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Die 18-jährige Franziska Schreiner sicherte ihrem Team im letzten Match gegen Jessica Göbel das Unentschieden (Bild: Dr. Stephan Roscher)
Langstadt - Berlin 4:4, Bingen - Kolbermoor 2:6

Langstadt trotzt dem Champion ein Remis ab, Kolbermoor dominiert in Bingen

Dr. Stephan Roscher 11.10.2020

Langstadt. Unerwartet gelang dem TSV Langstadt mit der Punkteteilung mit dem in Bestbesetzung angereisten amtierenden Meister und Pokalsieger ttc berlin eastside ein Coup. Die geschlossene Mannschaftsleistung der Südhessinnen imponierte, jede Spielerin konnte einen Matchgewinn beisteuern. Der deutliche Sieg von Kolbermoor in Bingen war dagegen erwartet worden. Die Corona-bedingt zu dritt angetretenen Rheinhessinnen wehrten sich nach Kräften, besaßen jedoch keine echte Chance.  

TSV Langstadt – ttc berlin eastside 4:4 

Das hätte kaum einer für möglich gehalten. Der TSV Langstadt trotzte dem in Bestbesetzung angereisten amtierenden Deutschen Meister und Pokalsieger dank einer überragenden Darbietung und einer geschlossenen Mannschaftsleistung einen Punkt ab. Die aufgrund der Corona-Vorschriften lediglich 80 zugelassenen Zuschauer in der Halle feierten ihr Team frenetisch und sorgten für eine Stimmung wie sonst 300 begeisterte Fans.  

Der dreimalige Triple-Sieger reiste mit allem an, was Rang und Namen hat, also den DTTB-Nationalspielerinnen Nina Mittelham und Shan Xiaona sowie der Top-Holländerin Britt Eerland – alle drei zu den besten Spielerinnen Europas zählend – und der routinierten deutschen Ex-Nationalspielerin Jessica Göbel. Gegen ein solches Team hat im Normalfall ausschließlich Rivale Kolbermoor eine Chance zu punkten, doch die TSV-Frauen waren glänzend aufgelegt und man spürte mit zunehmender Matchdauer, dass weniger Druck auf ihnen lastete als auf den Spielerinnen des turmhohen Favoriten. Und am Ende durfte man ein nicht unverdientes 4:4 bejubeln. „Zum ersten Mal haben wir gegen eine komplette Berliner Mannschaft einen Punkt geholt. Das ist ein weiterer Meilenstein für unseren Verein“, so TSV-Coach Thomas Hauke, dem niemand widersprechen mochte.  

Doch der Reihe nach: Zunächst glückte Petrissa Solja gegen Nina Mittelham in fünf Sätzen die Revanche für das verlorene Finale um die Deutsche Einzelmeisterschaft 2019. Dina Meshref blieb im Anschluss gegen Penholder-Ass Shan Xiaona ohne den Hauch einer Chance. Tanja Krämer brachte den TSV durch ein 3:1 über ihre langjährige Busenbacher Teamkollegin und Doppelpartnerin Jessica Göbel erneut in Führung. Die 18-jährige Franziska Schreiner unterlag erwartungsgemäß der Europe Top16-Finalistin Britt Eerland mit 1:3, wobei die jüngste Akteurin in der Halle in den Sätzen zwei und drei auf Augenhöhe agierte. 2:2 nach dem ersten Durchgang und es sollte spannend, eng und umkämpft bleiben.  

Petrissa Solja musste ihrer Angstgegnerin Shan Xiaona nach vier Sätzen gratulieren, doch es folgte ein nicht für möglich gehaltener Auftritt der ägyptischen Linkshänderin Dina Meshref gegen Nina Mittelham. Meshref fand nach 0:2-Satzrückstand immer besser in ihr Spiel, brachte den dritten Durchgang noch hauchdünn in der Verlängerung ins Ziel (15:13) und war von da an eindeutig auf der Siegerstraße. „Ich bin so froh, dass wir einen Punkt geholt haben und ich mit meinem Sieg gegen Nina dazu beitragen konnte“, freute sich die Nordafrikanerin. Tanja Krämer konnte zwar beim 1:3 gegen Britt Eerland nichts ausrichten, doch dann zeigte „Franzi“ Schreiner, was sie unter Druck bereits leisten kann und stellte mit einem 12:10, 11:7, 10:12 und 11:3 gegen Jessica Göbel den Endstand her. „Wir haben gegen den Deutschen Meister einen Punkt geholt“, freute sich Schreiner. „Und ich habe bei 3:4-Rückstand den entscheidenden Punkt zum Unentschieden geholt, was kann es schöneres geben!“ 

Auch Spitzenspielerin Petrissa Solja war bester Laune: „Ich bin sehr zufrieden mit dem heutigen Tag. Gegen Nina habe ich sehr variabel gespielt, damit sie nicht in den Rhythmus kommt. Trotz meines Erfolgs ist noch Luft nach oben.“ Der Sportliche Leiter Manfred Kämmerer ergänzte: „Wir sind alle stolz auf unser Team. Das war eine herausragende Mannschaftsleistung. Trotz der relativ wenigen Zuschauer war eine hervorragende Stimmung in der Halle.“ 

