Lüdenscheid. Ein neues Kniegelenk wirkt manchmal wie ein Lebenselixier. Das weiß auch Wilfried Lieck, dessen rechte Seite seit einiger Zeit frisch renoviert ist. „Es war kein Knorpel mehr da. Mehr als 60 Jahre Leistungssport sind doch nicht ganz spurlos an mir vorbei gegangen", berichtete der gut gelaunte Tischtennis-Altmeister wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag am 29. Oktober im Telefon-Gespräch.
Mit frischem Kniegelenk die Landesliga aufmischen
Der Eingriff ist gut verlaufen, Mitte Oktober verbrachten Lieck und Ehefrau Rita wie fast jedes Jahr ihren Urlaub mit Spaziergängen am Wattenmeer in Cuxhaven. „Ich kann wieder laufen", sagte er zufrieden. Und den Tischtennis-Schläger nimmt der Lüdenscheider natürlich weiterhin in die Hand, auch wenn das Leistungsvermögen nach eigenen Angaben um „20 bis 30 Prozent“ gelitten hat.
Das ist schon ein Handicap für den langjährigen Bundesligaspieler (403 Matches), der in dieser Saison für seinen Lieblingsclub TTC Altena im mittleren Paarkreuz der zweiten Mannschaft in der Landesliga aufschlägt. Für Lieck sind diese Partien keineswegs nur ein netter Zeitvertreib im vorgerückten Alter. „Ich will nicht nur spielen, sondern möchte auch gewinnen“, betonte die ehemalige Nummer eins in Deutschland.
60 Jahre Leistungssport mit rationeller Spielweise
Sein Ehrgeiz war schon immer groß gewesen. Der Rechtshänder hatte mit blitzschnellen Konter- und Blockbällen auf flinken Beinen die Sportart in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts maßgeblich dominiert. Fünfmal wurde er deutscher Einzelmeister, zwischen 1967 und 1985 nominierte ihn der DTTB für 148 Länderspiele. Lieck stand mit Eberhard Schöler und Bernt Jansen 1969 im WM-Finale gegen Japan (3:5) und mit Engelbert Hüging und Peter Stellwag 1980 in Bern im legendären EM-Finale gegen Schweden (4:5).
"Ich habe immer rationell gespielt und bin nicht so viel gelaufen“, erläuterte Lieck mit einem Schmunzeln seinen unnachahmlichen Spielstil. Anders als die meisten der heutigen Stars der Szene trat er auch gerne und mit Erfolg im Mixed an. 1978 gewann er mit Wiebke Hendriksen Gold bei der Heim-Europameisterschaft in Duisburg. Bei Senioren-Weltmeisterschaften stand der 1945 im dänischen Aalborg geborene Ausnahmespieler ebenfalls mehrfach auf dem Siegerpodest.
Statt großer Party eine Feier mit den lieben Nachbarn
Über Neumünster war das Flüchtlingskind 1953 nach Bochum gekommen, wo er als Kind des Ruhrgebiets aufwuchs und später als Lehrer arbeitete. Seit fast 50 Jahren wohnt Wilfried Lieck jetzt in Lüdenscheid. Gerne hätte der Jubilar frühere Tischtennis-Weggefährten wie Schöler, Hendriksen oder Bernie Vossebein zu einer großen Geburtstagsparty eingeladen. Doch die Pandemie machte einen Strich durch diese Rechnung. „Wir wollen mit drei Nachbarn feiern“, erklärte Lieck.
Selbst sein Sohn Stefan, mit dem Wilfried einst in der Bundesliga im Doppel antrat und der inzwischen als Rechtsanwalt in München arbeitet, wird wohl fernmündlich gratulieren. Der Deutsche Tischtennis-Bund schließt sich den zahlreichen Gratulanten an und wünscht dem „Meister des Blockballs" viel Glück, jede Menge Gesundheit und noch viele Siege mit Altena am Tischtennis-Tisch.