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Ein Mann mit Weitblick: Manfred Schäfer (Foto: DTTB)
Der langjährige DTTB-Pressechef und Magazin-Chefredakteur ist im Alter von 77 Jahren gestorben

Manfred Schäfer fehlt jetzt für immer

WS / SH 10.12.2021

Frankfurt/Main. Ihn traf, was vor allem Kopfarbeiter im Alter wohl am meisten fürchten. Eine tückische Krankheit ließ ihn zunehmend sein Gedächtnis verlieren. Zuerst verließen ihn die Erinnerungen an Begebenheiten und Orte, dann an entfernte Bekannte und schließlich sogar an nahestehende Personen. Nicht aber verließen ihn die Freundlichkeit, Höflichkeit und die Zurückhaltung, die ihn sein Leben lang ausgezeichnet hatten. Im Alter von 77 Jahren ist am 5. Dezember Manfred Schäfer verstorben.

Zu einer Zeit, als Redaktion und Druck der damaligen Zeitung „Deutscher Tischtennis-Sport“ ausschließlich in den Händen von Bundespressewart Karl Schaper und dessen eigenem Verlag in Springe lagen, war es der damalige DTTB-Vizepräsident Hans Wilhelm Gäb, der vehement eine Zeitschrift forderte, „die mit einer Vielfalt von Meinungen und Informationen unseren Sport nach vorne bringt“. Dies sei nur mit einem hauptberuflich tätigen Journalisten möglich. Nach einigem Drängen konnte Gäb Manfred Schäfer von der „Frankfurter Neuen Presse“ im Jahr 1980 für diese Idee gewinnen. Wie Gäb ein gelernter Journalist interessierte sich Schäfer beruflich für alles im Sport und besaß dabei ein besonders großes Herz für die so genannten Randsportarten. Der Mann „mit der ausgezeichneten Schreibe, der nie mit sich selbst zufrieden war“ – so charakterisiert ihn sein ehemaliger Arbeitskollege bei der FNP und Freund, Walter Mirwald, der spätere Pressesprecher des Deutschen Sportbundes.

Leise Töne und bis an die Grenze der Belastbarkeit

Beim Tischtennis wurde der „Frankfurter Junge“ Schäfer ins kalte Wasser geworfen, denn über spezielles Wissen in seiner neuen Sportart verfügte er nicht, auch wenn er immer mal wieder selbst hobbymäßig zum Schläger griff. In der ihm eigenen gründlichen und gewissenhaften Art sowie mit Mut zum Urteil, rechtfertigte Manfred Schäfer das in ihn gesetzte Vertrauen mehr als zwei Jahrzehnte lang. Eine besondere Herausforderung war für ihn, als 1983 der Philippka-Sportverlag im westfälischen Münster Herstellung und Vertrieb des Magazins übernahm. Die räumliche Distanz zur Main-Metropole war ein erhebliches Hindernis, denn die heute selbstverständlichen schnellen Kommunikationswege waren noch lange nicht erfunden. Tageweise in Münster und vor allem auf die Pünktlichkeit der Post vertrauend, Manuskripte rechtzeitig zu erhalten und weiterzuleiten, war das Erscheinen des Magazins „dts“ zum vorgesehenen Termin nicht selten ein Ritt auf der Rasierklinge, verbunden mit Nachtschichten sowie Stapeln von Fotos und Korrekturzetteln in der heimischen Dachgeschosswohnung in Frankfurt.

„Die lauten Töne waren Manfred Schäfer immer fremd. Mit Engelsgeduld in Briefen und Anrufen, bei Tagungen und mit Leitfäden bemühte er sich erfolgreich um ständige Qualitätsverbesserungen des Magazins und deren Zuarbeiter, wobei erschwerend hinzukam, zumeist auf zwar willige, aber eben auch ehrenamtlich tätige Mitarbeiter angewiesen zu sein“, erinnert sich der heutige DTTB-Chronist Winfried Stöckmann als einer dieser Freiwilligen.

Die WM 1989 revolutionierte die Tischtennis-Welt, Schäfer war mittendrin

Bis an die Grenze der Belastbarkeit – manchmal auch darüber hinaus – wurde Manfred Schäfer vor allem bei seiner ersten Großveranstaltung, der WM 1989 in Dortmund, gefordert. Der DTTB unter Führung des damaligen Präsidenten Gäb revolutionierte die Tischtennis-Welt. In Workshops mit dem deutschen Fernsehen wurde der rote Boden erfunden, der einen besseren Kontrast für den Zuschauer bieten sollte. Es gab zahlreiche Medientermine, um die bis dahin eher unkundigen Sportjournalisten auf die Heim-WM vorzubereiten, die damals ein Mega-Event war, aber noch nicht so genannt wurde. Mittendrin: Manfred Schäfer.