Im Berliner Lager war man alles andere als glücklich über die Performance des eigenen Teams. eastside-Manager Andreas Hain geizte nicht mit Kritik: „Eine bescheidene, eigentlich sogar inakzeptable Leistung, die unserem Anspruch nicht gerecht wird und mit der wir nicht zufrieden sein können. Shan und Britt kann man allerdings keinen Vorwurf machen, da sie in Normalform gespielt haben.“ 

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – SV DJK Kolbermoor 2:6 

Ein zu erwartendes Ergebnis. Kolbermoor unterstrich den Anspruch, diese Saison in allen Entscheidungen ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, man agierte souverän, besonders die in Galaform agierende Kristin Lang. Natürlich spielte den Oberbayern, die nicht in Topbesetzung angereist waren, in die Karten, dass die Rheinhessen keine vier Spielerinnen vor Ort hatten und sich zu dritt mit dem hohen Favoriten duellieren mussten.  

Bingens Vorsitzender Joachim Lautebach erklärt die Hintergründe: „Unser Personalproblem hängt mit Corona zusammen. Unsere Inderin wäre gerne dabei, sitzt aber in ihrem Heimatland fest, Ende Oktober könnte es mit ihrer Ankunft in Deutschland klappen, bei der Weißrussin Bogdanova kommt zu Corona noch die unsichere politische Situation in ihrem Land dazu. Und Amy Wang war ja eigentlich nur für besondere Fälle eingeplant, zudem kommen die US-Amerikanerinnen wegen der Pandemie derzeit auch nicht nach Europa. Somit haben wir im Moment trotz unseres sechsköpfigen Kaders nur drei Spielerinnen zur Verfügung. Wir sind schon froh, dass wenigstens Giorgia Piccolin und Katerina Tomanovska nach negativen Tests Ende der Woche einreisen durften.“ 

Die gesamte Situation rund um das Spiel war für Lautebach unbefriedigend: „Wir waren zwei Tage in der Halle damit beschäftigt, unser Hygienekonzept umzusetzen. Ursprünglich hatten wir den Aufbau für 80 Zuschauer vorgenommen, haben es dann jedoch nochmal umgebaut und erheblich reduziert, da die DTTB-Regelung eben 1,50 Meter Mindestabstand vorsieht. Bei 50, maximal 60 Zuschauern kommt nicht die Stimmung auf, wie wir sie bei uns gewöhnt sind, da springt der Funke nicht über, der die Mannschaft in der Vergangenheit so oft zu besonderen Leistungen getrieben hat.“ Lautebach unterstrich: „Es ist schwierig, wir haben einen Riesenaufwand aber der Ertrag ist gering, da bei uns eben auch die Zuschauereinnahmen ein wichtiger Faktor sind.“ 

Für seine Mannschaft konnten lediglich Chantal Mantz und Giorgia Piccolin (jeweils 3:1 gegen Yuan Wan) punkten, wobei die ehemalige Teamkollegin, die nicht in ihr Spiel fand, gegen Piccolin den letzten Satz wegen einer Zerrung abschenkte. „Wir hatten uns gegen Kolbermoor nicht viel ausgerechnet und waren froh, dass wir wenigstens drei Spielerinnen aufbieten konnten“, so Lautebach. „Wir wollten das Spiel einfach nur sauber durchspielen, was wir ja auch getan haben. Katerina Tomanovska, die noch Trainingsrückstand hat, hat das enge Match gegen Tiefenbrunner knapp verloren, das wäre unsere Chance auf ein etwas besseres Ergebnis gewesen. Insgesamt geht das Resultat aber schon in Ordnung.“   

Sehr angetan vom ersten Bundesliga-Auftritt seines Teams in der Saison 2020/21 zeigte sich Gäste-Trainer Michael Fuchs: „Wir sind sehr zufrieden mit unserem Start in die Liga. Natürlich hat uns die Tatsache, dass Bingen nur mit drei Spielerinnen antreten konnte, die Sache etwas erleichtert. Dennoch wäre es uns generell lieber gewesen, wenn es keine kampflosen Spiele gegeben hätte.“ Fuchs lässt die Partie Revue passieren: „Kristin war sehr souverän in beiden Spielen, ebenso Svetlana im Schlusseinzel. Yuan war in ihrem ersten Spiel etwas zu nervös und man hat ihr auch die fehlende Wettkampfpraxis angesehen, wobei Chantal ab dem zweiten Satz einfach gut gespielt hat. Das zweite Einzel musste Yuan dann im dritten Satz aufgeben, da sie sich im vorigen Spiel vermutlich eine Zerrung zugezogen hat und die Schmerzen schlimmer wurden. Wir wollten da kein unnötiges Verletzungsrisiko eingehen.“ Besonderes Lob vom Trainer erhielt die junge Laura Tiefenbrunner: „Das Schlüsselspiel zum Sieg war meiner Meinung nach der Sieg von Laura gegen Katerina Tomanovska. Ein starkes Spiel von Laura, die sich nach einem sehr engen Spiel dann mit dem Sieg für eine tolle Leistung selbst belohnt hat.“

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