Linz. Es war das Endspiel der Europameisterschaften vor zwei Jahren in München. In Linz war das Vorschlussrunden-Match zwischen Nina Mittelham und Sofia Polcanova mit seinen langen Rallyes zumindest drei Sätze lang absolut eines weiteren Finals würdig. Die Siegerin, wenn auch unter ganz anderen Umständen als 2022, als die Deutsche verletzt aufgeben musste, hieß erneut Sofia Polcanova.
Die 30-jährige EM-Lokalmatadorin gehört seit Jahren zu den besten Spielerinnen Europas. Die Linkshänderin verfügt eine brillante Spielübersicht, sehr gute Kontrolle vor allem mit der Rückhand, ausgestattet mit einem starken Rückhand-Topspin, und ist variabel im Aufschlagspiel. Wer fest spielt, darf ihr nicht auf den Schläger spielen, denn das ist Polcanovas Stärke. Leichter gesagt als getan, denn sie antizipiert wie wenige außer ihr, wo ihre Gegnerin den nächsten Ball hinspielen wird und hat zudem kurze Reaktionszeiten. So muss das sein, denn die Beinarbeit ist ebenso wenig ihre Stärke wie ihre Antworten auf Platzierungen in ihre Tischmitte und die weite Vorhand. Nina Mittelham versuchte es außerdem mit Tempo- und Rotationswechseln. Doch „die Wand“, wie die Spielerinnen Sofia Polcanova auch nennen, war bei ihrer Heim-EM diesmal für die Europe-Top-16-Gewinnerin von 2021 nicht zu durchdringen.
Mittelham: "Stolz auf meine Leistung bei dem Turnier"
„Ich bin schon etwas enttäuscht, aber am Ende war sie besser“, kommentierte Mittelham. „Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden und auch stolz auf meine Leistung bei dem Turnier. Ich habe aber gemerkt, dass ich körperlich noch nicht fit genug bin, um so ein Turnier durchzuspielen.“
Nina Mittelham bleibt neben der Bronzemedaille die Gewissheit, dass ihr körperlicher Leidensweg endlich ein Ende gefunden hat. Eine Bandscheibenverletzung hatte die 27-jährige Berlinerin bei den Olympischen Spielen in Paris, wo sie in herausragender Form angereist war, jäh aus dem Wettbewerb gerissen. Drei Wochen pausierte sie wegen der Schmerzen. Es folgte ein wochenlanges, nervenzehrendes Reha-Programm. Die Mühe hat sich gelohnt. Am 7. September hat sie zum ersten Mal wieder den Schläger in die Hand genommen, fast genau vier Wochen später in der Gruppenphase der Champions League das erste Match absolviert.
Bei der EM mit jeder Partie ein bisschen stärker
Bis zum EM-Beginn zeigte ihre Formkurve auch trotz des anfangs noch reduzierten Trainingsumfangs schnell steil nach oben. Im EM-Verlauf wurde sie mit jeder Partie ein bisschen stärker. „Wenn ich mein Niveau von heute mit dem Niveau vor drei Tagen vergleiche, liegen Welten dazwischen“, analysierte die gebürtige Willicherin. Für Polcanova hat es diesmal noch nicht gereicht. „Ich habe gute Sachen gespielt. Ein, zwei Bälle habe ich gut mitgespielt im Ballwechsel und auch immer Chancen bekommen, die dann aber nicht genutzt, weil ich mich nicht optimal bewegt habe.“
Einen kleinen Vorteil gleich zu Spielbeginn hatte Nina Mittelham ungenutzt gelassen. Ihre 10:8-Führung in Durchgang eins beantwortete die gebürtige Moldauerin, die im Alter von 14 Jahren allein nach Linz übergesiedelt war und ihrem Verein Linz AG Froschberg in der vergangenen Saison den 24. Nationalen Meister-Titel schenkte, mit vier Punkten in Folge. „Ich hätte den ersten Satz gewinnen müssen. Da habe ich besser gespielt. Das wäre dann ein anderes Spiel gewesen“, so Deutschlands Nummer eins.
