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Das Team Ethik: Michael W. Müller, Brigitte Zypries, Herbert Dierker (v.l., Montage: DTTB)
Die Mitglieder der neu gegründeten Ethik-Kommission des DTTB erklären im Interview unter anderem, wofür das Gremium zuständig ist

Die Sportler schützen

SH 02.04.2021

Frankfurt/Main. Schon die Besetzung ist hochkarätig: Mit Brigitte Zypries steht sogar eine ehemalige Bundesministerin an der Spitze der Ethik-Kommission des DTTB. Das dreiköpfige Gremium soll das Präsidium in Fragen der guten Verbandsführung beraten. Außerdem soll die Ethik-Kommission bei Anhaltspunkten auf oder bei Verstößen gegen den Ethik-Code eingreifen. Welche das sein können, darüber sprechen die drei Mitglieder der Kommission im Interview – und erzählen auch, welche persönliche Verbindung sie zum Tischtennis haben.

Frage: Nach dem Turner-Bund ist der DTTB der zweite Sportverband, den Sie in der Ethik-Kommission unterstützen. Im Verein geturnt oder Tischtennis gespielt haben Sie aber nicht, Frau Zypries. Was ist Ihre Verbindung zum Sport?
Brigitte Zypries:
Von 1998 bis 2002 war ich im Bundesinnenministerium als beamtete Staatssekretärin für den Sport zuständig. Das hat mir das Engagement hunderttausender Ehrenamtlicher im Sport sehr oft deutlich vor Augen geführt. Diese Struktur unterstütze ich gerne, denn sie muss erhalten werden. 

Herr Dierker und Herr Müller, wie haben ja selbst gespielt. Wo eigentlich und wie ambitioniert? Und leider auch: Warum jetzt nicht mehr?
Dr. Herbert Dierker:
Ganz früh bin ich Anfang der 60er-Jahre in einem kleinen Dorf bei Osnabrück durch meine Freunde zum Tischtennis gekommen. Damals haben wir in einem Keller unter sehr einfachen Bedingungen im Jugendheim der Kirchengemeinde Tischtennis gespielt. Der nicht zu unterschätzende, große Vorteil aber war, dass wir diesen Raum immer zur Verfügung hatten und täglich spielen konnten. Dennoch war der Bau einer Schulturnhalle im Jahr 1968 für uns Spieler und den Verein Spvg. Niedermark ein großes Glück.
In meinen Jugendjahren war ich im norddeutschen Bereich recht erfolgreich. Bis Ende der 80er-Jahre habe ich in den Vereinen Spvg. Niedermark, VfL Osnabrück und Tennis Borussia Berlin gespielt – an damals noch üblichen Aufstiegsspielen von der Verbandsliga bis zur Bundesliga habe ich teilgenommen. Auch als Trainer war ich in dieser Zeit parallel in verschiedenen Vereinen tätig. In einem der ersten Lehrgänge des DTTB habe ich 1977 die A-Trainer-Lizenz erworben. Leider konnte ich aufgrund von Verletzungen dem Tischtennisball später nicht mehr hinterherjagen.
Ganz besonders freue ich mich darüber, dass der DTTB mit Unterstützung des Landes Berlin in meiner Zeit als Abteilungsleiter Sport mehrere Internationale Deutsche Meisterschaften in Berlin veranstaltet hat.

Dr. Michael W. Müller: Ich habe mit etwa zehn Jahren angefangen, Tischtennis zu spielen - erst mit Freunden auf der Steinplatte, dann bald im Verein, beim TSV Schleißheim im Münchener Norden. In der Jugend habe ich ein paar kleinere Turniere gewonnen - meistens im Doppel. Bis vor ein paar Jahren habe ich in den Herrenmannschaften des Vereins gespielt, zuletzt in der Bezirksliga. In besonders guter Erinnerung habe ich auch noch meine Studienzeit in England – dort konnte ich mit meiner Mannschaft die College-Liga in Cambridge gewinnen. Tischtennis hatte für mich immer etwas Verbindendes, weil man ganz viele Menschen unterschiedlichster Altersgruppen und Herkunft kennenlernt und mit ihnen auch über den Sport hinaus ins Gespräch kommt. Leider habe ich mich bei einem Fahrradsturz am Handgelenk verletzt und arbeite seitdem an meinem Comeback im Wettkampfsport. Momentan verzögert die Corona-Pandemie dies leider noch etwas.

