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Der Welttischtennistag machte die Kinder in Sabra und Schatila schon vor dem 6. April glücklich (Foto: Mahroum)
Zum Welttischtennistag am 6. April organisierte der Nürnberger Tarik Mahroum eine Sport-Charityaktion im Flüchtlingscamp

Funkelnde Kinderaugen in Sabra und Schatila: "A small ball is reaching young hearts"

Katja Sturm 06.04.2022

Sabra und Schatila. Das Funkeln in den Augen der Jungen und Mädchen, als sie die Medaillen bekamen, das Gefühl, dass diese „von der Weltgemeinschaft vergessenen Kinder“ zum ersten Mal in ihrem Leben Achtung und Wertschätzung erfuhren, diese Eindrücke haben Tarik Mahroums Herz berührt. Sie haben dem 47 Jahre alten Nürnberger bestätigt, wie richtig und wichtig es war, den Aufwand zu betreiben, anlässlich des Welttischtennistages am 6. April in ein Flüchtlingscamp im Libanon zu fliegen und den dort lebenden jungen Menschen ein paar wenige Stunden lang Freude und Spaß zu bereiten. Dorthin, wo, wie Mahroum sagt, so gut wie niemand aus dem Westen hinschaut. Wo die aus ihrem eigenen Land geflüchteten Palästinenser in „schlimmsten Verhältnissen“, in größter Armut und Trostlosigkeit ihr Leben verbringen. Wo es für den Nachwuchs keine Perspektiven gibt. Die Bewohner werden von den Einheimischen nicht akzeptiert, wenige finden eine richtige Arbeit, verdienen höchstens Geld als Tagelöhner.

Mahroum selbst ist in Deutschland geboren. Sein Vater stammt aus dem Libanon und trat in jungen Jahren eine Stelle am Goethe-Institut am Bodensee an. Der Sohn verbrachte seinen ersten Geburtstag in Beirut und besuchte auch später, nach dem von 1975  bis 1990 andauernden Bürgerkrieg, den vorderasiatischen Staat. „Unglaublich vielfältig und vielschichtig“ sei dieser; man könne morgens Skifahren und nachmittags am Strand liegen. Doch durch die politischen Unruhen werden ganz andere Bilder mit dem Land verbunden, in dem, wie Mahroum betont, 18 verschiedene Religionen leben.

Bei seinen Aufenthalten am Mittelmeer trat der leidenschaftliche Tischtennisspieler der DJK Sparta Noris Nürnberg auch bei Turnieren an. Der Sport sei im Libanon sehr beliebt. Der Gast knüpfte Kontakte und sorgte dafür, dass Spieler für seinen damaligen Verein TV Hilpoltstein in der Liga antraten.  

Erstmals Sport-Charityaktion im Flüchtlingscamp Sabra und Schatila

Im schon Jahrzehnte bestehenden Flüchtlingscamp Sabra und Schatila war er erstmals als Kind. „Es gibt dort einen großen und sehenswerten Obst- und Gemüsemarkt“, erzählt Mahroum. Auf einem Areal in der Größe von etwa sechs Fußballplätzen wohnten in dem wie eine eigene Stadt anmutenden Lager etwa 40.000 Menschen. Wenn der Platz nicht ausreicht, wird auf den baufälligen Häusern einfach ein weiteres Stockwerk draufgebaut. „Man kann sich kaum vorstellen, dass Menschen so leben können“, sagt Mahroum.

Der Ort, „in dem noch nie eine Sport-Charityaktion stattgefunden hat“, fiel ihm ein, als er vom Engagement der ITTF Foundation hörte. Zufällig wohnte Mahroum bei einem Aufenthalt in Leipzig im Dezember in einem Hotel, das im gleichen Gebäude wie die Stiftung untergebracht ist. „Ich habe im Aufzug das Schild gesehen und dort einfach mal geklingelt“, erzählt Mahroum. Von der Arbeit der Foundation, die eigenen Angaben nach Tischtennis als Werkzeug für Entwicklung und Frieden nutzt und dafür seit 2015 jährlich am 6. April den Welttischtennistag zelebriert, sei er gleich begeistert gewesen.   

Vier Monate später machte er sich mit seinem 15 Jahre alten Sohn Kian und dem früheren Zweitliga-Spieler Fritz Titgemeyer auf den Weg in den Libanon. Vor Ort hatte sein sunnitischer Freund und Tischtennistrainer Ousama Homsi alles für die aus organisatorischen Gründen wenige Tage vor dem World Table Tennis Day organisierte Aktion in dem Flüchtlingscamp vorbereitet, zusammen mit drei Leuten von dort, die in Sabra und Shatila für Sport zuständig sind. 

Ohne Berührungsängste: "A small ball is reaching young hearts"

Auf einem abgesperrten Feld mit Kunstrasen verteilten sie die von der ITTF Foundation gespendeten 100 Pakete mit Schlägern, Bällen, Kappen, Trikots und Trainingsanzügen an die drei bis 18 Jahre alten Kinder und Jugendlichen, ließen sie an mehreren Tischen spielen und forderten sie bei kleinen Geschicklichkeits- und Reaktionswettbewerben. Viele, die nicht dabei sein durften, schauten mit großen Augen von draußen zu. „Wir konnten nicht alle zulassen, sonst wären es vielleicht 5000 geworden“, sagt Mahroum. Einige Neugierige kletterten am Zaun hoch, was wegen der überall frei herumhängenden Stromkabel sehr gefährlich war. Es war ein bislang einmaliges Event, das der Deutsch-Libanese unter dem Motto „A small ball is reaching young hearts“ in Gang gebracht hatte.

Im Nachhinein macht es ihn stolz, dass es nach anfänglicher Zurückhaltung wenige Berührungsängste gab, dass beispielsweise eine Christin mit einer Muslima spielte und dass überhaupt etwa 30 Prozent Mädchen dabei waren, was keineswegs selbstverständlich sei. Es sollte an diesem Tag keine Grenzen geben, Politik oder Religion sollten keine Rolle spielen.

Auch der Präsident des libanesischen Tischtennisverbandes, Georges Kopaly, schaute vorbei. Mit dem vom eigenen Verantwortungsbereich unabhängigen Projekt hatte sich der Funktionär ursprünglich nicht einverstanden erklärt. Von dem Erlebnis zeigte er sich „sehr angetan“. .

„Wir wurden von allen äußerst herzlich aufgenommen“, erzählt Mahroum weiter. Deutsche besäßen im  Libanon eine hohe Reputation. Dennoch wisse man nie, was passiert. „Allein würde ich nachts nicht durch das Camp gehen.“ Es gebe dort eine hohe Kriminalität.

Gerne würde Mahroum die Aktion wiederholen, vielleicht sogar eine Art Akademie oder Tischtennis-Schule aufbauen, in der Homsi Spieler und Trainer entwickeln könnte. „Fünf bis sechs Väter“ hätten sich bereits für eine Ausbildung angemeldet.

Links
World Table Tennis Day: Ab in die Startlöcher, auch für den Frieden
ITTF Foundation / World Table Tennis Day

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