Montreux. Der Europe Top 16 Cup in Montreux ging mit einem zweifachen Triumph für Deutschland zu Ende. Timo Boll und Petrissa Solja sicherten sich in den Endspielen gegen Darko Jorgic (Slowenien) und Britt Eerland (Niederlande) die prestigeträchtigen Titel. Durch seinen siebten Erfolg zieht der Düsseldorfer mit Rekordgewinner Jan-Ove Waldner (Schweden) gleich, die im Vorjahr ebenfalls erfolgreiche Langstädterin sicherte sich ihren zweiten Titel. Die Finalisten sowie die Drittplatzierten, die Österreicher Robert Gardos und Sofia Polcanova, sind für die World-Cup-Turniere im Oktober in Düsseldorf bzw. Bangkok qualifiziert.
Timo Boll dominiert in Montreux auch das Finale
Gegen den Slowenen Darko Jorgic, der sich im Duell der Debütanten im Halbfinale mit 4:1 gegen den Kroaten Tomislav Pucar behauptet hatte, benötige Timo Boll fünf Sätze, um zum insgesamt siebten Mal beim kontinentalen Ranglistenturnier zu triumphieren. Der Rekordeuropameister war mit einer gehörigen Portion Respekt in die Partie gegen den 21-Jährigen Weltranglisten-39. gegangen, der über eine brachiale Rückhand verfügt und in der Bundesliga für Saarbrücken spielt. Boll nach dem Finale: "Er hat mir schon einmal in den Play-Off-Spielen eine Niederlage beigebracht. Er verfügt über die Mittel, um mich zu bezwingen, deshalb habe ich vor dem Match schon ein paar Sorgen gemacht. Ich habe aber sehr gut gespielt, wie überhaupt das ganze Turnier über. Es freut mich, dass ich gegen vier Gegner mit ganz unterschiedlichen Systemen gewinnen konnte."
Boll war bis zum Finale souverän durch die Runden spaziert. Am meisten musste sich der Rekordeuropameister am Samstag im Achtelfinale gegen seinen schwedischen Vereinskollegen Kristian Karlsson (4:1) mühen, anschließend folgten im Viertelfinale gegen den Engländer Liam Pitchford (4:0) und in der Vorschlussrunde gegen Österreichs in guter Form spielenden Routinier Robert Gardos (4:1) kraftsparende Auftritte.
Durch seinen erneuten Erfolg schließt Boll in der Zahl seiner Siege beim kontinentalen Ranglistenturnier zu bisher alleinigen Rekordhalter Jan-Ove Waldner auf. Der Schwede hatte sich zwischen 1984 und 1996 ebenfalls sieben Mal den Titel gesichert. Das kontinentale Ranglistenturnier erfuhr in seiner Geschichte mehrfach Modifizierungen. Zu Beginn wurde es bei Damen und Herren mit zwölf Spielern im System "Jeder gegen Jeden" ausgetragen. Aktuell kämpfen jeweils 16 Athleten, maximal zwei einer Nation, im K.-o.-System um den Sieg. Boll, der seinen ersten Titel 2002 in Rotterdam im Finale gegen Vladimir Samsonov (Weißrussland) gewann, kommentierte das Erreichen der Rekordmarke gewohnt gelassen: "Ich bin ja nicht so der Statistiker. Hätte ich die Rekordmarke unbedingt holen wollen, hätte ich nicht so oft fehlen dürfen. Ich freue mich über Titel Nummer sieben, aber mit Waldner möchte ich mich nicht vergleichen. Für mich ist und bleibt er der wohl größte Spieler aller Zeiten."
Spielerisch und physisch starke Solja verteidigt ihren Titel verdient
Zuvor hatte sich Petrissa Solja (Langstadt) ebenfalls die Goldmedaille gesichert und sich mit einem Erfolg über Britt Eerland zum zweiten Mal in Folge in die Siegerinnenliste eingetragen. Gegen die Überraschungsfinalistin tat sich die Nummer 19 der Welt zum Matchbeginn überaus schwer und stand nach einem 0:2-Satzrückstand und 7:9 sogar dicht vor einem 0:3-Satzrückstand. Eine Auszeit und die eigene Steigerung verhalfen der zweimaligen WM-Dritten im Mixed jedoch noch rechtzeitig zur Wende. Solja: "Auch wenn ich im Vorjahr im Finale gegen Szocs einen 0:3-Rückstand aufgeholt habe, diesmal wollte ich einen Dreisatzrückstand unbedingt vermeiden. Das Time Out war sehr wichtig, zurück ins Spiel und zu meinem eigenen Rhythmus zu finden."
Bis dahin hatte die 25-jährige Linkshänderin immer wieder vor allem Probleme mit dem Service der gleichaltrigen Niederländerin, die sich mit Solja in der Vergangenheit bereits häufig gleichermaßen heiße wie ausgeglichene Duelle geliefert hatte. Die Nummer 47 der Welt zeigte sich in Montreux in glänzender Verfassung und besiegte auf dem Weg ins Finale 2018-Siegerin Bernadette Szocs (Rumänien), die European-Games-Dritte Ni Xia Lian sowie im Halbfinale Europas Nummer eins Sofia Polcanova (Österreich), die sich anschließend im "kleinen Finale" um Platz drei gegen Margaryta Pesotska (Ukraine) behauptete. Solja hatte deshalb auch mit heftiger Gegenwehr gerechnet: "Es war klar, dass es schwer wird. Sie hat starke Gegnerinnen auf dem Weg ins Finale bezwungen und unsere Bilanz ist in etwa 50 zu 50. Ich bin froh, dass ich das Turnier gewonnen habe."
