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Dima Ovtcharov steht im Viertelfinale von Rio (Foto: ITTF)

Ovtcharov und Han im Viertelfinale / Rekordsatz endet 33:31

FL 09.08.2016

Rio de Janeiro. Zwei Eisen hat Tischtennis-Deutschland bei den Olympischen Spielen in Rio noch im Feuer: Han Ying und Dimitrij Ovtcharov. Letzterer bezwang am Montag zunächst Li Ping hauchdünn mit 4:3 und zog später durch einen 4:1-Erfolg über Bojan Tokic ins Viertelfinale ein. Satz eins schaffte es dabei in die Rekordbücher. Han Ying gewann ihr Achtelfinal-Match sicher und trifft am Dienstag im Viertelfinale auf die topgesetzte Weltmeisterin Ding Ning.


Dimitrij Ovtcharov hat es in Rio unter die besten acht Spieler geschafft. Der an Position drei gesetzte Olympia-Dritte von London musste am Montag in seinen ersten Einzeln im Riocentro 3 Schwerstarbeit verrichten und Nervenstärke zeigen. Dem hauchdünnen Sieben-Satz-Erfolg (11:9 im Entscheidungssatz) über Li Ping (Katar) ließ Ovtcharov ein 4:1 über Bojan Tokic (Slowenien) folgen. Dabei war der erste Satz an Dramatik nicht zu überbieten und ein Fall für die Geschichtsbücher. Mit 33 zu 31 holte sich der Saarbrücker TTBL-Profi Tokic den Durchgang. Ganze 26 Minuten dauerte Satz eins, Ovtcharov hatte acht Satzbälle, der Slowene nutzte seinen 14. schließlich zur 1:0-Führung. „Ich denke, seit es die Sätze bis 11 gibt, hat es noch keinen längeren Satz gegeben, zumindest auf der Profitour nicht. Es war sehr ärgerlich, den zu verlieren. Ich habe mir gesagt, Dima du trainierst ein bisschen mehr, er ist ein paar Jahre älter als du und wird ein bisschen müde. Bleib‘ dran, versuche dich zu steigern, spiel‘ cleverer. Am Ende habe ich verdient gekommen. Ab dem dritten Satz konnte ich meine bisher beste Leistung hier abrufen“, sagte Ovtcharov, der – extrem wichtig – den zweiten Satz in der Verlängerung gewann und dann in starker Manier davonzog. „Bojan war ein harter Gegner, er hat nichts zu verlieren. Er hat hier starke Leistungen gezeigt und extrem gut gespielt, mich stark unter Druck gesetzt. Ich musste meine Bestes zeigen, um ihn heute zu schlagen.“


In der Pause nach dem nervenaufreibenden ersten Satz versuchte Bundestrainer Jörg Roßkopf seine Nummer eins zu beruhigen. „Ich habe ihm gesagt, dass er zwischen den Ballwechseln ruhiger werden und sich mehr auf die taktischen Dinge konzentrieren soll. Der zweite Satz war wichtig, danach war es eine klare Sache“, sagte Roßkopf. Die Ruhe wird Ovtcharov auch am Dienstag (21 Uhr deutsche Zeit) gegen seinen Orenburger Teamkollegen Vladimir Samsonov benötigen. „Er ist ein Top-Ten-Spieler, wir spielen viele Jahre in einem Team zusammen, er ist ein guter Freund. Morgen aber ist eines der wichtigsten Spiele unseres Lebens und jeder wird versuchen zu gewinnen“, so Ovtcharov.

Dem 40-jährigen weißrussischen Ex-Europameister Samsonov fehlt noch die olympische Einzel-Medaille in seiner Sammlung – ebenso wie Timo Boll, der bei seinem fünften Anlauf erneut leer ausgeht.

Starke Vorstellung von Han Ying

Mit einer starken Vorstellung hat sich Han Ying bei ihrem Olympia-Debüt ins Viertelfinale vorgespielt. Ihr Minimalziel sei das nicht. „Ich bin mit dem Spiel zufrieden, aber ich will noch mehr“, betont die Weltklasse-Abwehrspielerin, wohlwissend, dass im Viertelfinale am Dienstag mit Ding Ning die topgesetzte Weltmeisterin wartet.


Wenn Abwehr auf Abwehr trifft, dann ist oft Geduld gefragt. Wer traut sich zuerst, die Initiative zu ergreifen? Wer greift besser an? Im Achtelfinale neutralisierten sich Han Ying und Gegnerin Li Xue im ersten Durchgang weitestgehend. Die Folge: Schon beim Stande von 7:4 für Han Ying zeigten die Schiedsrichter Zeitspiel an. Dieser relativ seltene Fall tritt ein, wenn der Satz nach zehn Minuten nicht beendet ist und beide Spieler weniger als 18 Punkte haben. Beim Zeitspiel wechselt das Aufschlagrecht nach jedem Ballwechsel. Der Aufschläger muss mit dem 13. gespielten Ball erfolgreich sein, ansonsten erhält der Rückschläger den Punkt.


