Nürnberg. Der Düsseldorfer Dang Qiu und Sabine Winter aus Schwabhausen haben bei den 91. Deutschen Meisterschaften in Nürnberg ihre Titel erfolgreich verteidigt. Der Europameister setzte sich im Finale gegen den Saarbrücker Patrick Franziska durch und gewann zudem mit Benedikt Duda (Bergneustadt) zum sechsten Mal in Folge im Doppel. Die EM-Dritte von München wehrte den Ansturm der 16 Jahre alten Annett Kaufmann (Böblingen) ab und sicherte sich den Doppel-Titel an der Seite von Sophia Klee (Weinheim). Im Mixed verteidigten Yuan Wan (Weinheim) und der Bad Homburger Cedric Meissner ihren in Saarbrücken gewonnenen Titel. Die größte Überraschung des Turniers in der an beiden Tagen ausverkauften Kia Metropol Arena war jedoch der zweite Platz im Doppel für die erst 13 Jahre jungen Nationalmannschaftsküken Koharu Itagaki (Bad Königskhofen) und die im Individualspielbetrieb für den hessischen TV Okarben startende Josephina Neumann.
Dang Qiu: „Es war absolut das erwartet schwere Finale“
Der alte Deutsche Meister im Herren-Einzel ist auch der neue. Nach seinem Erfolg im Vorjahr in Saarbrücken war das Düsseldorfer Penholder-Ass auch in Nürnberg nicht zu bezwingen. Allerdings verlangte ihm sein Nationalmannschaftskollege Patrick Franziska im Finale alles ab. In welch herausragender Form der an Position neun in der Welt notierte Europameister derzeit spielt, verdeutlichte er im zweiten Satz, als dem Saarbrücker erst nach zehn Ballwechseln der erste Punktgewinn gelang. Dang Qiu zeigte sich zufrieden über die mit einem 11:7, 11:1, 10:12, 11:9, 9:11 und 11:8-Sieg hart erkämpfte Titelverteidigung: „Es war absolut das erwartet schwere Finale. Selbst nach Führungen von mir ist Patrick immer wieder herangekommen und es ist dann doch wieder knapp geworden. Im sechsten Satz bin ich mit 5:0 gestartet, dann steht es plötzlich wieder 7:6. Bis auf den zweiten Durchgang waren es alles enge Sätze und ich bin froh, dass ich mit 4:2 gewinnen konnte. Ich bin angetreten, um meinen Titel verteidigen und freue mich sehr, dass mir das gelungen ist."
Patrick Franziska, der weiter auf seinen ersten Einzeltitel warten muss, hatte das Finale am Vormittag durch einen hart umkämpften Erfolg über Ricardo Walther (Grünwettersbach) erreicht. In dem Duell mit fantastischen Ballwechseln hatte der Weltranglisten-14. am Ende mit 11:9 im siebten Satz knapp die Nase vorn. Im zweiten Vorschlussrundenmatch hatte Topfavorit Dang Qiu zwar Satz eins gegen den Überraschungs-Halbfinalisten Cedric Meissner (Bad Homburg) verloren, der am Vortag Benedikt Duda ausgeschaltet hatte, dann jedoch das Spiel noch souverän für sich entschieden.