Soljas Titelverteidigung in Montreux ist hochverdient. Die Nummer 19 der Welt präsentierte sich spielerisch und physisch in bester Verfassung. Im Halbfinale am Vormittag behauptete sich die European-Games-Siegerin im Mixed in einer hochklassigen Partie gegen die sehr ballsichere Ukrainerin Pesotska. Im Achtelfinale hatte Solja Polens mehrfache Paralympics-Gewinnerin Natalia Partyka (4:0) im Griff und hielt anschließend auch die stark aufspielende Ex-Europameisterin Elizabeta Samara in sechs Sätzen auf Distanz.
Ovtcharov wegen Erkankung nicht angetreten / Viertelfinal-Aus für Han
Ausgeschieden war gestern Abend im Viertelfinale die für den polnischen Champions-League-Sieger Tarnobrzeg spielende Düsseldorferin Han Ying, die Pesotska nach sieben umkämpften Sätzen gratulieren musste.
Bei den Herren hatte der an Positon zwei gesetzte Titelverteidiger Dimitrij Ovtcharov am Samstag kurzfristig sein Achtelfinalmatch gegen den Kroaten Pucar wegen einer Grippe mit Fieber und Schüttelfrost absagen müssen. Pucar wurde am Ende Vierter und unterlag im Spiel um Platz drei dem Österreicher Robert Gardos.
Alle Ergebnisse auf der Homepage der ITTF
ALLE SPIELE AM SONNTAG
Finale Herren
Timo Boll GER - Darko Jorgic SLO 4:1 (-8,10,5,7,9)
Spiel um Platz 3
Robert Gardos AUT - Tomislav Pucar CRO 4:3 (-9,9,9,-2,-8,4,9)
Halbfinale
Timo Boll GER - Robert Gardos AUT (10,8,-7,6,5)
Darko Jorgic SLO - Tomislav Pucar CRO 4:1 (-4,1,11,13,8)
Finale Damen
Petrissa Solja GER - Britt Eerland NED 4:2 (-8,-6,9,5,8,7)
Spiel um Platz 3
Sofia Polcanova AUT - Margaryta Pesotska UKR 4:2 (-8,-9,7,6,8,5)
Halbfinale
Sofia Polcanova AUT - Britt Eerland NED 1:4 (-6,-7,6,-8,-9)
Petrissa Solja GER - Margaryta Pesotska UKR (3,-10,6,14,7)
DIE ERGEBNISSE VOM SAMSTAG
HERREN
Viertelfinale
Mattias Falck SWE - Robert Gardos AUT 2:4 (-8,9,6,-9,-5,-8)
Timo Boll GER - Liam Pitchford ENG 4:0 (4,7,8,7)
Darko Jorgic SLO - Wang Yang SVK 4:1 (7,8,-10,11,20)
Tomislav Pucar CRO - Marcos Freitas POR 4:2 (-4,,9,-7,6,14,12)
Achtelfinale
Mattias Falck SWE - Emmanuel Lebesson FRA 4:2 (-3,11,10,6,-7,-12)
Jonathan Groth DEN - Robert Gardos AUT 2:4 (-8,-7,7,4,-6,-6)
Liam Pitchford ENG - Lionel Weber SUI 4:0 (7,8,12,7)
Timo Boll GER - Kristian Karlsson SWE 4:1 (-8,9,9,4,10)
Simon Gauzy FRA - Wang Yang SVK 3:4 (8,-9,6,-9,11,-7,10)
Darko Jorgic SLO - Vladimir Samsonov BLR 4:1 (-8,4,9,7,10)
Marcos Freitas POR - Daniel Habesohn AUT 4:0 (0,7,9,5)
Dimitrij Ovtcharov GER - Tomislav Pucar CRO 0:4 Wertung
(Ovtcharov wegen Erkrankung nicht angetreten)
DAMEN
Viertelfinale
Sofia Polcanova AUT - Barbora Balazova SVK 4:0 (5,9,13,11)
Britt Eerland NED - Ni Xi Lian LUX 4:2 (11,-6,5,-5,7,5)
Han Ying GER - Margaryta Pesotska UKR 3:4 (16,-9,-9,-8,6,11,-4)
Petrissa Solja GER - Elizabeta Samara ROU 4:2 (9,6,11,-9,-9,9)
Achtelfinale
Sofia Polcanova AUT - Rachel Moret SUI 4:1 (-6,7,7,5,5)
Matilda Ekholm SWE - Barbora Balazova SVK 2:4 (-8,-11,-9,6,9,-6)
Polina Mikhailova RUS - Ni Xi Lian LUX (-7,-5,-4,11,-6)
Bernadette Szocs ROU - Britt Eerland NED 1:4 (-9,9,-8,-8,-2)
Han Ying GER - Hana Matalova CZE 4:0 (10,8,2,6)
Margaryta Pesotska UKR - Dora Madarasz HUN 4:2 (4,9,-11,-9,4,10)
Elizabeta Samara ROU - Yana Noskova RUS 4:1 (15,7,-7,3,5)
Petrissa Solja GER - Natalia Partyka POL 4:0 (7,4,8,6)
DAS AUFGEBOT DES DTTB BEIM EUROPE TOP 16
Herren: Timo Boll (Borussia Düsseldorf), Dimitrij Ovtcharov (Fakel Gazprom Orenburg, Russland)
Damen: Petrissa Solja (TSV Langstadt), Han Ying (KTS Tarnobrzeg, Polen)
Trainer: Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer), Jie Schöpp (Damen-Bundestrainerin), Lars Hielscher (Assistenztrainer Herren), Wang Guohui (Assistenztrainer Damen)
Physiotherapeut: Peter Heckert (OSP Hessen)
Schiedsrichterin: Christoph Geiger