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Hans Wilhelm Gäb (Foto: BP)
Die virtuelle Geburtstagsfeier zu seinem 70. war eine genial-revolutionäre Idee, jetzt ist sie für Hans Wilhelm Gäb Pflicht

Die moralische Instanz wird 85

Peter Hübner 30.03.2021

Hofheim. Die hellseherischen Fähigkeiten des Hans Wilhelm Gäb waren bisher nicht so bekannt, sind aber erstaunlich. Der frühere Präsident und heutige Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) hatte vor 15 Jahren eine für die damalige Zeit fast revolutionäre Idee. Anlässlich seines 70. Geburtstages schlug der angesehene Sportführer und Automobil-Experte in einer ebenso bemerkenswerten wie launigen Nicht-Einladung unter dem Titel „Bitte nicht kommen“ eine andere Lösung vor. „Wir feiern meinen Geburtstag virtuell“, hieß in dem Schreiben an seine zahlreichen Freunde, Verwandten, Bekannten und Weggefährten, die ihm persönlich gratulieren wollten.

Wenn nun Gäb, der als einer der profiliertesten Personen im deutschen Sport gilt, am Mittwoch (31. März) seinen 85. Geburtstag begeht, findet abermals keine große Feier statt. „Damals war es freiwillig, diesmal ist es zwangsweise“, kommentierte der Jubilar die verblüffende Parallele. Das Covid-19-Virus macht für ihn keine Ausnahme. „Ich werde mich an die Regel halten und mich den Vorschriften der Regierung beugen“, fügte der gebürtige Düsseldorfer hinzu. Seit einigen Jahren leben Gäb und Ehefrau Hella in Hofheim am Taunus, wo er im kleinsten Familienkreis einen Geburtstag feiern wird, der für ihn kein richtig runder ist.

„Agil wie eh und je, geschätzter Impuls- und Ratgeber“

Wegen einer schweren Lebererkrankung musste der frühere Tischtennis-Nationalspieler und deutsche Ex-Meister im Doppel, Mixed und mit dem PSV Borussia Düsseldorf zu Beginn der 1990er-Jahre einige seiner zahlreichen Ämter aufgeben. Nach mehreren Operationen lebt er seit 26 Jahren mit einem Spenderorgan. Die Frage nach der Gesundheit ist schon deshalb bei ihm mehr als nur eine Höflichkeitsfloskel. Gäb, der auch in Wirtschaftskreisen als früherer Automanager bei Ford und Opel 

einen guten Ruf genießt, beantwortete sie pragmatisch. „Ich war noch vor einigen Tagen in Stuttgart, habe dort für meine Frau und mich ein neues Auto gekauft und bin damit nach Hause gefahren. Ich bin also mobil, stellte er kurz und prägnant fest. Nach der erfolgreichen Lebertransplantation 1994 war er voller Tatendrang auf die große Sportbühne zurückgekehrt und hatte unter anderem von 2005 bis 2007 als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Sporthilfe amtiert. 

„Hans Wilhelm Gäb ist dem Sport weit über die eigene sportliche Karriere hinaus auf wertvolle Weise verbunden geblieben. Wir gratulieren ihm im Namen von Sportdeutschland herzlich und wünschen ihm weiterhin viel Gesundheit und Energie“, erklärte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Trotz seiner vielfältigen Sport-Interessen ist Gäb bis heute dem Tischtennissport auf besondere Weise verbunden. „Er ist agil wie eh und je, zudem ein geschätzter Impuls- und Ratgeber. Regelmäßig nimmt er an unseren Präsidiumssitzungen teil und verfolgt intensiv neben dem nationalen auch das internationale Geschehen“, würdigte DTTB-Präsident Michael Geiger den unermüdlichen Einsatz.

Borussia und Boll

Auch die Geschicke seiner Borussia Düsseldorf verfolgt Gäb hautnah und engagiert, war zuletzt auch Zuschauer beim Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Meister 1. FC Saarbrücken TT und dem Düsseldorfer Rekordmeister, wo er auch Mitglied des Aufsichtsrates ist. „Zudem kümmere ich mich um Timo Boll und seine Geschicke. Bei ihm kommt es mit Blick auf Olympia darauf an, wie er seinen Körper unter Kontrolle kriegt“, erzählte Gäb über den deutschen Topspieler, der vor drei Wochen seinen 40. Geburtstag gefeiert hatte. Für Boll ist Gäb Vertrauter, Freund und Berater zugleich. „Hans steht mir nach so vielen Jahren immer noch mit Rat und Tat zur Seite. Es ist bemerkenswert, wie er immer noch für den Tischtennissport lebt. Das muss wahre Liebe sein“, so der Rekord-Europameister.

Mit großer Sorge beobachtet der Sportfunktionär Gäb den aktuellen Streit im Weltverband ITTF, wo der amtierende ITTF-Präsident Thomas Weikert nicht mehr das uneingeschränkte Vertrauen der übrigen Führungsmitglieder genießt. Intern ist das für Gäb ein Aufregerthema, auch wenn er sich „gehemmt fühle“, darüber zu sprechen.

