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Überwältigend: die Atmosphäre am Finaltag in den Westfalenhallen (Foto: MS)

Gegen China war das Beste diesmal nicht gut genug

02.04.2012

Dortmund. Ganz am Ende geriet die chinesische Übermacht doch noch ins Wanken. Sie krümmte sich und deutete einen Sturz an. Was war passiert? Timo Boll hatte Chinas Cheftrainer Liu Guoliang einen freundschaftlichen Boxer in den Bauch verpasst. Aber Deutschland konnte gegen China beim Finale der Mannschafts-Weltmeisterschaft in der Dortmunder Westfalenhalle eben nur Treffer setzen, die nicht zählen.

Dennoch zog die 0:3-Niederlage das deutsche Team nicht ganz nach unten, vielleicht auch deshalb nicht, weil es bis zur nächsten großen Chance gar nicht lange warten muss. In weniger als vier Monaten beginnen in London die Olympischen Spiele. Nach der WM ist also gleich vor Olympia? Timo Boll legte den Kopf ein bisschen zur Seite und sagte: „Naja, fast. Einen Tag werde ich sicher mal gar nichts machen.“ Ein Tag Pause, um sich vom letzten Druck zu befreien, den er sich mit der deutschen Mannschaft vor diesem WM-Finale gemacht hatte.

Motivation durch Niederlage

Mit dem Sturz der chinesischen Tischtennis-Regenten hat es auch diesmal nicht geklappt. Es blieb bei einem mutigen Anrennen, obwohl doch sowohl Jörg Roßkopf als auch Liu Guoliang, der deutsche und der chinesische Herrentrainer, die Mannschaft als die beste lobte, die Deutschland je hatte. Aber gegen China scheint nicht einmal das Beste gut genug zu sein.

Schon eine Stunde, nachdem ihnen China wieder einmal die eigenen Grenzen gezeigt hatte, kramten die deutschen Spieler trotzdem etwas Zuversicht hervor. „Wir haben durch die Niederlage die größte Motivation bekommen, uns weiter ranzuarbeiten“, sagte Boll. Zwei Dinge nehme er mit seiner Mannschaft aus diesem Finale mit: „Hoffnung und Ehrgeiz.“ Die Hoffnung gründete sich unter anderem auf die Tatsache, dass in jedem der drei verlorenen Spiele eine Chance bestand. Boll hatte sich nach 0:2-Satzrückstand gegen Einzel-Weltmeister Zhang Jike noch in den fünften Entscheidungssatz gekämpft, Dimitrij Ovtcharov lag gegen den Weltranglistenersten Ma Long im zweiten Satz 9:4 gegen vorne, und auch Patrick Baum gewann einen Satz gegen Wang Hao und führte danach noch einmal am Satzende.

Ovtcharov „zu gierig“

Vor allem: Es war vielleicht die bisher beste deutsche Mannschaft in einem WM-Finale. Aber es war nicht der beste Timo Boll. Im Finale unterliefen ihm einige leichtere Fehler. „Das liegt dann auch an den fehlenden Trainingseinheiten.“ Wegen Krankheit und Verletzungen fehlte Boll ein Teil der ursprünglich geplanten harten Trainingsperiode am Stück. Der Vorteil davon war eine mentale Frische. „Ich war nicht überspielt.“ Ohne diese mentale Frische wäre er wohl auch im Spiel gegen Zhang Jike nicht mehr auf 2:2 herangekommen. Aber es fehlte manchmal die letzte Sicherheit. Auch an die Schlaghärte des Weltmeisters musste sich Boll erst wieder gewöhnen. „Das ist das Geheimnis des chinesischen Spiels.“

Auch Dimitrij Ovtcharov zeigte im Finale nicht sein bestes Tischtennis. Gerade seine Rückhand klemmte in der entscheidenden Phase gegen Ma Long, und auch seine Abgeklärtheit war auf einmal verschwunden. Mit der hatte er sich bis dahin so souverän durch diese WM gespielt. „Ich war vielleicht zu gierig“, sagte Ovtcharov. Boll hat dafür mit der Erfahrung aus mehreren entscheidenden Spielen gegen Chinesen einen Ratschlag für seine Teamkollegen. „Wir müssen noch einen Tick ruhiger werden in diesen Spielen. Aber das Gefühl dafür bekommt man nur in solchen Situationen, deshalb ist diese Erfahrung ist Gold wert.“ Gold? Ob Timo Bolls Aussage auch für olympisches Gold gilt, werden er und seine Mannschaftskollegen im August wissen.

Friedhard Teuffel

Der Autor ist Ressortleiter Sport beim „Tagesspiegel“ und hat das Buch „Timo Boll: Mein China. Eine Reise ins Wunderland des Tischtennis“ geschrieben.

 

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