-8 oder Top-16-Politik fahren. Dann hätten wir auch nur acht oder 16 Athleten in jeder Sportart.“

Der besten Spielerin Schwedens werde verweigert, an den Olympischen Spielen teilzunehmen, weil das NOK kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten hat. „Es scheint, als sei das die Botschaft für alle jungen Mädchen in Schweden, mit Tischtennis aufzuhören.“ Frau Ekholm habe ihr Bestes getan, sie sei die Beste in Schweden und zähle zu den Besten der Welt. Sie habe die Erwartungen übertroffen, das mache einen Wettbewerb auch aus. Sharara führt in seiner Argumentation prominente schwedische Beispiele an. „Haben nicht auch Jan-Ove Waldner (2000, 2004) und Jörgen Persson (2008) die Erwartungen bei weitem übertroffen?“

Der ITTF-Präsident sieht mit dem Urteil den grundsätzlichen Wettkampfcharakter im Sport in Frage gestellt. „Dürfen wir, die Führenden im Sport, Gott spielen? Wissen wir im Voraus, dass ein Athlet scheitern wird? Ist es nicht der Zweck eines Wettkampfes, die Platzierungen und Erwartungen herauszufordern? Warum haben wir ansonsten Wettkämpfe? Wir könnten die Medaillen auch gleich per Post schicken.“

Neben Adham Sharara äußert sich auch ITTF-Aktivensprecher Vladimir Samsonov kritisch über die NOK-Entscheidung. „Wir, als professionelle Sportsleute, finden die Entscheidung äußerst unfair“, schreibt „Vladi“. „Wenn das NOK plant, sie nicht zu den Olympischen Spielen zu schicken, dann sollte man sie das im Voraus wissen lassen und damit verhindern, dass sie an dem Qualifikationsturnier teilnimmt.“ Dadurch, dass nun eine andere, schlechter platzierte Spielerin ihren Platz bei Olympia einnimmt, werde auch das Niveau des Turniers sinken, betont Samsonov.

Facebook-Kampagne mit prominenten Mitgliedern

Bei Facebook hat sich derweil eine Kampagne gegründet mit dem Titel: „Matilda to Olympics!“. 1559 Mitglieder (Stand 13. Juni) gehören der Gruppe, die Matilda Ekholm unterstützen, an, darunter auch einige bekannte Tischtennisspieler wie Mattias Karlsson, Sara Ramirez, Nikoleta Stefanova, Iulia Necula, Maria Xiao, Galia Dvorak, Krisztina Toth oder Kelly Sibley.

2008 war Ekholm ebenfalls qualifiziert, stand jedoch auf Weltranglistenplatz 106 und hatte wenig gute Resultate vorzuweisen. Heute, so sagen Ekholms Anhänger, sei die Situation eine ganz andere. 2012 war ihre beste Platzierung Rang 50 (April). Zum ersten Mal lag sie vor allen ihren männlichen Kollegen.

Über die Weltrangliste und als 6. bei der LIEBHERR Team-WM in Dortmund hatten sich die schwedischen Männer für Olympia qualifiziert. Jörgen Persson (WR-Position im Juni: 88) und Pär Gerell (80) lösten schon frühzeitig das Ticket, Jens Lundqvist erst im April über die Europa-Qualifikation. Im olympischen Einzel-Wettbewerb werden Persson und Gerell antreten. Der in der Weltrangliste bestplatzierte Schwede, Jens Lundqvist (48), startet nur im Team.

In London gar nicht antreten wird hingegen die offiziell qualifizierte Matilda Ekholm, sollte das schwedische NOK seine Meinung nicht noch ändern.

 

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