Sabine Winter: „Ich bin unfassbar happy, dass ich meinen Titel verteidigen konnte“
Sabine Winter wehrte im Finale den Ansturm der Jugend ab. Die 30-jährige EM-Dritte von München setzte sich nach einer fast fehlerlosen Vorstellung mit 11:6, 11:8, 14:12 und 12:10 gegen die erst 16 Jahre alte U19-Europameisterin Annett Kaufmann durch. Die Schwabhausenerin war überglücklich über ihren verdienten Erfolg: „Mit einem 4:0-Sieg habe ich nicht gerechnet. Ich hatte gehofft, dass ich das Spiel gegen Annett eng gestalten kann. Ich bin unfassbar happy, dass ich meinen Titel verteidigen konnte. Ich hatte mir durchaus Druck gemacht, weil die letzten Wochen nicht so rund bei mir gelaufen sind. Ich habe mich aber gut vorbereitet. Und nach einem 4:0-Sieg gegen Annett weiß ich, dass ich wieder da bin, dass ich in Form bin und gut Tischtennis spielen kann.“ Winter war im Finale vollkommen fokussiert, denn sie weiß, wie gefährlich ihre Gegnerin trotz ihrer Jugend bereits ist: „Ich habe mich nur auf mich selbst konzentriert und habe nicht einmal mitbekommen habe, als Annett das Timeout genommen hat. Das A und O gegen Annett sind gute Rückschläge. Sie hat ein extrem gutes Aufschlagspiel und einen qualitativ hochwertigen ersten Ball. Wenn der Rückschlag nicht sitzt, spielt sie gefühlt quasi 'serve and volley'. Es ist mir heute gelungen, im Rückschlagspiel gute Sachen zu machen. Ich bin sehr zufrieden. Nicht nur mit dem Sieg, sondern auch spielerisch.“ Winter, die Kulissen wie die ausverkaufte Kia Metropol Arena liebt, warnte schon jetzt ihre Konkurrenz vor: „Es macht immer unendlich Spaß, bei den Deutschen Meisterschaften zu spielen. Ich freue mich schon aufs nächste Jahr!"
Die Böblingerin Annett Kaufmann hatte zuvor ebenfalls den Titelgewinn ins Visier genommen. Die Gewinnerin des Düsseldorf Feeder 2023 muss ihren DM-Traum nun bis in das nächste Jahr verschieben. Die Gymnasiastin erkannte die Leistung ihrer Gegnerin neidlos an: „Sabine hat im Finale unfassbar gut gespielt und keine leichten Fehler gemacht. Ich dagegen hatte ein paar Probleme. Im Endeffekt kann ich mit Silber im Einzel sowie im Mixed zufrieden sein. Im nächsten Jahr komme ich wieder zurück." Kaufmann, die 2021 im europäischen Nachwuchsbereiche alle Titel (U15, U19 und U21) und zudem mit der Damen-Nationalmannschaft bereits Europameisterin sowie WM-Dritte wurde, hatte sich im Halbfinale gegen Sophia Klee (Weinheim) mit 4:2 durchgesetzt, Winter gegen Chantal Mantz (Langstadt) in sieben Sätzen.
Duda/Qiu zum sechsten Mal in Folge nicht zu bezwingen
Im deutschen Tischtennis gibt es im Herren-Doppel bis auf Weiteres kein Vorbeikommen an Benedikt Duda und Dang Qiu. Das Duo sicherte sich in Nürnberg unangefochten seinen sechsten Titel in Folge, in diesem Jahr durch einen 3:0-Finalerfolg über den Dortmunder Kirill Fadeev und den Saarbrücker Mathias Hübgen, die im Saarland in einer gemeinsamen Trainingsgruppe sind. Titelsammler Duda sagte nach dem Finale: „Wir wollten unbedingt den sechsten Titel gewinnen. Daher fahre ich auch zufrieden nach Hause.“ Dang Qiu ergänzte: „Wir sind angetreten, um den Titel zu gewinnen und das haben wir geschafft. 'Benne' und ich sind eine gute Kombination." Die Außenseiter freuten sich über die Silbermedaille, wie Mathias Hübgen nach dem Finale eingestand: „Im Endspiel haben wir die ersten beiden Sätze ganz gut mitgehalten, aber man merkte, dass unsere Gegner mehr Qualität spielen als wir. Insgesamt sind wir sehr zufrieden. Wir passen als Links-Rechts-Kombination gut zusammen und wir verstehen uns sehr gut." Fadeev/Hübgen hatten zuvor im Halbfinale die favorisierten Nationalspieler Kilian Ort und Ricardo Walther in fünf Sätzen ausgeschaltet. Duda/Qiu besiegten die bayerischen Lokalmatadoren Daniel Rinderer/Tom Schweiger mit 3:1.
Sabine Winter stellt mit Sophias Klees Hilfe neuen Doppel-Rekord auf
Im Damen-Doppel durfte sich Sabine Winter über den Titelgewinn an der Seite von Sophia Klee freuen. Die Schwabhausenerin und die Weinheimerin besiegten im Finale das jüngste Doppel, das je in der Geschichte des DTTB bei einer Deutschen Meisterschaft die Medaillenränge erreichte. Die 13 Jahre alten Nachwuchshoffnungen Koharu Itagaki und Josephina ‚Josi‘ Neumann, beide im Januar geboren und nur 20 Tage auseinanderliegend, knöpften den haushohen Favoritinnen mit einer gehörigen Portion Chuzpe sogar den ersten Satz ab, hatten damit aber auch ihr Pulver verschossen.
