Budapest. Er war 14, als sein Trainer ihm riet, die alte Tischtennis-Weisheit zu befolgen: Hast du eine Schwäche, kleb Noppen drüber! Heute steht der inzwischen 27 Jahre alte Mattias Falck im Einzel-Finale der Weltmeisterschaften von Budapest.
„Ich habe einfach keinen richtigen Spin in meine Vorhand gekriegt“, erzählt Falck über seinen Materialwechsel im Jugendalter. „So hatte ich schon damals ein Problem gegen meine Gegner. Diese Schwäche war offensichtlich.“ Auch heute noch ist seine Rückhand das, was ihn als Spieler am meisten auszeichnet.
„Seine Rückhand ist sehr dominant, eine der besten der Welt“, sagt Deutschlands Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf. Aber auch Falcks kurze Noppen auf der Vorhand sind gefährlich für seine Gegner, weil dies vor allem bei den Herren eher ungewöhnliches Material auf der üblichen „Paradeseite“ ist. Das macht es für viele etwas schwieriger, gegen Falck zu spielen. Daneben hat er intensiv an seiner schwachen Seite gearbeitet. „Seine Vorhand bei den kurzen und halblangen Bällen hat er stark verbessert, auch den Vorhand-Flip“, so Roßkopf. „Und er hat natürlich unglaublich viel Selbstvertrauen.“ Ende März schon wurde seine Topform offensichtlich. Bei den hoch dotierten Qatar Open stand er im Halbfinale, bei den Oman Open gewann er Silber.
Hochzeit 2018: Aus Mattias Karlsson wird Mattias Falck
In Augerum, im Südosten Schwedens geboren, liegt Falcks Lebensmittelpunkt seit mehreren Jahren auf halber Strecke zwischen Malmö und Göteborg, in Halmstad, der Heimatstadt von Schwedens Herren-Nationaltrainer, der ihn bei der WM coacht, Jörgen Persson, Einzel-Weltmeister von 1991. Am dortigen Leistungszentrum trainiert Falck unter Anleitung eines anderen ehemaligen Doppel-Weltmeisters, Ulf Carlsson.
In Halmstad wohnt er zusammen mit seiner Frau, Julia Falck. Im vergangenen Sommer hat er seine Jugendfreundin geheiratet und ihren Familiennamen angenommen. So wurde aus Mattias Karlsson Mattias Falck. „Sie ist die Liebe meines Lebens und meine beste Freundin“, sagt Falck. Sein bester Freund und Trauzeuge ist Kristian Karlsson, mit dem er eines er besten Doppel der Welt bildet.
Ein heimatverbundener, bodenständiger Weltreisender
Er ist heimatverbunden und doch ein Weltreisender. Ob in der T2 Asian Pacific League oder der indischen Liga Ultimate Table Tennis – Falck war und ist überall gefragt. In der ablaufenden Saison hat der Schwede für den französischen Spitzenklub Pontoise-Cergy eine 16:6-Bilanz erspielt. Zur neuen Saison wechselt er in die TTBL zum SV Werder Bremen als neue Nummer eins nach dem Weggang Bastian Stegers.
Nach 22 Jahren ist Mattias Falck der erste Schwede, der in einem WM-Finale im Einzel steht. Zuletzt hatte das Jan-Ove Waldner geschafft, der 1997 in Manchester Weltmeister wurde. Das schwedische Fernsehen SVT1 überträgt das Endspiel live wie zu den größten Zeiten der Sportart in dem skandinavischen Land. Vergleiche mit Waldner und Jörgen Persson tauchen in den Medien auf, doch das ist der Nummer 16 der Weltrangliste bislang nicht zu Kopf gestiegen. „Diese Jungs waren die Idole meiner Kindheit, und jetzt werde ich im selben Atemzug erwähnt. Das ist überwältigend“, sagt Falck stolz gegenüber der schwedischen Zeitschrift Sportbladet.
Zu groß: Ein Problem bei Selfies und im Tischtennis
Manchmal sieht es etwas ungelenk aus, wenn der rund 1-Meter-90-Mann seinen Körper nahezu unter den Tisch falten muss. Ob seine Größe ein Problem ist? „Ja“, sagt er auf Nachfrage der ITTF. „Bei Selfies ist es oft schwierig. Da sind dann die Köpfe der anderen abgeschnitten, wenn man nicht aufpasst.“ Der Mann hat Humor. Und dass er sympathisch ist, kann auch Jörg Roßkopf nur bestätigen. „Als Mensch ist er sein sehr angenehmer Zeitgenosse. Er ist sehr freundlich, sehr nett, so wie die Schweden im Allgemeinen sind“, beschreibt der Doppel-Weltmeister von 1989.
Doch noch mal zurück zur eigentlichen Frage, zum Nachteil seiner Größe für den Tischtennissport. „Ich muss ganz tief runter, damit ich die gleiche optimale Position habe wie kleinere Spieler“, erklärt Falk. „Du musst sehr starke Beine haben, um das auszugleichen.“ Die Vorteile nennt er ebenfalls: „Wir Großen mit unseren langen Armen haben wir eine größere Reichweite. Aber es stimmt schon, zu groß zu sein, ist manchmal ein Kampf im Tischtennis.“
Drei Spiele, drei klare Niederlagen gegen Ma Long
Dreimal hat Mattias Falck dem wohl weltbesten Tischtennisspieler bislang gegenüber gestanden. In allen drei Begegnungen blieb der Schwede ohne Satzgewinn, bei den China Open 2012, bei den Team-Weltmeisterschaften 2016 und im Mannschafts-WM-Halbfinale in Halmstad 2018. Im Gespräch mit der ITTF hat er mal beschrieben, wie es für ihn ist, gegen Ma Long zu spielen: „Es fühlt sich an, als würde man von rechts und links von zwei schnellen Autos gleichzeitig überfahren.“ Dieses Interview ist jetzt ein Jahr her. Heute ist es das Finale einer Einzel-WM, und Falck ist inzwischen ein stark verbesserter Spieler.
Die Sympathien der Europäer weiß er hinter sich. „Wir gönnen ihm alle, dass er so weit gekommen ist“, sagt Jörg Roßkopf. Und Schwedens Legende hofft im "Sportbladet", dass sein Landsmann die Minimalchance nutzen kann. „Mattias hat eine extrem starke Psyche, und Chinesen können schnell mal etwas nervös werden“, weiß Jan-Ove Waldner. „Auf jeden Fall hat er nichts zu verlieren, und das ist wahrscheinlich die beste Einstellung, mit der man in ein so großes Finale gehen kann.“
Mattias Karlsson SWE
1. Runde: Adam Szudi HUN 4:1
2. Runde: Robert Gardos AUT 4:2
3. Runde: Tiago Apolonia POR 4:0
Achtelfinale: Lee Sangsu KOR 4:1
Viertelfinale: Simon Gauzy FRA 4:1
Halbfinale: An Jaehyun KOR 4:3
Ma Long CHN
1. Runde: Aleksandr Karakasevic SER 4:0
2. Runde: Kanak Jha USA 4:1
3. Runde: Vladimir Samsonov BLR 4:1
Achtelfinale: Hugo Calderano BRA 4:1
Viertelfinale: Lin Gaoyuan CHN 4:0
Halbfinale: Liang Jingkun CHN 4:1
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