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Ruwen Filus nach verwandeltem Matchball zum deutschen 3:1-Erfolg über Brasilien (Foto: Schillings)
Starker Filus und souveräner Ovtcharov markieren die Punkte beim schweren 3:1 über Brasilien / Auch Schweden im Halbfinale

Grandiose Teamleistung: DTTB-Herren kämpfen sich ohne Boll ins Halbfinale

05.05.2018

Halmstad. Mit einer herausragenden Leistung haben Deutschlands Tischtennis-Herren bei den Team-Weltmeisterschaften in Halmstad den Einzug in das Halbfinale geschafft. Dimitrij Ovtcharov, Ruwen Filus und Bastian Steger besiegten Brasilien mit 3:1 und sicherten der DTTB-Auswahl, die heute auf die verletzten Timo Boll und Patrick Franziska verzichten musste, mindestens Bronze. Deutschland kämpft nun am Samstag um 18 Uhr gegen Südkorea um den Einzug in das Endspiel. Im zweiten Vorschlussrundenspiel stehen sich um 11 Uhr China und Gastgeber Schweden gegenüber. Im Damen-Finale spielen um 14.30 Uhr wie im Vorjahr Titelverteidiger China und Japan den Weltmeister aus.

Wo ist Boll?

Hatte der Einsatz des seit dem Duell mit Hongkong an einer leichten Oberschenkelzerrung laborierenden Patrick Franziska ohnehin auf der Kippe gestanden, rieben sich die Medienvertreter in der Halmstad Arena und die Fans an den Livestream-Geräten ebenso verwundert die Augen wie Gegner Brasilien, als 45 Minuten vor dem Match die deutsche Aufstellung bekannt gegeben wurde. Es fehlte der Name von Timo Boll. "Mein Ischiasnerv zwickte mich seit dem Schwedenspiel. Gegen Südkorea war es dann besser, aber heute bin ich aufgewacht und habe sofort gemerkt, dass es um einiges schlimmer geworden ist. An Spielen war nicht zu denken“, erklärte der Weltranglistenzweite am Abend nach dem Match den Journalisten in der Mixed-Zone. Dimitrij Ovtcharov sagte: „Das war natürlich eine Hiobsbotschaft: Timo mit Ischiasproblemen, Franz‘ Oberschenkel noch nicht fit, ich weit weg von der Bestform. Aber wir haben uns richtig reingekämpft - und dass Ruwen Filus dann noch gegen Calderano gewinnt war eine starke Leistung und freut mich fürs Team.“

Gegner Brasilien getäuscht

Damit Gegner Brasilien von den personellen Sorgen nichts mitbekam, spielten sich Boll und Franziska sogar für eine kurze Zeit mit ein. Die Täuschungsmanöver ging auf: Die Südamerikaner stellten wunschgemäß das international noch unerfahrene Talent Eric Jouti nach vorne und den gefährlicher einzuschätzenden Routinier Gustavo Tsuboi auf die dritte Position. „So wollten wir das haben, damit er gegen Dima spielt“, schildert Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf die Situation, „wir haben Brasilien mit unserer Aufstellung überrascht.“

Roßkopfs Kalkül: Selbst wenn Brasiliens Spitzenspieler Hugo Calderano, der 2018 nicht nur Timo Boll, sondern u.a. auch Chinas Weltranglisten-Fünften Lin Gaoyuan und Japans Wunderkind Tomokazu Harimoto bezwang zwei Zähler macht, punktet Deutschland in allen anderen drei Einzeln. Dass es soweit erst gar nicht kommen musste, verdankte die DTTB-Auswahl heute Ruwen Filus. Der Defensivkünstler avancierte mit zwei Einzelsiegen zum Matchwinner. Die Nummer 21 der Weltrangliste glich zunächst Bastian Stegers 1:3-Auftaktniederlage gegen Calderano mit einem klaren 3:0 über Eric Jouti aus. Nach der 2:1-Führung eines konzentriert und dominant auftrumpfenden Dimitrij Ovtcharov gegen Gustavo Tsuboi zermürbte Filus anschließend mit seiner unnachahmlichen Mischung aus Defensivkunst und brachialen Angriffsschlägen Brasiliens Weltranglisten-12. Calderano, der nach vielen langen Ballwechseln zusehends müder wurde. Mit dem 11:9 im Entscheidungssatz war das Viertelfinale entschieden – Filus jubelte wie ein Triumphator, Calderano sank nach einer großen Aufholjgad enttäuscht auf den Boden der Halmstad Arena.

