Durban. Eine WM-Medaille haben die Deutschen schon sicher. Am Freitagnachmittag legen Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska gegen Jang Woojin/Lim Jonghoon aus Südkorea fest, ob es mehr wird als Bronze. Im Einzel kämpft im Anschluss am Nachbartisch Ying Han um den Einzug in die Runde der besten Vier. Das erste Gold im ICC Durban ist zuvor im Mixed vergeben worden. Die Titelfavoriten Wang Chuqin/Sun Yingsha aus China setzten sich im Finale in drei glatten Sätzen gegen die an Position zwei gesetzten Japaner Tomokazu Harimoto/Hina Hayata durch.
Herren-Doppel, Halbfinale, 14.40 Uhr, Tisch 2
Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov - Jang Woojin/Lim Jonghoon KOR 2:3 (-7,5,8,-9,-5)
Franziska: „Wir sind sehr enttäuscht, weil die Chance riesig war, ins Finale zu kommen. Nach dem 2:1 haben sie ein, zwei Bälle mehr auf den Tisch gespielt. So einfach ist das. Wir hatten ein paar Schlüsselszenen: Im ersten Satz habe ich auf die Banane von Lim 0:6 gespielt. Die hat uns überrascht. Dima hatte bei 9:10 im Vierten einen Ball liegen, den er 99 von 100 Mal trifft. Dann noch mein Fehlaufschlag im letzten Satz. Diese drei Dinger sind gegen ein überragendes Weltklasse-Duo bitter. Wir haben insgesamt bei der WM einen mega Doppelwettbewerb gespielt und auch heute wieder ein super Spiel gemacht.“
Ovtcharov: „Es ist toll für uns und für Deutschland, eine Doppel-Medaille geholt zu haben. Das hatte mit Sicherheit niemand erwartet. Wir sind jetzt aber echt enttäuscht. Wir haben heute unser bestes Doppel gespielt, unsere beste Leistung gezeigt und waren zwischenzeitlich besser als unsere Gegner, die ja saustark sind. Im Vierten kamen wir noch mal stark ran. Ich hatte das Gefühl, dass sie echt nervös sind. Lim hat den Ball leicht wie einen Streifschuss angezogen, so hoch, aber mit sehr viel Spin. Darauf habe ich dann den ärgerlichen Fehler gemacht. Im letzten Satz setze ich bei 4:3 einen Gegenspin zwei Millimeter ins Aus, bei 4:4 war mein Flip ein bisschen zu vorsichtig. Danach bei 4:5 der Fehlaufschlag. So sind drei unserer Punkte weggegangen. Es folgten zwei schlechte Rückschläge von mir, und dann steht es 4:8 – das war die ärgerliche Mitte des fünften Satzes. Diese Punkte haben wir ihnen gegeben, ohne dass sie groß etwas gemacht haben. Dann sind wir eingeknickt, was wirklich schade ist, denn ansonsten haben wir sehr stark gespielt. Wir hätten es heute auch verdient gehabt zu gewinnen.
Franziska: „Heute Abend wird auf jeden Fall gefeiert. Wir hatten beide noch keine Doppelmedaille. Die gab’s auch schon lange nicht mehr für den Deutschen Tischtennis-Bund. Wir sind gerade beide echt enttäuscht, aber heute Abend schütteln wir das ab und nehmen ein Kaltgetränk auf Bronze.“
Timo Boll: „Es ist super schade. Es sah nicht schlecht aus, und gerade dafür, dass sie nicht wirklich vorher zusammen trainiert hatten, haben sie verdammt gut gespielt. Im Halbfinale war mehr drin. Die beiden haben ein gefährliches Spiel mit sehr viel Durchschlagskraft. Diese Anti-Serie im fünften Satz ist sehr ärgerlich, sonst wäre es vielleicht zu mehr gekommen.“
Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf: „In der ergebnisorientierten Analyse haben wir uns mehr erhofft, aber das haben wohl die meisten Nationen. Am Ende haben wir hier eine Medaille geholt, und das ist ein herausragendes Ergebnis. Bei den Damen haben wir sehr stark gespielt, und mit der Medaille für dieses Doppel hat niemand gerechnet, auch wenn die Jungs in jede Partie mit viel Selbstvertrauen gegangen sind. Natürlich kann man sagen, wir hätten im Einzel ein, zwei Spiele mehr gewinnen müssen. Ich sehe es aber realistisch: Es waren jeweils Spiele gegen Gegner, die an dem Tag sehr, sehr gut gespielt haben. Wir wissen, dass wir, um zu steigern, viele Trainingssessions brauchen, um die Spieler insgesamt auf ein noch besseres Niveau zu bringen.
