Frankfurt/Main. Was haben der Rheinhessische Tischtennis-Verband, der SC Konstanz-Wollmatingen, der TUS Rammersweier und Borussia Düsseldorf gemeinsam? Sie alle beschäftigen einen Bundesfreiwilligen. Was bedeutet der Bundesfreiwilligendienst (BFD) für Vereine und Verbände und welche Vorteile ziehen die Einsatzstellen und Freiwilligen daraus? Wir haben nachgefragt – bei Tischtennis-Clubs und -Verbänden.
"Vereine haben hoch motivierte und engagierte Teamplayer"
Eine Vorreiterrolle in Sachen BFD spielt der erfolgreichste deutsche Tischtennisverein Borussia Düsseldorf. Seit 1995 arbeitet der Rekordmeister, bei dem auch Timo Boll unter Vertrag ist, bereits mit Zivildienstleistenden zusammen. Nach der Abschaffung des Zivildienstes im Jahr 2011 beschäftigt die Borussia nun Bundesfreiwillige. „Wir sehen es als unsere Aufgabe an, unseren großen Erfahrungsschatz an junge, engagierte und sportinteressierte Tischtennisspieler weiterzugeben. Die BFDler bereichern unseren Verein und sind in der Jugendarbeit, in den Kooperationen mit den umliegenden Schulen und auch in der Umsetzung von Alltagsaufgaben in unserer Verwaltung schon seit Jahren nicht mehr wegzudenken. Sie bleiben der Borussia-Familie sogar über ihre Dienstzeit erhalten und unterstützen uns bei diversen Aktivitäten“, sagt Matthias Ernst, der BFD-Ansprechpartner bei der Borussia. Er sieht Vorteile für Einsatzstelle und BFDler. „Beide Seiten profitieren sehr voneinander: Die BFDler lernen speziell die sogenannten Soft Skills, wie z.B. den Umgang mit Menschen, das Verhalten in Hierarchien, die Mitarbeit in einer Gruppe, als auch selbstverantwortliches Handeln und vieles mehr – alles Dinge, die später im Arbeitsleben unabdingbar sind. Und die Vereine haben im Gegenzug hoch motivierte und engagierte Teamplayer im Vereinsgefüge, die viele Aufgaben übernehmen können und stets Neuerungen in oftmals ältere Strukturen bringen“, betont Ernst.
SC Konstanz-Wollmatingen: kleiner Verein, große Wirkung
Wie auch ein kleinerer Verein als der Krösus Borussia Düsseldorf im Bundesfreiwilligendienst Fuß fassen kann, zeigt das Beispiel des SC Konstanz-Wollmatingen. Abteilungsleiter Peter Binninger blickt zunächst zwei Jahre zurück. „Wir waren damals eine kleine Tischtennisabteilung mit drei Herren- und zwei Jugendmannschaften, als wir von der Möglichkeit des Bundesfreiwilligendienstes erfuhren. Da damals gerade ein Abiturient in unserer Abteilung versuchte, das Jugendtraining zu intensivieren und er sich für das Thema interessierte, beschlossen wir, die Sache in Angriff zu nehmen“, erzählt Binninger, der heute bilanziert: „Mit sieben Schulen aus dem näheren Umkreis gingen wir Kooperationen ein. Für unsere Jugend war der täglich verfügbare Trainer natürlich ein großer Gewinn. Wir konnten zusätzliche Hallenzeiten bekommen und nun neun bis zehn Stunden Jugendtraining pro Woche anbieten anstatt bis dato vier Stunden. Das Ergebnis dieser intensiven Trainingsarbeit ließ nicht lange auf sich warten. Unsere erste Jugendmannschaft stieg innerhalb eines Jahres von der Kreisklasse in die Landesliga auf. Wir gründeten eine dritte und vierte Jugendmannschaft“, erzählt Binninger. Der Bundesfreiwilligendienst beim SC soll auch in Zukunft fortbestehen. „Mittlerweile sind wir optimistisch, dass wir unsere Freiwilligenstelle auch in den kommenden Jahren aufrechterhalten können. Viel hängt natürlich davon ab, ob sich auch in Zukunft geeignete Bewerber bei uns melden.“
Aus Sicht Binningers sammeln die Freiwilligen unschätzbare Erfahrungen während ihres in der Regel einjährigen Engagements. „Für junge Leute ist der Bundesfreiwilligendienst im Tischtennis eine hervorragende Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Selbständiges Arbeiten, selbstbewusstes Auftreten, Motivieren und Führen von Teams, dies alles sind Kenntnisse, die man in der Schule nur bedingt erwerben kann, die aber sehr wichtig sind im späteren Berufsleben. Beim Bundesfreiwilligendienst lernt man dies alles praktisch nebenbei.“