Bescheidener Triumphator Filus

Der Fuldaer Ruwen Filus blieb jedoch auch im Moment seines ersten WM-Medaillengewinns bescheiden: „Für mich persönlich ist das sehr schön, aber der Matchwinner ist die ganze Mannschaft. Wir sind nach Timos Ausfall zusammengerückt, die Bank war richtig heiß heute. Ich habe mir im Entscheidungssatz gegen Calderano gar nicht so viele Gedanken macht. Ich habe gut angefangen, am Ende wurde es nochmal knapp – ich hatte ja im dritten Satz auch schon eine 7:1-Führung vergeben. Gegen Südkorea hoffen wir, dass unserem Lazarett wieder einige einsatzfähig sind – aber so oder so: Wir geben Vollgas!“ Filus Erfolg verhinderte, dass Routinier Bastian Steger beim Stand von 2:2 gegen Brasiliens Talent Eric Jouti zum entscheidenden fünften Einzel in die Box musste. Steger scherzte nach Filus Erfolg: „So schön war es noch nie, nicht spielen zu müssen.“ Der Bremer, der bislang in den schwierigsten Situationen für Deutschland immer eine zuverlässige Trumpfkarte von Bundestrainer Jörg Roßkopf („Ich weiß sehr genau, was ich an Basti habe“) war, wäre selbstbewusst in die letzte Partie gegangen: „Ich hatte beim Aufwärmen ein gutes Gefühl und war nicht nervös. Für solche Situationen in brenzligen Situationen sind wir routinierten Spieler ja da."

Roßkopf: „Bin stolz auf meine Mannschaft“

Gleich, ob es bei Bronze bleibt oder ob Deutschland sogar am Sonntag in den Kampf um Silber und Gold eingreifen kann, Deutschlands 52. Medaillengewinn dürfte in der WM-Historie angesichts der besonderen personellen Konstellation eine besonders ausführliches Kapitel erhalten. Entsprechend angetan vom Medaillengewinn seines Teams zeigte sich auch Bundestrainer Jörg Roßkopf: "Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft. Die Jungs haben die sehr schwierige Situation angenommen und Edelmetall daraus gemacht. Jetzt schauen wir noch, in welcher Farbe es am Ende glänzt.“ Roßkopf warf am Abend auch noch einen ersten Ausblick Richtung Halbfinale gegen Südkorea: „Sie haben ein sehr starkes Team, wir haben ja sogar vor der WM noch ein gemeinsames Trainingslager absolviert. Das Match gegen Südkorea wird ein ganz anderes Kaliber als alle bisherigen Spiele bei dieser WM. Schauen wir mal, wie es morgen mit morgen mit dem Ischias von Timo und dem Oberschenkel von Patrick ausschaut. Dann sehen wir, wer spielen kann. Wir werden natürlich, egal in welcher Aufstellung, unsere Chance suchen, in das Finale einzuziehen.“ Der Weltranglisten-Dritte Dimitrij Ovtcharov sagt: Wir sind eine unberechenbare Mannschaft, niemand weiß, mit welcher Mannschaft wir antreten – mal schauen wer morgen gegen Südkorea einläuft. Im Ernst: Wir haben noch kein Spiel verloren und stehen verdient im Halbfinale. Vielleicht geht ja auch noch mehr.“

Südkorea bezwingt Japan

Südkorea, das sich gegen Deutschland gerne für die im Spiel um die olympische Bronzemedaille 2016 erlittene Niederlage revanchieren würde, hielt heute den WM- und Olympiazweiten Japan mit 3:1 auf Distanz. Matchwinner war heute Jeoung Youngsik, der sowohl Tomokazu Harimoto als auch Jun Mizutani bezwang, Jang Woojin steuerte an Position drei einen Erfolg über Kenta Matsudaira bei. Komplettiert wird das Team vom WM-Dritten Lee Sangsu, der heute Mizutani unterlag. Während Deutschland gegen Südkorea um 18 Uhr beginnt, spielen zuvor um 11 Uhr China und Schweden den ersten Finalteilnehmer aus. Das Reich der Mitte besiegte Österreich mit 3:0, durfte sich aber zwischenzeitlich immerhin über eine 2:1-Führung von Robert Gardos gegen Weltmeister Ma Long freuen. Chinas Gegner wird Schweden sein, das heute getragen von einem fantastischen Publikum mit 3:0 den Vorjahresdritten England mit 3:0 düpierte und sich seine erste WM-Medaille seit 14 Jahren sicherte. Das Spiel wird im schwedischen Fernsehen sowie vom chinesischen Sender CCTV live übertragen, der mit etwa 50 Millionen Zuschauern rechnet.

 

DER SPIELPLAN DER ENDRUNDE (Damen und Herren)

Sonntag
Finale Herren
14.30 Uhr

Samstag
Finale Damen
14.30 Uhr: China - Japan
Herren-Halbfinale
18.00 Uhr: Deutschland - Südkorea
11.00 Uhr: China - Schweden

Freitag
Viertelfinale Herren

Deutschland – Brasilien 3:1
Bastian Steger - Hugo Calderano 1:3 (-4,6,-8,-6)
Ruwen Filus - Eric Jouti 3:0 (6,8,8)
Dimitrij Ovtcharov - Gustavo Tsuboi 3:1 (9,-9,7,3)
Ruwen Filus - Hugo Calderano 3:2 (-7,5,-8,9,9)

Südkorea – Japan 3:1
Schweden – England 3:
China – Österreich 3:0
Halbfinale Damen
China – Hongkong 3:1
Japan - Team Korea 3:0

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