Die neue, vom DTTB unabhängige Ethik-Kommission soll verantwortliches Handeln auf der Grundlage von Transparenz, Integrität, Rechenschaftspflicht sowie Partizipation als Prinzipien der Good Governance überwachen. Wie überwacht man denn in der Praxis die gute Verbandsführung, Frau Zypries?
Zypries:
Tja, das ist eine gute Frage. Wir werden nur auf Anfrage bzw. Mitteilung tätig werden. Generell gehen wir davon aus, dass jede Gliederung des Verbandes die von Ihnen genannten Grundsätze einhält. Wenn aber jemand auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam wird, sollte er oder sie sich an uns wenden. Dann können wir schauen, ob und wenn ja in welcher Weise Abhilfe geleistet werde kann.

Ihre dreiköpfige Kommission soll das DTTB-Präsidium auch in Fragen der guten Verbandsführung beraten und bei Anhaltspunkten auf oder bei Verstößen gegen den Ethik-Code aktiv werden. Gibt es Probleme, die Sportverbände im Allgemeinen haben oder eher haben könnten als andere Institutionen?
Zypries:
Im Sport ist das Sponsoring eine feste Größe und natürlich können sich daraus immer wieder Probleme ergeben. Ebenso gibt es zahlreiche Verbindungen zwischen der Politik auf den verschiedensten Ebenen und dem Sport. Auch dies kann zu Fragestellungen und Überprüfungen Anlass geben. Ein weiters Thema ist die Abhängigkeit der Sportler von ihren Trainern im Hinblick z. B. auf Nominierungen für Wettkämpfe. Nicht zuletzt gibt es bei sehr vielen Sportarten das Thema Körperkontakt zwischen Trainern und Sportlerinnen und Sportlern, auf das wir alle ein Augenmerk richten müssen. Dort gilt es, durch Prävention möglichst jeden Übergriff zu verhindern. 

Nach einer langen und erfolgreichen Karriere in der Bundespolitik engagieren Sie sich seit mehreren Jahren auf verschiedenen Ebenen als Mitglied von Ethik-Kommissionen oder Ombudsfrau. Was ist Ihr Antrieb, sich als Juristin mehr als ein Berufsleben lang ständig mit Streitthemen verschiedenster Art auseinanderzusetzen?
Zypries:
Es geht bei der Ethik-Kommission ja nicht um Streit. Der DTTB hat sich ja selber das Ziel gesetzt, verantwortlich zu handeln auf der Grundlage von Transparenz und Integrität und strebt eine breite Partizipation an. Diese Ziele möchte ich unterstützen und hoffe, dass es nur produktiven Streit gibt (Lacht.).

Ganz praktisch: In welchen Fällen kann ich mich an die Ethik-Kommission des DTTB wenden?
Müller:
An die Ethik-Kommission können Sie sich wenden, wenn Sie Anhaltspunkte für Verstöße gegen den Ethik-Code des DTTB durch Bundesangehörige, d.h. die den Mitgliedsverbänden angeschlossenen Vereine, deren Mitglieder oder in den Organen des DTTB tätige Personen, oder durch Trainer, hauptamtliche und sonstige Mitarbeiter des DTTB anzeigen möchten. Der Ethik-Code soll alle, die mit der Arbeit des DTTB in Berührung kommen, vor Diskriminierungen und Belästigungen jeglicher Art schützen. Besonders wichtig ist uns dabei der Schutz der Spielerinnen und Spieler, die im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen. Der Ethik-Code verpflichtet den DTTB und seine Angehörigen und Mitarbeiter außerdem zu Nachhaltigkeit, Transparenz, Integrität und Fairness. Wenn Sie hier Anhaltspunkte für Fehlverhalten sehen, können Sie uns jederzeit vertraulich kontaktieren. Die genauen Bestimmungen finden Sie, ebenso wie unsere Kontaktadressen, auf der Internetseite des DTTB.

