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Ievgeniia Sozoniuk war mit Erfolgen über Cheng Hsien-Tzu und Yuan Wan maßgeblich am Weiler Sensationssieg beteiligt (Bild: Dr. Stephan Roscher).
Knappe Heimniederlage gegen Dachau: Bingen im Pech

Erste Saisonniederlage für den Spitzenreiter: Weil mit sensationellem Sieg im Baden-Derby

Dr. Stephan Roscher 20.01.2025

Weil am Rhein. Der Sonntagnachmittag war aufregend und dramatisch – jedenfalls in der 1. Bundesliga Damen. Ein wie entfesselt aufspielender ESV Weil ließ den bis dahin ungeschlagenen Spitzenreiter Weinheim nicht zum Zug kommen und gewann das Baden-Derby mit sage und schreibe 6:2. Man würde wohl nicht übertreiben, wenn man vom besten Weiler Team sprechen würde, das es je gab. Pech hatte ein stark verbessertes Team aus Bingen, das gegen Dachau lange auf Augenhöhe war und sich dennoch knapp mit 4:6 geschlagen geben musste.

 

ESV Weil – TTC 1946 Weinheim 6:2

Was für ein Spiel, was für ein Derby! Baden-Derby trotz 260 Kilometern Distanz, und die Weilerinnen – nach starker Vorrunde und passablen Auftritten beim Pokalturnier in Sinzheim – in richtiger Spiellaune. Weinheim dagegen, mit 13:1 Punkten als einziges noch ungeschlagenes Team angereist, fand nach dem tollen Auftritt gegen Dachau am Vorabend nicht richtig in die Partie hinein. Phasenweise war es schon recht eng, doch die Bigpoints gingen an den Aufsteiger, der gewiss sein bestes Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte machte und eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass die Vorrunden-Erfolge gegen Teams wie Berlin und Kolbermoor keine Zufallstreffer waren.

Es brauchte nicht lange, bis die 120 Fans aus dem Häuschen waren, wobei das 1:1 nach den Doppeln zwar ziemlich normal anmutete, doch der Kampfgeist von Daniela Ortega und Kornelija Riliskyte, die Ece Harac/Mateja Jeger trotz zweimaligem Satzrückstand in fünf Durchgängen niederrangen, deutete bereits an, dass den Weinheimerinnen ein heißer Tanz bevorstand. Auch wenn das andere Doppel deutlich an den Ligaprimus ging: Cheng Hsien-Tzu und Yuan Wan zeigten sich gut aufgelegt gegen Anna Hursey und Ievgeniia Sozoniuk und gewannen ohne Satzverlust. Doch die beiden Weilerinnen sollten in den Einzeln noch für Furore sorgen. Das Doppel schien für sie nur zum Warmspielen gedacht gewesen sein, danach ging es nämlich richtig los.

Erster Durchgang vorderes Paarkreuz: Anna Husey schlägt die am Vorabend so starke Yuan Wan mit 3:2 und schraubt ihre Einzelbilanz auf 7:2. Ievgeniia Sozoniuk, die in Sinzheim Nina Mittelham geschlagen hatte, machte genauso weiter und überließ Cheng Hsien-Tzu nicht einen Satz. 3:1 zur Pause für Weil, spektakulär, doch noch war nicht einmal eine Vorentscheidung gefallen. Erster Durchgang hinteres Paarkreuz: Die Chilenin Daniela Ortega – ein echter Gewinn für die Liga – bekommt das Match gegen Mateja Jeger nach knapp verlorenem erstem Durchgang immer besser in den Griff und gewinnt 3:1. Die 6:2-Bilanz der Südamerikanerin ist alles andere als ein Zufallsprodukt. Die Litauerin Kornelija Riliskyte musste indes Ece Harac gratulieren, spielte beim 1:3 aber recht gut mit - in den ersten drei Sätzen war kein nennenswerter Leistungsunterschied zu erkennen.