Ein kleines DM-Wunder hatten die EM-Dritten der Altersklasse U15 jedoch zuvor bereits im Halbfinale vollbracht, als sie die Titelverteidigerinnen Yuan Wan und Chantal Mantz nach einem 4:9-Rückstand im Entscheidungssatz sensationell aus dem Turnier warfen. Josephina Neumann war trotz der Niederlage verständlicherweise hochzufrieden: "Wir fanden die Atmosphäre in der Halle mega cool, auch dass so viele Leute hinter uns gestanden haben. Um ehrlich zu sein, waren wir schon überrascht, dass wir die erste Runde überstanden haben und dann auf einmal im Finale standen – wir können das immer noch nicht glauben. Wir mussten sogar auf Schlägern, T-Shirts und sogar Schuhen Autogramme gegeben." Koharu Itagaki ergänzte: „Wir haben etwas sehr Gutes erreicht. Wir waren vor dem Finale auch gar nicht nervös, wir wollten nur unser Bestes geben.“
Für Sabine Winter war der Sieg an der Seite von Sophia Klee der insgesamt siebte Titel im Doppel - mit sechs verschiedenen Partnerinnen. Damit ist die Bayerin nun alleinige Rekordhalterin vor Nicole Struse, der Europameisterin des Jahres 1996. Winter lobte ihre jungen Finalgegnerinnen: „Die beiden Kleinen haben das sehr gut gemacht. Respekt, dass sie ins Finale gekommen sind und mit Chantal und Yuan ein Top-Duo geschlagen haben. Auch uns haben sie am Anfang das Leben schwergemacht. Das Kurz-Kurz-Spiel haben sie da eindeutig besser beherrscht als wir. Gut, dass wir nach dem ersten Satz ruhig geblieben sind und uns ein paar Gedanken gemacht haben. Wir hatten bei 1:1 und 7:0 noch einmal eine knifflige Phase, als die beiden auf 7:5 herangekommen sind. Da haben wir das Timeout genommen. Am Ende haben wir es recht souverän nach Hause gebracht.“
Sophia Klee, die sich zusammen mir ihrer Partnerin im Halbfinale gegen die Außenseiterinnen Julia Kaim/Alexandra Schankula (Schönmünzach/Stuttgart) durchgesetzt hatte, freute sich über ihren ersten Titelgewinn: „Wenn man der Favorit ist und gegen so junge Spielerinnen spielt, hinter denen natürlich das Publikum steht, ist es natürlich vom Kopf schwer zu spielen. Das hat man im ersten Satz gesehen, als wir relativ deutlich verloren haben. Wir waren echt nervös nach dem 0:1. Ich bin froh, dass wir es vom Kopf her meistern konnten und dass ich Sabine den Rekordwunsch erfüllen konnte. Das ist mein erster Deutscher-Meister-Titel bei den Damen, und ich bin sehr glücklich."
Yuan Wan und Cedric Meissner verteidigen ihren Titel im Mixed
Im Mixed gab es die vierte erfolgreiche Titelverteidigung. Yuan Wan und Cedric Meissner setzten sich nach einem 1:2-Rückstand in einem umkämpften Finale gegen ihre Herausforderer Annett Kaufmann und Pekka Pelz in fünf Sätzen durch. Cedric Meissner lobte anschließend im Interview seine Partnerin Yuan Wan, der im Finale wenig leichte Fehler unterliefen. Meissner sagte: „Ich freue mich riesig über den Titel und muss sagen, dass Yuan mich heute mit durchgezogen hat. Es war ein hartes Stück Arbeit. Ich habe körperlich heute ziemlich abgebaut, aber Yuan war da und hat das Spiel für uns gerettet." Yuan Wan, die kurz zuvor im Damen-Doppel ausgeschieden war, gab das Kompliment zurück: „Ich war noch ein bisschen traurig vom verlorenen Doppel, aber 'Ceddy' hat mich gut aufgebaut. Er bemerkt meine Down-Phasen sofort und steht immer hinter mir.“ Für Pekka Pelz, Drittligaspieler in Bietigheim-Bissingen, ging trotz der Niederlage ein Traum in Erfüllung: „Es war ein unglaubliches Gefühl, hier in Nürnberg vor einer ausverkauften Halle mit fast dreitausend Zuschauern spielen zu dürfen. Schade, dass wir den vierten Satz knapp verloren haben, danach haben sie sehr gut gespielt und uns keine Chance gelassen."