„Er leistete Herausragendes für den DTTB. Beispielsweise setzte er mit seiner serviceorientierten Medienarbeit für Journalisten bei der WM 1989 neue Maßstäbe“, lobt Harald Stenger. Schäfers früherer Journalistenkollege von der Frankfurter Rundschau profitierte als Berichterstatter über den Tischtennissport hautnah von den Verbesserungen auch bei den übrigen DTTB-Veranstaltungen, die Schäfer im Medienbereich einführte. Im heutigen multimedialen Zeitalter fragt man sich, wie journalistische Arbeit zuvor überhaupt möglich gewesen sein konnte. „Für einen journalistischen Tischtennis-Weggefährten wie mich, der bis Ende der 1970er-Jahre bei Deutschen Meisterschaften sonntags kurz vor Redaktionsschluss seine Berichte nicht in einem Pressezentrum der Telefonaufnahme diktieren konnte, sondern damals mangels eines qualifizierten Angebots am Münztelefon im Zuschauer-Bereich arbeiten musste, war der Einstieg von Manfred als kompetenter Pressesprecher ein sensationeller Fortschritt“, beschreibt Stenger, der spätere Pressechef des Deutschen Fußball-Bundes.

International folgten der WM noch die Europameisterschaften 1992 in Stuttgart und 2000 Bremen, die im Umfang ähnlich herausfordernd für Manfred Schäfer waren. Ungezählt sind seine vielen Dienstreisen im In- und Ausland zu den kleinen und großen Turnieren im Tischtennis. Den leichten Schlaganfall, den er sich in den 1990er-Jahren zugezogen hatte, verdrängte er lange Zeit. Genug anderes zu tun hatte er schließlich immer.

Bereits 1988 schuf er zwischendurch, aber nie nebenbei in akribischer Kleinarbeit ein nationales und internationales Zahlenwerk, das heute noch als Fundgrube vergangener Zeiten in Sachen Tischtennis-Statistik dient. Dem „Schäfer’s Digest“ folgte das „Hand- und Jahrbuch des DTTB“, ein wichtiges Nachschlagewerk bis in die jüngste Zeit. Die Konzeption etlicher Bücher, unter anderem das in vielen Teilen nie veraltende „Ein Spiel fürs Leben“ zum 75-jährigen DTTB-Bestehen trug ebenfalls seine Handschrift.

Spagat zwischen Loyalität und journalistischer Verantwortung

Bis zu seinem Ausscheiden hat „m.s.“, so sein journalistisches Kürzel, den Weg des deutschen Tischtennissports auf diese Art hautnah begleitet, wobei der Spagat zwischen Loyalität und journalistischer Verantwortung manches Zugeständnis einforderte. Denn ein Vollblutjournalist ist er immer geblieben, auch wenn er auf Seiten des Verbands arbeitete. „Viel haben ihm in seiner Zeit als Pressesprecher auch die engen Verbindungen zu den Aktiven der jeweiligen Generationen bedeutet“, sagt DTTB- und dts-Weggefährt Stöckmann. Und die Kontakte zur gesamten Tischtennis-Familie mag man ergänzen, denn die ihm wichtigen pflegte er auch nach dem Ende der beruflichen Karriere.

Als Chefredakteur war er – ungeachtet zwischenzeitlicher gesundheitlicher Probleme – bis 2002 für 280 Ausgaben des „dts“ verantwortlich. „Manfred ging immer ins Detail, ohne den Überblick zu verlieren“, sagt Walter Mirwald. Akribisch sortierte und hinterfragte „Manni“ Zahlen, Daten und Fakten, ordnete ein. Seine Recherche zeichnete eine freundliche Beharrlichkeit aus, der sich auch Kollegen nur schwer entziehen konnte. Es gab bei ihm keinen „Mut zur Lücke“, und was nicht gut genug war, verfasste er neu, solange es der Redaktionsschluss zuließ. Leiden durfte er selbst, nicht aber seine journalistische Qualität. Diese durch den eigenen Charakter selbstgewählte Zusatzbelastung hinterließ mit zunehmenden Jahren auch körperlich ihre Spuren. Sie hielt ihn jedoch nie davon ab, auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand die Sportart, die längst seine geworden war, intensiv zu verfolgen und noch privat und oftmals handschriftlich Statistiken weiterzuführen. Indes war Manfred Schäfer, der Vater zweier erwachsener Söhne, nicht nur dem Sport verschrieben. Literatur, Musik, Politik – er war ein echter Allrounder.

„Freundlich und zuvorkommend, gewissenhaft und sehr sensibel“

„Manfred war stets freundlich und zuvorkommend, gewissenhaft und sehr sensibel. Nach dem Ausscheiden beim DTTB zog er sich relativ schnell zurück und erste Anzeichen seiner Krankheit wurden sichtbar“, erzählt Harald Stenger. „Es wurde immer schwerer, sich mit ihm zu treffen, und folglich wurde es zusehends einsam um ihn.“

Der einfühlsame Mensch, der talentierte, engagierte und kenntnisreiche Journalist, der akribische Datensammler hat Tischtennis-Deutschland schon in den vergangenen Monaten gefehlt. Jetzt fehlt Manfred Schäfer für immer.

„Das Leben ist zu Ende gegangen für einen Freund und guten Menschen, der trotz seiner feinen beruflichen Leistungen immer auch an den Unvollkommenheiten und Bosheiten der Welt gelitten hat und in den letzten Jahren auch mehr und mehr den Lebensmut verlor“, sagt Hans Wilhelm Gäb. „Ich hoffe, dass der Weg in seine Geist und Bewusstsein ausschaltende Krankheit auch eine Erlösung für ihn war.“

Eines seiner vielen Projekte für den DTTB in der heutigen Form: Das Magazin "tischtennis"

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