4:2 und es stand der zweite Durchgang des oberen Paarkreuzes an. Würde Weinheim nun den Lauf der Weilerinnen stoppen und das Match mit einigem Schweiß auf der Stirn noch drehen können oder der Gastgeber tatsächlich den Sack zumachen? Anna Hursey war gegen Cheng Hsien-Tzu ohne Chance, aber nur im dritten Satz, der mit 2:11 verloren ging. Die anderen Durchgänge sicherte sich die junge Waliserin - Bilanz nun 8:2 - mit 11:9, 11:7 und 12:10 – im vierten Satz machte sie einen 5:9-Rückstand wett.

Nun musste Yuan Wan zwingend gegen Ievgeniia Sozoniuk gewinnen, um ihr Team im Spiel zu halten, doch Weils Ukrainerin mit dem ausgefeilten Kurznoppenspiel hatte etwas dagegen. Und Wan war nicht in der Verfassung des Dachau-Spiels. Dennoch wurde es nochmals extrem spannend: Im ersten Durchgang wehrt Sozoniuk einen Satzball ab und gewinnt 12:10. Die nachfolgenden beiden Sätze gingen relativ deutlich an die Weinheimerin. Wan führte im vierten Durchgang 6:5, doch von den nachfolgenden sieben Ballwechseln gingen sechs an Sozoniuk. Satzausgleich. Was würde der Entscheidungsdurchgang bringen? Die Fans waren elektrisiert, die Halle stand Kopf. Die Weilerin legt vor, geht mit 7:4 in Führung, doch Wan gibt sich nicht auf und punktet viermal zum 8:7. Doch dann war wieder Sozoniuk an der Reihe, ebenfalls mit vier Punkten in Folge zum 11:8.

Nach knapp drei Stunden war die Sensation perfekt.

Doris Spiess war begeistert: “Es war unglaublich, was unsere Mädels da abgeliefert haben. Hätte uns jemand vor dem Spiel gesagt hätte, wir spielen 4:0 im vorderen Paarkreuz gegen Weinheim, wir hätten das nicht geglaubt. Wir sind natürlich total happy über diesen Erfolg. Unser Plan war, ein gutes Spiel zu zeigen und den Tabellenführer zu fordern. Dass dann ein 6:2 Sieg dabei herauskommt, ist einfach unglaublich.” Weils Abteilungsleiterin räumte ein: “Dabei täuscht das Ergebnis etwas über den Spielverlauf hinweg. Fast alle Spiele waren hart umkämpft. Die Weinheimer Spielerinnen wehrten sich nach Kräften. Aber mit einem lautstarken Publikum im Rücken, das unsere Spielerinnen immer wieder zu Höchstleistungen puschte, war das bessere Ende dann doch meist beim ESV Weil.” Fazit: “Es hat sich gezeigt, wenn wir komplett antreten können, müssen wir uns vor keinem Gegner verstecken.”

Das Team aus dem Dreiländereck ist Tabellenvierter mit 8:6 Punkten und wird erst am 9. Februar wieder gefordert sein, wenn der TSV Langstadt anreist. Die Hessinnen werden einen guten Plan benötigen, um im Weiler Hexenkessel zu bestehen.

Weinheims Manager Christian Säger nahm es sportlich und antwortete auf die Frage, ob Weil denn nun so gut gewesen sei oder ob sein Team einfach nicht ins Spiel gefunden habe: “Beides zusammen. Weil hat sehr stark gespielt, wir unter unseren Möglichkeiten. Daher ein verdienter Sieg für Weil und für uns kein Beinbruch. Wir konzentrieren uns jetzt auf das Heimspiel gegen Bingen nächsten Sonntag.“
 

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Dachau 65 4:6

Nein, auch diesmal hoffte man in Bingen vergeblich auf das eine ersehnte Erfolgserlebnis, das gegebenenfalls zum Game Changer hätte werden können – doch man spielte gut und war ganz nah dran.

