Schritt für Schritt nach oben: TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell
Als Dritter im Bunde präsentiert sich in Dortmund ein Klub aus einer alten Bischofsstadt in Osthessen und hat - im Gegensatz zu den renommierten Konkurrenten - noch nicht einen einzigen Titel vorzuweisen. Bisher noch nicht! Beim Play-Off-Halbfinalisten der letzten beiden Jahre TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell geht es nämlich ganz gezielt nach oben, von Saison zu Saison steigert man sich.
Und man hat eine ungemein attraktive Mannschaft vorzuweisen mit dem hageren, sympathischen Chinesen Wang Xi als Spitzenspieler, den man ohne Übertreibung als einen der besten Defensivakteure der Welt bezeichnen kann. Der 25-jährige Spezialist für knappe Match-Ausgänge zählt nunmehr im dritten Jahr zu den TOP-3 der DTTL. Zudem straft Wang immer wieder aufs Neue die selbsternannten Experten Lügen, die meinten, ab der zweiten Saison würde es für den Verteidigungsspezialisten mit dem knallharten Vorhandangriff ungleich schwerer sein, da die gesamte Liga auf sein Spiel eingestellt und der Überraschungseffekt dahin sei.
Der schwedische Nationalspieler Robert Svensson darf als echter Teamplayer gelten und spielt gerade seine bisher beste Saison in Deutschland. Und dann gibt es da noch das Tischtennis-Genie schlechthin, den berühmten Jan-Ove Waldner. Der ?Mozart des Tischtennissports? hat zwar mittlerweile 44 Jahre auf dem Buckel, seine tolle Hand und das außergewöhnliche Ballgefühl kann ihm jedoch Keiner nehmen - das scheint angeboren. Die Figur Waldner besitzt zudem nach wie vor eine besondere Ausstrahlung und Anziehungskraft - so freut sich Fulda über einen Zuschauerschnitt von 1.040 Menschen pro Spiel und auch auswärts kommen viele Fans, allein schon um ?Waldi? in Aktion zu sehen. Beim FINAL FOUR werden die beiden ?alten Schweden? Waldner und Persson die prominentesten Akteure sein neben Superstar Timo Boll.
Eigentlich spielt man in Fulda - gemessen an der Vorsaison - in unveränderter Besetzung, dennoch hat man sich, zumindest auf dem Papier, verstärkt: Mit dem 41-jährigen Tischtennis-Promi Ma Wenge, bis 2008 Frickenhausener Galionsfigur und Publikumsliebling, hat man einen namhaften Neuzugang im Kader, der allerdings nur dann eingesetzt werden darf, wenn sein überaus erfolgreicher Landsmann Wang pausiert, was ganz selten der Fall ist. Komplettiert wird der Erstligakader durch Spielertrainer Qing Yu Meng, mittlerweile auch Sportdirektor beim TTC. Meng, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, ist inzwischen fast schon ein Fuldaer Urgestein. Der Linkshänder ist besonders als Doppelspezialist gefürchtet und kommt in der Liga meist dann zum Einsatz, wenn Not am Mann ist. Unlängst schlug er im Meisterschaftsspiel Grenzaus Patrick Baum, aktuelle Nummer 31 der Welt, und deutete an, wozu er noch fähig ist.
Die ?Marke? Fulda boomt, die Stadt darf als neue deutsche Tischtennis-Hochburg angesehen werden. Die Führungsriege um den Vorsitzenden Frauenholz und seinen Stellvertreter Schad ist stolz auf einen Pool von inzwischen fast 90 Sponsoren, die einen soliden Etat gewährleisten.
Stefan Frauenholz beschreibt die Stärken seiner Truppe: ?Die Leistung unserer Spieler, die immer alles geben, bis zum Umfallen kämpfen und sich mit dem Verein identifizieren, ist einer unserer Pluspunkte.? Einen Titelgewinn hält er für nicht ausgeschlossen ?Prinzipiell ist in dieser Form eigentlich alles möglich, natürlich müssten wir Düsseldorf als Gegner ausschalten, um ganz oben zu landen. In jedem Fall werden wir weiter mit Nachdruck am Ausbau der Tischtennis-Hochburg Fulda arbeiten.? Und ?Vize? Claus-Dieter Schad betont: ?Jetzt gilt die gesamte Konzentration dem Final Four. Unser Team hat sich einiges vorgenommen und wird alles geben.?
In ihrer fünften Bundesligasaison in Folge haben sich die Osthessen mittlerweile zum Düsseldorf-Verfolger Nummer eins gemausert und die Vorrunde mit 14:4 Zählern auf Rang zwei abgeschlossen. Im ETTU-Cup hegt man Titelambitionen und würde natürlich zu gerne auch beim DTTB FINAL FOUR in der Westfalenhalle ein dickes Ausrufungszeichen setzen. Wer die Maberzeller unterschätzt, ist selbst daran schuld!
