Tokio. Timo Boll ist nicht der Typ für Nickerchen. Nicht mehr. Das hat einen triftigen Grund. "Als ich zuletzt einen Mittagsschlaf gemacht habe, ging das voll in die Hose", sagte er nach dem Frühsport gegen die Kroaten, als sein Team am Morgen des dritten WM-Tages in der Yoyogi Arena von Tokio den dritten 3:0-Sieg im dritten Vorrundenspiel eingefahren hatte. "Vor dem Olympia-Viertelfinale gegen Jan-Ove Waldner 2004 habe ich einen Mittagsschlaf gemacht. Danach habe ich mir das sofort abgewöhnt." In Athen unterlag Boll dem damals 38-jährigen schwedischen Ex-Weltmeister mit 1:4. Das vorletzte Gruppenspiel einer WM ist zwar anders als vor zehn Jahren kein großer Schritt Richtung Olympiamedaille, einen Ausrutscher beim abendlichen Spitzenspiel gegen Hongkong, das gegen Singapur seine zweite Niederlage kassierte, will sich Europameister Deutschland trotzdem nicht erlauben. Schließlich soll es in Gruppe B mit Vorliebe ungeschlagen, mit großem Selbstvertrauen und setzungsgemäß Platz eins werden und damit die beste Ausgangsposition für den Weg Richtung WM-Endspiel: Direkteinzug ins Viertelfinale und Setzung auf der gegenüberliegenden Seite des Auslosungstableaus von Titelverteidiger China.
Den nächsten wichtigen Schritt auf diesem Weg absolvierte die Mannschaft von Bundestrainer Jörg Roßkopf bei ihrem morgendlichen Programm am Mittwoch. Kroatien hatten die DTTB-Herren vorab schon auf der Rechnung um die vorderen Plätze, bekamen durch deren 3:1-Sieg über den Siebten der WM-Setzliste, Hongkong, am Vortag noch etwas Extra-Respekt. "Wir waren schon gewarnt", so Timo Boll.
Ovtcharov gegen Tan: "Mein sicherlich mit Abstand bisher bestes Spiel"
Entsprechend konzentriert ging Dimitrij Ovtcharov im Auftaktmatch an die Arbeit. Gegen Tan Ruiwu wurde es "mein sicherlich mit Abstand bisher bestes Spiel", kommentierte Europas Nummer eins. Mit 3:0 hielt Ovtcharov den EM-Finalisten von 2012 in Schach, spielte gute Serien und erfolgreiche Rallyes gegen den einen Meter 64 kleinen gebürtigen Chinesen mit den Turbo-Beinen. Eine weitere gute Nachricht: Der Weltranglistenvierte, Ovtcharov, hat sogar weiterhin Luft nach oben bei seiner Leistung in Japan: "Ich habe noch nicht ganz frei aufgespielt und war nicht in allen Ballwechseln voll konzentriert."
Im Anschluss behielt Timo Boll die Oberhand gegen Kroatiens Besten in der Weltrangliste, Andrej Gacina, in vier Durchgängen. Geglückte Revanche also für seine bisher einzige Niederlage gegen den Grenzauer TTBL-Spieler, die er im Dezember in der Bundesliga kassiert hatte. "Taktisch war ich heute sehr gut", befand Boll. "Im zweiten Satz war er einfach überragend, das muss man respektieren. Insgesamt habe ich seine Waffen aber ganz gut aus dem Spiel genommen."
Franziska: nervöser Auftakt, runde Fortsetzung
Den Schlusspunkt setzte erneut Fuldas Patrick Franziska. Gegen die Nummer 129 der Welt, Tomislav Kolarek, wurde er seiner Favoritenrolle auch bei seinem zweiten Auftritt - sowohl in Tokio als auch bei einer Team-WM an sich - gerecht. Seinen Kontrahenten hatte Franziska am Vorabend intensiv per Video studiert, dessen überraschenden 3:2-Sieg über Hongkongs 92 Plätze besser eingestuften Wong Chun Ting vom Dienstag analysiert.
Bei "Franz'" Drei-Satz-Sieg war nur der erste Durchgang knapp. "Da war ich ein bisschen nervös. Warum, weiß ich nicht", wunderte sich der zweifache Mannschafts-Europameister etwas, denn: "Bei 2:0 bin ich normalerweise eigentlich locker. Ab dem zweiten Satz lief's aber rund."