Die bessere Angreiferin ist dann sozusagen im Vorteil. „Ich dachte nicht unbedingt, dass das Zeitspiel ein Vorteil für mich ist, denn sie greift auch sehr gut an“, sagte Han Ying, die in der Folge aber fast fehlerlos agierte und auch bei den Offensivbällen eine hohe Qualität an den Tag legte. „Es war schwierig gegen sie und härter als das Ergebnis aussagt. Beim Zeitspiel kommt es darauf an, auch mal auf Änderungen eingestellt sein. Bei eigenem Aufschlag ist es manchmal besser, noch etwas Geduld zu haben, manchmal aber auch früh zu attackieren. Bei Rückschlag habe ich einfach versucht, keinen Fehler zu machen.“ Es gelang der dreifachen Team-Europameisterin mit Deutschland prächtig. Nur den dritten Satz gab die Weltranglistensiebte ab, den fünften gewann sie in der Verlängerung.


Chinesinnen trainieren verstärkt gegen Abwehr - auch aus Respekt vor Han Ying


Das Viertelfinale reicht Han Ying nicht, sie will mehr, wohlwissend, dass sie auf die topgesetzte Weltmeisterin Ding Ning aus China trifft. In der jüngeren Vergangenheit haben die beiden dreimal gegeneinander gespielt. 2015 bei den World Tour Grand Finals in Lissabon trotzte Han Ying der Linkshänderin zwei Sätze ab, Ding Ning war am Ende regelrecht erschöpft. Die folgenden beiden Duelle gingen klar an die zweifahce Weltmeisterin, auch weil Team China Han Ying studiert und im Auge hat. „Ding Ning hat mein Spielsystem inzwischen gut gelesen und verstanden. Ich habe auch gehört, dass die Chinesinnen verstärkt gegen Abwehr trainiert haben, weil ich zweimal gegen Chen Meng gewonnen habe. Angeblich trainieren sie 50 Prozent gegen Abwehr.“ Ein Zeichen, dass Han Ying im Reich der Mitte großen Respekt genießt.

„Ding Ning hat eine unglaubliche Qualität und kann immer noch einmal etwas ändern, aber in dem Match bei den Grand Finals damals musste sie an ihre Grenzen gehen und war durch die langen Ballwechsel verführt, Fehler zu machen", sagte Bundestrainerin Jie Schöpp, die ihrem Schützling Mut macht: "Ying hat gezeigt, wie sehr sie sich verbessert hat und auf welch hohem Niveau sie mithalten kann. Sie hat sich technisch verbessert, vor allem mit der Vorhand. Sie ist gefährlicher geworden und kann selbst in schwierigen Situationen die Bälle noch unglaublich gut platzieren."

Herren-Einzel

Letzte 32

Timo Boll – Alexander Shibaev RUS 4:3 (-12,4,-7,7,-10,10,6)

Dimitrij Ovtcharov – Li Ping QAT 4:3 (-8,4,9,-7,5,-9,9)


Achtelfinale

Timo Boll – Quadri Aruna NGR 2:4 (-10,-10,-5,3,5,-9)

Dimitrij Ovtcharov – Bojan Tokic SLO 4:1 (-31,10,5,4,7)


Viertelfinale

Dimitrij Ovtcharov –Vladimir Samsonov BLR (Dienstag, 21 Uhr*)

Ma Long CHN – Quadri Aruna NGR (Mittwoch, 2.30 Uhr)

Jun Mizutani JPN – Marcos Freitas POR (Mittwoch, 1.30 Uhr)

Zhang Jike CHN – Koki Niwa JPN (Dienstag, 22 Uhr)

 

Damen-Einzel

Letzte 32

Han Ying – Nanthana Komwong THA 4:0 (2,4,4,3)

Petrissa Solja – Ri Myong Sun PRK 0:4 (-5,-7,-6,-6)


Achtelfinale

Han Ying – Li Xue FRA 4:1 (4,4,-8,3,11)


Viertelfinale

Han Ying – Ding Ning CHN (Dienstag, 18 Uhr)

Li Xiaoxia CHN – Cheng I-Ching TPE (Dienstag, 15 Uhr)

Feng Tianwei SIN – Ai Fukuhara JPN (Dienstag, 16 Uhr)

Yu Mengyu SIN – Kim Song I PRK (Dienstag, 17 Uhr)


*deutsche Zeit

 

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