Deutschland hat jetzt zum vierten Mal hintereinander eine Medaille bei Individual-Weltmeisterschaften gewonnen und seit 1989 gefühlt bei jeder großen Veranstaltung einen großen Erfolg, eine Medaille geholt haben. Das steht auf jeden Fall.
Dass wir im Einzel drei Spiele im siebten Satz verloren haben, lag nicht am Quäntchen Glück, sondern an der fehlenden Substanz, am Ende noch mal etwas zulegen zu können. Vor allem im siebten Satz haben sie viele einfache Fehler gemacht, die nicht passieren dürfen, vor allem dann nicht, wenn man die zweitbeste Nation der Welt ist und den Anspruch hat, gut zu spielen. Wir wissen, warum es passiert ist und werden daran arbeiten. Eine WM-Spielanalyse ist gut und wichtig, aber entscheidend ist, was in der Trainingshalle passiert. Da haben wir aufgrund des überfrachteten Terminkalenders der Spieler zu wenig machen können.
Bei den großen Meisterschaften gibt es immer viele Überraschungen und am Ende oft nur ein, zwei Bälle, die über Sieg und Niederlage entscheiden. Über die letzten 30 Jahren haben wir diese ein, zwei Bälle oft auf unserer Seite gehabt. Wir haben auch hier wieder eine Medaille geholt.
Europa muss generell daran arbeiten, dass nicht zu viele Asiaten oben auf dem Treppchen stehen. Wir wissen, dass es viele gute Nationen auch in Europa gibt. Wir sind die Letzten, die sagen, bei uns ist immer alles gut, sondern wir gehen jedes Mal mit viel Demut in ein Turnier, ob bei den European Games, den Europameisterschaften oder im nächsten Jahr bei den Olympischen Spielen. Man muss immer viel Herzblut hineinlegen, um am Ende eine Medaille zu holen.
Die WM war insgesamt gut organisiert. Die Südafrikaner haben sich sehr viel Mühe gegeben, und es hat uns großen Spaß gemacht, hier zu spielen.“
Halbfinale, 19.10 Uhr, Tisch 1
Fan Zhendong/Wang Chuqin CHN - Cho Daeseong/Lee Sang Su KOR
Damen-Einzel, 15.20 Uhr, Tisch 1
Ying Han - Sun Yingsha CHN 0:4 (-6,-8,-6,-5)
Han: „Sie stellt sich unheimlich schnell auf mein Spiel ein und hat auch heute wieder technisch und taktisch hervorragend gegen mich gespielt. Ich war von Anfang an gegen sie so unter Druck, dass ich keine Gelegenheit hatte, mal etwas Neues auszuprobieren, das sie überrascht hätte. Das hatte ich mir eigentlich vorgenommen. Wenn man gegen sie aber ein paar Punkte macht, denkt man schnell, man spielt mal besser auf Sicherheit. Im Endeffekt ist das aber nicht die richtige Taktik.
Ich bin super glücklich, dass ich bei dieser WM unter die letzten Acht gekommen bin. Am Ende gegen die Nummer eins der Welt zu verlieren, ist völlig okay.
Mein Mann hat vorher gesagt, ich dürfe morgen nur einen Ausflug machen, wenn ich gegen Sun Yingsha mindestens einen Satz gewinne. Beim WTT Champions Macao habe ich gegen sie zwei Sätze gewonnen. Dann nehme ich einfach die!“
Damen-Bundestrainerin Boros: „Gegen Sun Yingsha ist es für Ying ähnlich schwierig wie gegen Mima Ito. Das Viertelfinale bei einer WM ist aber ein wirklich super Ergebnis. Seit einem Jahr spielt Ying absolut stabil.
Ich bin insgesamt sehr zufrieden mit dem Abschneiden der Damen. Genau wie Ying hat Nina wirklich sehr gut gespielt. Für sie war gegen Wang Manyu in den zwei Sätzen, die sie gewonnen hat, wichtig zu sehen, dass sie mit den besten Chinesinnen mithalten kann. Annett hat gegen Hirano zwei Sätze gewonnen. Das ist ebenfalls sehr gut. Nana hatte es gegen Chen Meng sehr schwer. Für Sabine war die Niederlage gegen Monfardini natürlich schade.
Das Doppel müssen wir noch viel mehr trainieren. Bis zu den Olympischen Spielen in Paris haben wir noch ein Jahr Zeit. Bis dahin müssen wir viel besser sein.“
Finale im Mixed, Freitag, 13 Uhr
Tomokazu Harimoto/Hina Hayata JPN - Wang Chuqin/Sun Yingsha CHN 0:3 (6,2,7)
Zum kostenlosen WTT-Livestream bei YouTube
Bronze
Lin Shidong/Kuai Man CHN (1:3 gegen Harimoto/Hayata JPN)
Wong Chun Ting/Doo Hoi Kem HKG (2:3 gegen Wang Chuqin/Sun Yingsha CHN)