Nach dem 4:6 gegen Dachau beträgt der Rückstand auf einen Play-off-Platz zwar auf dem Papier nur zwei Pluspunkte, doch wir reden hier von Berlin, das als einziges Team theoretisch noch erreichbar scheint. Wenn man realistisch bleibt, muss man konstatieren, dass der ttc eastside, der im neuen Jahr noch nicht im Ligaeinsatz war, die zweite Halbrunde in verstärker Formation dominieren wird, deshalb ist es illusorisch, noch von Platz sechs zu träumen. Auch Kolbermoor, dass “nur” vier Punkte mehr auf dem Konto hat als die TTG, wird man nicht mehr einholen – schon gar nicht bei verbleibenden vier Partien. 1:15 Punkte und ein Spielverhältnis von -30 sind zu heftig, damit kommt man unten nicht mehr weg. Zumal man am kommenden Samstag das Team aus der Hauptstadt empfängt und tags darauf in Weinheim an die Tische muss. Es bleibt letztlich wohl nur, die Runde mit Herz und Ehrgeiz zu Ende zu spielen, um sie am Ende mit einem guten Gefühl abzuschließen und auf eine bessere Zukunft zu bauen.

Nun zu der Partie gegen die in derselben Formation wie beim 3:6 in Weinheim angetretenen Dachauerinnen: Bingen spielte zu fünft, Karolina Mynarova ging nur im Doppel an den Tisch, Einzelaufstellung wie tags zuvor in Langstadt, also die Top-Formation mit Lea Rakovac, Katerina Tomanovska, Shi Qi und Elena Kuzmina im Einsatz.

1:1 in den Doppeln, Kuzmina/Shi beim 0:3 gegen Winter/Pranjkovic auf verlorenem Posten, Rakovac/Mynarova gewannen indes den Krimi gegen Ho/Ernst nach Abwehr von zwei Matchbällen mit 14:12 im Entscheidungssatz. Lea Rakovac bestätigte, dass sie wieder in Normalform ist und lieferte Sabine Winter ein spannendes Gefecht, auch wenn ihr im fünften Satz die Luft ausgeht. Byun Seoyoung erwartungsgemäß dann eine Nummer zu groß für Katerina Tomanovska, die erstens keine “Abwehrkillerin” ist und zweitens noch jede Menge Wettkampfrückstand aufweist.

1:3 zur Pause, doch dann der zweite Punkt für die Gastgeber: Shi Qi für hinten einfach sehr stark, Naomi Pranjkovic ohne Chance. Tin-Tin Ho stellte in fünf Sätzen gegen Elena Kuzmina den alten Abstand wieder her. Sensationell dann Rakovacs Auftritt gegen Byun, der mit einem 3:2-Sieg endet (12:10, 11:6, 5:11, 4:11, 11:6). Tomanovska gegen Winter überfordert, doch die starke Shi Qi lässt auch Tin-Tin Ho zu keinem Satzgewinn kommen: 4:5. Nun schien die Chance auf ein Remis für die TTG greifbar, doch behielt Naomi Pranjkovic gegen Elena Kuzmina die Nerven und machte durch ein 11:8, 11:6, 14:12 für Dachau den Deckel drauf, das mit 9:7 Punkten Tabellendritter bleibt und am kommenden Sonntag Kolbermoor zum Bayern-Derby empfängt.

Joachim Lautebach, Bingens Vorsitzender, sagte nach der unterhaltsamen Partie: “Die meisten in der Halle hatten gedacht, dass Elena den Punkt klarmachen würde, doch sie kam nervlich mit der Situation nicht zurecht, was man auch an ihrer Körperspannung sah. Sie war sehr nervös und fand nicht in ihr Spiel. Trotzdem war das ein sehr starkes Spiel von uns, und die Zuschauer waren begeistert, nach langer Zeit endlich mal wieder sämtliche Spiele sehen zu können. Sehr gut im hinteren Paarkreuz Qi Shi, die sehenswertes Tischtennis zeigte. Lea Rakovac hat wieder sehr stark gespielt, hat aber nach einem Riesenspiel im fünften Satz gegen Winter keine Chance mehr gehabt. Was sie dann aber gegen Byun gezeigt hat, war wirklich sehenswert und wir haben uns sehr gefreut. Schade, dass es nicht zum Unentschieden gereicht hat, aber die heutige Leistung, gerade von Lea und Qi, lässt für die kommenden Spiele hoffen.”

 

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