Was schätzen Sie, wie lange es dauert, bis Sie zu einer Entscheidung kommen? Inwiefern muss der Verband diese dann auch umsetzen?
Dierker:
Zunächst erweitert der DTTB mit der Gründung der Ethik-Kommission seine bisher bereits unternommenen Anstrengungen für eine gute Verbandsführung. Die Ethik-Kommission ist aufgrund der aktuellen Situation Ende des vergangenen Jahres zunächst kommissarisch berufen worden. Unmittelbar danach haben wir im Januar auch unsere Arbeit aufgenommen. Aktuell sind wir noch in der Orientierungsphase. Ich gehe aber davon aus, dass wir zeitnah bis zum späten Frühjahr konkret arbeitsfähig sein werden. Das heißt aber nicht, dass wir untätig bleiben, wenn aktuell ein Problem auftauchen sollte.

Frau Zypries, wie viele Menschen haben sich bislang bei den verschiedenen Institutionen an Sie als Mitglied einer Ethik-Kommission bzw. Ombudsfrau gewandt? Gibt es Beschwerden und Sorgen, die öfter vorkommen? Und die wir ggf. im Tischtennis zu erwarten haben?
Zypries:
Generell gilt, dass sich nur sehr selten Menschen mit konkreten Beschwerden an mich wenden. Dies mag daran liegen, dass es im Großen und Ganzen ganz gut läuft. Allerdings habe ich mich auch schon gefragt, ob der Grund nicht auch sein kann, dass die jeweiligen Institutionen die Existenz einer Ombudsfrau nicht hinreichend publik machen. Die Webseiten sind in der Regel nicht so gestaltet, dass man die Ombudsperson leicht findet.

Kennen Sie als Kommissionsmitglieder einander eigentlich schon persönlich? Und wie findet auf die räumliche Distanz nicht nur in Pandemie-Zeiten eine solch neue Kommission zusammen?
Müller:
Wir haben uns gleich nach unserer Einsetzung in einem gemeinsamen digitalen Meeting mit dem Präsidium kennengelernt und seitdem mehrmals zu Arbeitssitzungen per Video getroffen. Mittlerweile sind wir mit den digitalen Formaten ja alle vertraut; man kann dadurch auch die räumliche Distanz ganz gut überbrücken und trotzdem vertrauensvoll und offen zusammenarbeiten. Aber natürlich hoffen wir, dass wir uns bald auch einmal persönlich Treffen können. Vielleicht ist am Rande eines solchen Treffens sogar einmal eine kleine Partie Tischtennis möglich.

Die DTTB-Ethik-Kommission

Mit Brigitte Zypries hat eine der renommiertesten deutschen Politikerinnen der beiden vergangenen Jahrzehnte den Vorsitz der Ethik-Kommission übernommen. Die in Darmstadt lebende SPD-Politikerin war von 2002 bis 2009 Bundesjustizministerin, 2017 und 2018 leitete sie das Ministerium für Wirtschaft und Energie, nachdem sie zuvor vier Jahre lang das Amt der parlamentarischen Staatssekretärin bekleidet hatte.

Als Mitglied der Ethik-Kommission bzw. Ombudsfrau ist Zypries u.a. beim Deutschen Turner-Bund, Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen, dem großen Bildungs- und Sozialunternehmen CJD und auch in Streitfällen bei der Entschädigung für Dieselkunden im VW-Abgasskandal tätig.

Ihre Beisitzer in der DTTB-Ethikkommission sind Dr. Herbert Dierker und Dr. Michael W. Müller. Dierkers berufliche Tätigkeit reicht tief hinein in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Nach elf Jahren als Leiter der Sportabteilung bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport in Berlin ist er aktuell unter anderem als Lehrbeauftragter für Sportmanagement an der Uni Bayreuth sowie als Berater des Bundesinnenministeriums tätig. Zuvor hatte Dierker 13 Jahre an der Spitze der Führungsakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes wesentlich dazu beigetragen, dass diese heute als wichtigste Beratungsorganisation des organisierten Sports in Deutschland gilt. Die berufliche Arbeit wird aktuell durch verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten ergänzt, unter anderem als Vizepräsident Finanzen des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Berlin e.V.

Müller ist Jurist und habilitiert sich aktuell als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie in der Rechtsphilosophie. Er ist Mitglied der Auswahlkommission (Studienförderung) der Studienstiftung des deutschen Volkes.

So erreichen Sie die Ethik-Kommission

Kontakt zur Vorsitzenden
E-Mail: ombudsfrau@web.de (Brigitte Zypries)

Gemeinsamer Kontakt der drei Kommissionsmitglieder
E-Mail: ethikkommission-dttb@web.de (Brigitte Zypries, Dr. Herbert Dierker, Dr. Michael W. Müller)

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