Suzhou. Auch den Kampf nach dem Finale gegen Fang Bo gewann Ma Long. Den gegen seine eigene Rührung. Als ITTF-Präsident Thomas Weikert ihm die Weltmeister-Medaille auf dem obersten Treppchen des Siegerehrungspodests unter dem Jubel der 5.500 restlos begeisterten Fans im wieder einmal ausverkauften Suzhou International Expo Centre anlegte, rang er zum ersten Mal erfolgreich mit den Tränen, als er den Wanderpokal in den Händen hielt zum zweiten Mal.
Als dann die Nationalhymne gespielt wurde, hatte er sich wieder gefasst. Da war Ma Long nur noch stolz. Dreimal hatte er Chinas "Marsch der Freiwilligen" im Einzel bereits gehört. Dreimal war er nicht für ihn gespielt worden. Denn 2009 in Yokohama, 2011 in Rotterdam und vor zwei Jahren in Paris war er jeweils im Halbfinale ausgeschieden.
Beidbeiniger Siegessprung auf den Final-Tisch
Das sollte diesmal nicht wieder passieren, und die Final-Chancen standen günstig - in der Theorie. Nicht Xu Xin war sein Kontrahent, der Weltranglisten-Zweite, Doppel- und Mixed-Weltmeister von Suzhou. Nicht Titelverteidiger und Olympiasieger Zhang Jike. Es war der 23-jährige Fang Bo. Zwar die Nummer 13 der Weltrangliste, aber weit weg davon, Erfahrung in einem großen Finale zu haben und einer, der eher als nervenschwach gilt. Gegolten hat, muss man sagen, schließlich hat er auf dem Weg ins Endspiel hochkarätige Gegner ausgeschaltet: in chronologischer Reihenfolge Kamal Achanta, Xu Xin, Patrick Franziska und Zhang Jike. "Natürlich ist er stark, wenn man sieht, wen er alles geschlagen hat", bestätigte Ma Long, der sich auf ein langes Match eingestellt hatte. Sechs umkämpfte Sätze sind es dann geworden, und nie konnte sich Ma Long ganz sicher sein, dass er es gewinnen würde. Sein Kontrahent hatte gute Antworten auf das Tempo des World-Cup-Siegers von 2012. Und er gab nicht auf. Beim 1:3-Satzrückstand zwang er ihn sogar in die Verlängerung und gewann. Doch Ma Long behielt die Nerven und entschied die Partie im sechsten Durchgang für sich.
Dem Siegesschrei folgte ein beidbeiniger Sprung auf den Tisch, gefolgt von einem erneuten Luftsprung, der den Final-Tisch erzittern ließ. Über das Netz steigend gab er dem Unterlegenen die Hand. "Es ist ein Traum, der endlich wahr geworden ist. Die Tage von Suzhou waren schon manchmal eine richtige Totur für mich mit sieben Spielen in sechs Tagen. Am Ende war es alle Mühe wert", so Ma.
Auch Fang Bo unterstrich seine künftigen Ambitionen. Er sah sich den Pokal auf dem Podest aus der Nähe an. "Ich habe Ma Long gefragt, ob ich ihn kurz haben könnte. Ich war so nah dran, als wäre ich der Champion. Beim nächsten Mal kann Ma Long sich meinen Pokal gerne mal aus der Nähe ansehen", so Fang.
Kleine Genugtuung für Liu Shiwen nach Einzel-Niederlage
Mit Ausnahme eines Damen-Doppels war Asien am Schlusstag der 53. Weltmeisterschaften unter sich. Die niederländisch-polnische Kombination Li Jie/Li Qian unterlag im Halbfinale chancenlos den Topfavoritinnen Ding Ning/Li XIaoxia. Ihre Knöchelverletzung aus dem Damen-Finale am Samstagabend hatte die Weltranglisten-Erste Ding offenbar gut verkraftet. Das Einzel-Endspiel gegen Liu Shiwen hatte sie trotzdem gewonnen, das Doppel war dann erst recht kein Problem mehr. Keines mit dem Fuß, aber mit den Gegnerinnen im Finale. Denn den Titel holten sich in sieben umkämpften Sätzen Liu Shiwen und Zhu Yuling.
"Eigentlich wollte ich im Doppel nicht schon wieder Zweite werden", erklärte Ding Ning. "Schon dreimal hintereinander stand ich im Finale und habe es nie geschafft, den Titel zu gewinnen." Im vergangenen Jahr unterlag sie zusammen mit Liu Shiwen der Kombination Li Xiaoxia/Guo Yue.
"Wir hatten heute auch ein kleines bisschen Glück", kommentierte Liu Shiwen. "Ich war gestern Abend sehr aufgebracht, nachdem ich das Einzel verloren hatte. Ich danke meinem Trainer und meinen Teamkollegen für ihre Unterstützung. Und ich danke Ma Lin, der noch bis drei, vier Uhr morgens mit mir geredet und mich aufgebaut hat."
Die Ergebnisse des Finaltags von Suzhou
Herren-Einzel, Halbfinale und Finale
Ma Long CHN - Fan Zhendong CHN 4:1 (1,7,8,-7,5)
Zhang Jike CHN - Fang Bo CHN 1:4 (-5,-7,5,-9,-10)
Finale
Ma - Fang 4:2 (7,-7,4,8,-11,4)
Damen-Doppel, Halbfinale
Ding Ning/Li Xiaoxia CHN - Li Jie/Li Qian POL 4:0 (5,2,7,6)
Liu Shiwen/Zhu Yuling CHN - Feng Tianwei/Yu Mengyu SIN 4:1 (-9,9,6,7,4)
Finale
Ding/Li - Liu/Zhu 3:4 (8,-8,3,-8,11,-8,-8)