Im Viertelfinale schalteten Wang Xi & Co. übrigens den Steger-Klub TTC Frickenhausen in einem rassigen Pokalfight aus und lösten damit das Ticket für Dortmund. Fulda wird sicher von zahlreichen Fans aus der ganz und gar ?tischtennisverrückten? Region nach Dortmund begleitet werden und sich stimmgewaltiger Anfeuerung erfreuen. Das Team wird als Geheimtipp gehandelt. Sollten Waldner und Kollegen tatsächlich die hohe Halbfinalhürde Ochsenhausen meistern - ein klassisches 50:50 Match -, wäre im Endspiel alles möglich, selbst ein Sieg gegen Rekordchampion Düsseldorf.
TTF LIEBHERR Ochsenhausen - Titel, Typen, Faszination
Das Kürzel TTF im Vereinsnamen TTF Liebherr Ochsenhausen steht eigentlich für "Tischtennisfreunde". Der ambitionierte Klub aus Oberschwaben übersetzt es in einer Promotion-Broschüre aber auch mit "Titel, Typen, Faszination". Faszinierendes Tischtennis und gestandene Spielertypen bietet man den Fans fraglos, während der letzte Titelgewinn doch immerhin bereits fünf Jahre zurückliegt - 2004 verbuchte man zuletzt einen von insgesamt drei deutschen Meistertiteln und setzte damals mit dem Gewinn des Ligapokals, der bisher dreimal nach Ochsenhausen ging, gleich noch einen drauf. Folglich wäre es an der Zeit, auch Teil eins des "Versprechens" einzulösen.
Das DTTB FINAL FOUR 2009 wäre die Gelegenheit für die Truppe des schwedischen Erfolgstrainers Anders Johansson, frühzeitig einen ganz wichtigen Titel einzufahren. Dazu müsste man im Halbfinale den Senkrechtstarter der bisherigen Saison aus Fulda besiegen und den Abwehrriegel des genialen Verteidigungs-Asses Wang Xi knacken - schwierig, aber nicht unmöglich.
In der Liga noch nicht so richtig in die Gänge gekommen - der derzeitige Mittelfeldplatz ist eigentlich inakzeptabel für den in unveränderter Besetzung spielenden Vizechampion und Königsklassen-Finalisten der Saison 2008/09 -, hat man unlängst in der Champions League gezeigt, wozu man mit unbedingtem Siegeswillen fähig ist. So wies man den Topfavoriten Niederösterreich mit Werner Schlager im alles entscheidenden Gruppenspiel in der ?Höhle des Löwen? in die Schranken und schaffte den Viertelfinaleinzug als Gruppensieger.
Der Verein setzt exakt auf die eingespielte Truppe der Saison 2008/09. In der Aufstellung Chuang Chih-Yuan, Adrian Crisan, Pär Gerell und Tiago Apolonia sollte das Johansson-Team auch in der Westfalenhalle ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Gerade der 23-jährige Portugiese Apolonia hat sich im letzten halben Jahr immens gesteigert, reihenweise internationale Topspieler bezwungen und kann als großer Hoffnungsträger der Oberschwaben gelten.
Deren ehrgeiziger, visionärer Boss Rainer Ihle hatte vor der Saison folgende Zielvorgaben formuliert: ?Wir wollen uns über die Liga für die Champions League qualifizieren, müssen also mindestens Dritter werden. Zudem wollen wir im Pokal das Final Four erreichen." Dort steht man nun und liebäugelt sogar mit dem Cupsieg. Ihle: ?Den Ligapokal zu holen, also das Final Four zu gewinnen, wäre vergleichsweise der ?einfachste? Weg, einen wichtigen Titel zu holen und ist an einem einzigen guten Tag zu packen.? Wenige Tage vor dem FINAL FOUR versichert Generalmanager Kristijan Pejinovic: ?Wir fahren positiv gestimmt nach Dortmund, ich glaube an unser Team. Wir können bei diesem Turnier sicherlich ein Ausrufezeichen setzen.? Und Trainer Anders Johansson bezieht eindeutig Position: ?Wenn man im Final Four steht, will man das Turnier auch gewinnen.? Rainer Ihle sieht auch noch den günstigen Nebeneffekt eines möglichen Cupgewinns: ?Der Pokalsieger ist automatisch für die Champions League in der kommenden Saison qualifiziert.?
Die solide, perspektivisch ausgerichtete Arbeit der Oberschwaben mit ihrer bestens funktionierenden Trainingsgruppe könnte sich auszahlen, vielleicht bereits in Dortmund. Als "Unterbau" hat man neuerdings auch noch das LZO - Leistungszentrum Ochsenhausen e.V. Dort sollen - unter Federführung von Rainer Ihle, Kristijan Pejinovic und Anders Johansson - internationale Talente mit großer Perspektive zu Topspielern geformt werden.
Beim DTTB FINAL FOUR jedenfalls zählen der Weltranglistenneunzehnte Chuang und seine Kollegen zum engsten Favoritenkreis. Allerdings wird die Tagesform der nicht immer konstanten TTF-Ballkünstler ausschlaggebend sein, ob man am Ende tatsächlich die Sektkorken wird knallen lassen können.
DTTL-Mediendienst; Dr. Stephan Roscher
Fotos: Roscher (Fulda), TTF Liebherr Ochsenhausen
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