Begeisternde Kulisse, zweimal ausverkaufte Arena und großer Sport
Die Bilanz aus Sicht der Veranstalter ist ausgesprochen positiv: Kein Wunder bei einer begeisternden Kulisse, zweimal ausverkaufter Kia Metropol Arena mit je 2.600 Zuschauern und großem Sport an beiden Turniertagen bei der 91. Auflage der DM. „Wir sind sehr froh, dass die Fans nach der Pandemie wieder den Weg in die Halle gefunden haben“, sagte Claudia Herweg, die Präsidentin des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB). „Die Menschen haben sich nach Spaß und Freude und nach ihrem Sport gesehnt. Sie möchten ihrer Leidenschaft wieder folgen können und haben das nicht nur an diesem Wochenende getan.“ Zuvor war schon das Herren-Pokalfinale in Neu-Ulm mit 5.000 Zuschauern ausverkauft gewesen.
Auch der Präsident des Bayerischen Tischtennis-Verbands war hoch zufrieden. "Die Halle hier in Nürnberg ist ideal für unseren Sport. Sie hat die optimale Größe, und die Zuschauer sitzen nah am Geschehen“, so Konrad Grillmeyer. „Wir hoffen, dass wir auch in Bayern nach der Pandemie dem Tischtennissport nun wieder den Stellenwert geben, den er verdient. So ein Turnier gibt auch den Vereinen einen Schub." Mit dem sportlichen Bereich war Richard Prause sehr zufrieden. "Wir haben hier viele gute Entwicklungen gesehen“, fasste der DTTB-Sportdirektor zusammen und hob stellvertretend ein Duo und zwei Einzel-Akteure hervor. „Unser Nachwuchsdoppel Itagaki/Neumann hat für Furore und ein erfrischendes Element gesorgt. Sophia Klee ist nach langer Verletzungspause wieder zurück. Cedric Meissner hat mit Benedikt Duda gegen einen absoluten Topspieler gewonnen.“
Mixed
Cedric Meissner/Yuan Wan - Pekka Pelz/Annett Kaufmann 3:2 (-7,0,-7,9,5)
Damen-Doppel
Sophia Klee/Sabine Winter - Koharu Itagaki/Josephina Neumann 3:1 (-5,3,6,6)
Herren-Doppel
Benedikt Duda/Dang Qiu - Kirill Fadeev/Mathias Hübgen 3:0 (5,7,5)
Damen-Einzel
Sabine Winter - Annett Kaufmann 4:0 (6,8,12,10)
Herren-Einzel
Dang Qiu - Patrick Franziska 4:2 (7,1,-10,9,-9,8)
Damen-Doppel
Chantal Mantz/Yuan Wan - Koharu Itagaki/Josephina Neumann 2:3 (-8,5,-4,8,-9)
Sophia Klee/Sabine Winter - Julia Kaim/Alexandra Schankula 3:0 (4,3,9)
Herren-Doppel
Benedikt Duda/Dang Qiu - Daniel Rinderer/Tom Schweiger 3:1 (9,6,-11,2)
Kilian Ort/Ricardo Walther - Kirill Fadeev/Mathias Hübgen 2:3 (5,-9,8,-9,-8)
Damen-Einzel
Annett Kaufmann - Sophia Klee 4:2 (-9,6,5,-7,13,4)
Sabine Winter - Chantal Mantz 4:3 (-4,3,5,-6,-6,3,2)
Herren-Einzel
Dang Qiu - Cedric Meissner 4:1 (-7,3,3,5,3)
Patrick Franziska - Ricardo Walther 4:3 (11,-5,8,-5,-6,7,9)