Polcanova: Drei Wettbewerbe, drei Medaillen
So ist es Polcanova, die im Finale steht und dort auf ihre rumänische Doppelpartnerin und topgesetzte Einzel-Akteurin im Turnier, Bernadette Szöcs, treffen wird. Als Duo stehen sie im Finale. Die Österreicherin hat zudem schon Silber im Mixed mit ihrem Nationalteamkollegen Robert Gardos in der Tasche.
15 Jahre lang war Sofia Polcanova ihrem Verein, dem zweifachen Champions-League-Sieger Linz, treu. Seit April konzentriert sie sich auf ihre Einzelkarriere mit WTT-Tour und Nationalmannschaft. Bei Olympia stand sie als einzige Europäerin im Einzel-Viertelfinale. Die nächsten Früchte erntet sie jetzt gerade in Linz.
Nina Mittelham wird dranbleiben: „Die EM zeigt mir, dass ich nach Olympia auf dem richtigen Weg bin. Wenn ich jetzt schaffe, über längeren Zeitraum wieder trainieren kann und Spiele spielen kann, dann werde ich da oben wieder angreifen."
Damen-Halbfinale
Nina Mittelham - Sofia Polcanova AUT 1:4 (-10,-7,10,-4,-6)
Bernadette Szöcs ROU - Maria Xiao ESP 4:1 (3,-9,7,6,6)
Finale gegen 16.50 Uhr
Bernadette Szöczs ROU - Sofia Polcanova AUT
Damen-Doppel, Finale um 15.30 Uhr
Sofia Polcanova/Bernadette Szöcs AUT/ROU - Barbora Balazova/Hana Matelova SVK/CZE
Herren-Einzel
Hauptfeld: Dang Qiu (Borussia Düsseldorf, Weltranglistenplatz 13), Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT, WR: 12), Dimitrij Ovtcharov (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, WR: 16), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt, WR: 28)
Qualifikation: Andre Bertelsmeier (1. FC Köln, WR: 135), Fanbo Meng (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, WR: 151)
Damen-Einzel
Hauptfeld: Nina Mittelham (ttc berlin eastside, WR: 20), Sabine Winter (TSV Dachau, WR: 57), Annett Kaufmann (SV DJK Kolbermoor, WR: 103), Franziska Schreiner (TSV Langstadt, WR: 106), Yuan Wan (TTC Weinheim, WR: 108)
Qualifikation: Sophia Klee (TSV Langstadt, WR: 232), Mia Griesel (ttc berlin eastside, WR: 253), Elisa Nguyen (DJK Sportbund Stuttgart, WR: 501)
Damen-Doppel*
Hauptfeld: Annett Kaufmann/Nina Mittelham, Yuan Wan/Sabine Winter
Herren-Doppel*
Hauptfeld: Benedikt Duda/Dang Qiu
Qualifikation: Fanbo Meng/Andre Bertelsmeier
Gemischtes Doppel*
Qualifikation: Patrick Franziska/Annett Kaufmann, Andre/Bertelsmeier/Mia Griesel
*Pro Nation dürfen für die Doppel-Wettbewerbe maximal zwei Kombinationen gemeldet werden
Sportliche Leitung
Richard Prause (Sportdirektor)
Trainerteam Damen
Tamara Boros (Bundestrainerin Damen), Zoltan Batorfi (Assistenz-Bundestrainer Damen), Lara Broich (Bundestrainerin Nachwuchskader 1 weiblich / U19)
Trainerteam Herren
Jörg Roßkopf (Bundestrainer Herren), Lars Hielscher (DTTB-Cheftrainer Düsseldorf), Dustin Gesinghaus (Bundestrainer Nachwuchskader 1 männlich / U19)
Medizinische Abteilung
Dr. Thomas Garn (Teamarzt), Birgit Schmidt, Annette Zischka (Physiotherapeutinnen OSP Hessen)
Organisationsleiter
Kolja Rottmann (DTTB-Leistungssport)
Presse
Manfred Schillings
Schiedsrichter
Michaela Hübener (Stellv. Oberschiedsrichterin, Hürth), Nico Zorn (Bremen)