BFD – Gerade in der heutigen Schullandschaft sinnvoll
G8, Ganztagsschulen, AGs: Auf die veränderte Schullandschaft müssen sich Vereine einstellen, wenn sie in Sachen Nachwuchsarbeit am Ball bleiben wollen. Eine Tischtennis-AG findet häufig schon am frühen Nachmittag statt, einen Trainer oder Übungsleiter für diese Zeit zu finden, fällt den meisten Vereinen schwer. So auch dem 1. BSV Wulferdingsen, der zur Saison 2013/2014 erstmals einen Bundesfreiwilligen einstellte. „Da immer mehr Schulen den offenen Ganztag anbieten, wir aber bisher in dieser Zeitschiene keine Übungsleiter zur Verfügung hatten, haben wir in diesem Jahr erstmals von der Möglichkeit des Bundesfreiwilligendienstes Gebrauch gemacht“, sagt der Vorsitzende Norbert Augustin. Der Bundesfreiwillige beim BSV Wulferdingsen kümmert sich nicht nur um den Tischtennis-Nachwuchs, sondern bringt den Schülern auch Volleyball und Basketball näher. Zudem sei der BFDler in die Vereinsverwaltung eingebunden und damit eine enorme Entlastung, so Augustin. Ein weiterer Effekt: „Durch die Maßnahmen im offenen Ganztag und den Kooperationen mit den Schulen können wir auch mehr Öffentlichkeitsarbeit betreiben als vorher.“
Der TUS Rammersweier hatte bereits gute Erfahrungen mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) gemacht, jetzt setzt der Verein auf den BFD. „Unsere Jugend hat in den letzten Jahren immer mehr Zuwachs bekommen. Für unsere ehrenamtlichen Helfer bedeutete das aber immer mehr Arbeit“, nennt Jonas Hansert vom TUS Rammersweier die Gründe. „Wir haben durch den Einsatz des BFDlers im Sportunterricht und der Nachmittagsbetreuung einen sehr engen Kontakt zu den benachbarten Grundschulen, was gemeinsame Aktionen wie mini-Meisterschaften deutlich erleichtert. Ohne einen BFDler wäre es für uns auch nicht möglich, AGs am frühen Nachmittag anzubieten“, betont Hansert.
BFD auch für Verbände interessant - Beispiel BTTV
33 Bundesfreiwillige leisten derzeit ihren Dienst unter der Trägerschaft des DTTB in Vereinen und auch Verbänden ab, etwa beim Bayerischen Tischtennis-Verband. „Wir können die anfallenden und umfangreichen Aufgaben (Bundesstützpunkt, Lehrgänge, Camps, Organisation) durch die personelle Unterstützung besser bewältigen“, sagt Krisztina Toth, Referentin für Leistungssport im BTTV. „Der BFDler ist sehr flexibel einsetzbar, macht beim Kaderlehrgang mit, unterstützt das Training im Leistungszentrum, hilft viel bei den organisatorischen Aufgaben, begleitet die Spieler (Arztbesuch, Lernen, Fahren…), unterstützt uns tatkräftig bei den anfallenden Aufgaben. Er kann dadurch wirklich wertvolle Erfahrung in der Praxis sammeln“, sagt Toth.
Ansprechpartner und Wissenswertes zum Bundesfreiwilligendienst
Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) wurde im Jahr 2011 als „Ersatz“ für den Zivildienst eingeführt. Das besondere dabei: Es gibt keine Geschlechter- oder Altersgrenzen. Frauen und Männer jeden Alters können den BFD nach Erfüllung der Vollschulzeitpflicht absolvieren. Der BFD kann auch im Bereich Sport (Vereine, Verbände, Kreise usw.) absolviert werden, so zum Beispiel im Tischtennis. Die Bundesfreiwilligen erhalten ein festgesetztes Taschengeld von 300 Euro im Monat, haben Anspruch auf 25 Bildungs- und 26 Urlaubstage. Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) organisiert die Bildungstage, die BFDler haben außerdem die Möglichkeit, die Trainer-C-Lizenz zu erlangen.
Sie sind am Bundesfreiwilligendienst im Tischtennis interessiert und können sich vorstellen, eine BFD-Einsatzstelle einzurichten? Der DTTB ist als Träger des BFD anerkannt, koordiniert zwischen der Einsatzstelle und den Freiwilligen, unterstützt in Vertragsfragen, leistet Hilfestellungen und bietet auf seiner Website (www.tischtennis.de/bfd) eine Stellenbörse an. Kontaktieren Sie am besten unseren Ansprechpartner Daniel Hofmann (E-Mail: bfd.dttb@tischtennis.de / Telefon: 069-69 50 19 26)