Dabei versteht es der gelernte Journalist wie kaum ein anderer Funktionär, druckreif zu formulieren und seine Ansichten klar zu vertreten. Diese große Meinungsstärke kam in seiner Amtszeit als DTTB-Chef nicht immer und nicht bei allen Mitstreitern gut an. Im Laufe der Jahrzehnte ist der Wortführer vielleicht einen Tick diplomatischer geworden. Zu der Frage, welchen Sinn Olympische Spiele ohne ausländische Besucher im Zeitalter der Pandemie haben, hielt sich das Geburtstagskind bedeckt: „So viele schlaue Leute haben schon dazu etwas gesagt. In dieser Sphäre fühle ich mich nicht mehr zu Hause.“

Herzensangelegenheiten „Sportler für Organspende“ und KiO

Umso engagierter mag Gäb über die Arbeit der von ihm gegründeten Organisationen „Sportler für Organspende“ sowie „Kinderhilfe Organtransplantation“ reden. „Da wird noch zu wenig getan. Das ist eine lohnende Aufgabe“, sagte Gäb mit einem Hinweis für mögliche virtuelle Gratulanten.

Erst im vergangenen November war er als einziger Vertreter des Tischtennissports neben Eberhard Schöler in die „Hall of Fame des deutschen Sports“ aufgenommen worden und wurde von der Deutschen Sporthilfe als Gesicht für fairen und sauberen Sport mit der Goldenen Sportpyramide ausgezeichnet. Laudatorin war die frühere Weltklasse-Schwimmerin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Sporthilfe, Franziska van Almsick, die mit Gäb schon seit ihrer Karriere als Leistungssportlerin eng verbunden ist. „Er war ein großartiger Sportler, ein erfolgreicher Tischtennisspieler und hat sich schon immer für die Sport eingesetzt“, lobte die Schwimmlegende. „Er war immer sehr engagiert im Sport und hat immer geholfen und war immer sehr engagiert. Und er ist einfach ein toller Mensch.“

Hans Wilhelm Gäbs Ämter im Sport

  • Nationales Olympisches Komitee für Deutschland und Stiftung Deutsche Sporthilfe: Präsidiumsmitglied bzw. stellvertretender Vorsitzender des Vorstands: 1988 (–1991)
  • Chef de Mission der deutschen Olympia-Mannschaft 92 (Nominierung aus gesundheitlichen Gründen nicht realisiert)
  • ITTF-Vizepräsident Europa 92-94
  • ETTU-Präsident 92-93, ETTU-Ehrenmitglied seit 2015
  • DTTB-Präsident 81-94
  • DTTB-Vizepräsident 79-81
  • DTTB-Ehrenpräsident seit 94
  • WTTV-Sportwart 65-69
  • Stiftung Deutsche Sporthilfe: Stellvertretender Vorsitzender 91, Kuratoriumsmitglied seit 82, erneut Vorstandsmitglied 1998-2005, Vorstandsvorsitzender 2005-2007, Aufsichtsratsvorsitzender 2007-2009, seitdem Ehrenvorsitzender
  • Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Sport-Marketing GmbH 2005-2009
  • Gründer des Vereins Sportler für Organspende und der Kinderhilfe Organtransplantation
  • Mitglied im Verwaltungsrat des deutschen Tischtennis-Rekordmeisters Borussia Düsseldorf
  • Mitglied im Verwaltungsrat des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München

Ehrungen und Auszeichnungen

  • Preisträger der Goldenen Sportpyramide und damit verbundene Aufnahme in die "Hall of Fame des deutschen Sports" (2020)
  • Preis für „Integrität“ der deutschen „Werte-Stiftung“ (2015)
  • Deutscher Fundraising-Preis (2009)
  • Goldenes Band der Sportpresse (2008)
  • Ehrennadel des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB (2007)
  • Ehrennadel des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB (2007)
  • Träger des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2006)
  • Olympischer Orden des IOC (2006, aus Protest gegen IOC-Doping-Politik 2016 zurückgegeben)
  • „Hall of Fame“ des Fachverbands für Sponsoring (2006)
  • Auszeichnung als Medienperson des Jahres im Sport (Laureus Medienpreis 2005)
  • „Goldene Brücke“ der Deutschen Public Relations Gesellschaft (1998)
  • Sportmarketing-Mann des Jahres (1996)
  • Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1996)

Beruflicher Werdegang

  • Gründung und Chefredakteur der Auto-Zeitung 1968-72
  • Ford-Werke Köln: Pressechef 1973-74, Direktor für Öffentlichkeitsarbeit (Vorstand) 1974-81,
  • Adam Opel AG Rüsselsheim: Vorstand 1982-86, Aufsichtsrat 1987-98, dessen Vorsitzender 1997-98, Vizepräsident General Motors Europe 1986-98

Sportliche Erfolge

  • 13 Länderspiele
  • WM-Teilnahme 1959 (9. Platz Mannschaft)
  • EM-Teilnahme 1960, 1962 - 1962 Einzug ins Viertelfinale im Herren-Doppel
  • Sieger im Herren-Doppel bei den Internationalen Meisterschaften der Niederlande 1961 und 1962
  • Deutscher Meister im Herren-Doppel 1958, 1960 und im Gemischten Doppel 1961, 1962
  • Deutscher Mannschaftsmeister 1961 und 1969

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