Timo Boll kam das glatte Mannschaftsergebnis entgegen. "So konnten wir Energie sparen an einem Tag mit zwei Spielen", sagte er. Es sei eine Herausforderung, ein Spiel sehr früh um 10, das andere um halb acht abends absolvieren zu müssen. "Das mit dem Mittagsschlaf werde ich mir daher noch überlegen."
Die DTTB-Damen konnten am Mittwoch nahezu ausschlafen. Für sie geht es um 9.30 Uhr deutscher Zeit, was in Japan komfortable 16.30 Uhr sind, gegen Gruppenkopf Hongkong. Den Herren wird die gleiche Aufgabe um 12.30 Uhr (19.30 Uhr in Japan) gestellt.
Championships Division
Herren, Gruppe B, 3./4. Gruppenspiel
Deutschland - Kroatien 3:0
Dimitrij Ovtcharov - Tan Ruiwu 3:0 (12,8,5)
Timo Boll - Andrej Gacina 3:1 (4,-5,8,5)
Patrick Franziska - Tomislav Kolarek 3:0 (10,6,7)
Singapur - Kroatien 3:1
Ukraine - Dänemark 3:0
12.30 Uhr (19.30): Deutschland - Hongkong, Kroatien - Ukraine, Singapur - Dänemark
Damen, Gruppe D, 4. Gruppenspiel
9.30 Uhr (16.30): Deutschland - Hongkong, Kroatien - Ukraine, Tschechien - Serbien
Donnerstag, 1. Mai
5. und letztes Gruppenspiel
3.00 Uhr (10.00): DTTB-Damen – Serbien
6.00 Uhr (13.00): DTTB-Herren – Ukraine
Freitag, 2. Mai
Alle Achtelfinals/1 Viertelfinale Herren
Samstag, 3. Mai
Viertelfinals
Sonntag, 4. Mai
Halbfinals
Montag, 5. Mai
9.30 Uhr (16.30): Finale Herren-Mannschaft
12.30 Uhr (19.30): Finale Damen-Mannschaft
DAS DEUTSCHE AUFGEBOT IN TOKIO
Herren
Dimitrij Ovtcharov (Verein: Fakel Orenburg, Weltrangliste: 4, Länderspiele: 69)
Timo Boll (Verein: Borussia Düsseldorf, Weltrangliste: 9, Länderspiele: 123)
Patrick Baum (Verein: Borussia Düsseldorf, Weltrangliste: 21, Länderspiele: 40)
Patrick Franziska (Verein: TTC Fulda-Maberzell, Weltrangliste: 37, Länderspiele: 14)
Steffen Mengel (Verein: TTC Frickenhausen, Weltrangliste: 49, Länderspiele: 8)
Damen
Wu Jiaduo (Verein: Metz TT, Weltrangliste: 32, Länderspiele: 79)
Petrissa Solja (Verein: Linz AG Froschberg, Weltrangliste: 40, Länderspiele: 7)
Irene Ivancan (Verein: ttc berlin eastside, Weltrangliste: 46, Länderspiele: 17)
Kristin Silbereisen (Verein: ttc berlin eastside, Weltrangliste: 51, Länderspiele: 74)
Sabine Winter (Verein: SV DJK Kolbermoor, Weltrangliste: 79, Länderspiele: 19)
Trainer-Team
Dirk Schimmelpfennig (Sportdirektor), Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer), Zhu Xiaoyong (Assistent des Herren-Bundestrainers), Jie Schöpp (Damen-Bundestrainerin)
Betreuer
Dr. Rainer Eckhardt (Mannschaftsarzt, Ulm), Birgit Schmidt (Physiotherapeutin, Olympiastützpunkt Hessen in Frankfurt/Main), Maria Först (Physiotherapeutin, Düsseldorf), Carsten Schiel (Sportpsychologe, Kasel)
Vertreter des DTTB-Präsidiums vor Ort
Thomas Weikert (DTTB-Präsident / Stellvertretender ITTF-Präsident)
Heike Ahlert (DTTB-Vizepräsidentin Leistungssport / ETTU-Vizepräsidentin)
Michael Geiger (DTTB-Vizepräsident Finanzen / ITTF-Schiedsrichter-Evaluierer)
Weitere Deutsche in internationalen Funktionen
Eberhard Schöler (ITTF President Advisory Council, Präsident Swaythling Club International)
Diane Schöler (SCI-Ehrenpräsidentin)
Dr. Torsten Küneth (Beisitzer Equipment Committee)
Corinna Haugwitz, Heike Mucha (WM-Schiedsrichterinnen)