Tokio. Nach viermal Silber bei den Paralympics in Rio de Janeiro 2016 soll es für die deutschen Para-Tischtennisspielerinnen und -spieler um Thomas Schmidberger auch in Tokio wieder Medaillen geben. Ob es tatsächlich dazu kommen wird, ist allerdings unsicher: Ausbleibende Vergleiche mit der internationalen Konkurrenz lassen kaum Prognosen zu.
Thomas Schmidbergers Worte lassen tief blicken: „Die Europameisterschaft in Schweden 2019 war mein letzter richtiger Wettkampf auf internationaler Ebene“, sagt der zweifache Paralympics-Medaillengewinner. Für den 29-Jährigen und seine Mitspielenden sorgte die Pandemie, wie bei vielen anderen Sportarten, für eine erschwerte Vorbereitung auf den anstehenden sportlichen Höhepunkt in Japan. Von einem Nachteil möchte Schmidberger dennoch nichts wissen: „Natürlich hat uns allen die Wettkampfpraxis gefehlt“, sagt er: „Mit derartigen Problemen hatten allerdings viele Nationen in ähnlicher Weise zu kämpfen. Das ist sicherlich nicht optimal. Wir haben jedoch das Optimum herausgeholt und so viele Wettkampfsituationen wie möglich simuliert.“ Eine Vorhersage über den eigenen Leistungsstand sowie die Form der Konkurrenz in Tokio ist dadurch allerdings nahezu unmöglich.
Nach Bronze bei den Paralympics in London 2012 und Silber in Rio de Janeiro 2016 wäre es eine dieser besonderen Paralympics-Geschichten, würde sich der Spieler von Borussia Düsseldorf nun seinen Traum von Gold erfüllen. Schmidberger selbst möchte von derartigen Träumereien nichts wissen. Für ihn gilt es, „so gut wie möglich mit den Herausforderungen zurechtzukommen, die in diesem Jahr auf die Athleten und Athletinnen zukommen“, betont er: „Vor allem wenn es heißt, sich auch unter Wettkampfstress voll zu fokussieren.“ Denn die diesjährigen Paralympischen Spiele finden unter erschwerten Bedingungen statt. Neben leeren Arenen sind die Sportlerinnen und Sportler vor allem mit täglichen Corona-Tests und vielen weiteren Pandemie-Bestimmungen konfrontiert: eine enorme mentale Belastung und – ein Hauptgrund dafür, dass sich Schmidberger mit der Definition eines Ziels für die anstehenden Wettkämpfe schwertut. „Grundsätzlich geht es als Leistungssportler natürlich auch immer um Platzierungen“, sagt er: „Aufgrund der Ungewissheit, die bei diesen Spielen herrscht, sehe ich es allerdings kritisch, meine Erwartungen an Ergebnisse zu knüpfen.“
Weitere Medaillenchancen durch Regeländerungen
Neben Schmidberger kämpfen sieben weitere Deutsche in Tokio um Medaillen: die im Einzel in Rio mit Silber dekorierten Asse Valentin Baus (Wettkampfklasse WK5) und Stephanie Grebe (WK6), Thomas Brüchle (WK3), Sandra Mikolaschek (WK4), Thomas Rau (WK6), Juliane Wolf (WK8) und Paralympics-Debütant Björn Schnake (WK7).
Im Mannschaftswettbewerb werden neben dem Silber-Duo der letzten Paralympics, Thomas Schmidberger und Thomas Brüchle, auch Björn Schnake und Thomas Rau sowie Stephanie Grebe und Juliane Wolf antreten. Dem deutschen Damen-Team kommt in diesem Jahr eine Regeländerung entgegen: Die Klassen im Teamwettbewerb werden diesmal kompakter zusammengefasst. Für Grebe und Wolf bedeutet das konkret, dass sie sich ausschließlich mit Athletinnen der Wettkampfklassen sechs bis acht messen werden, wodurch die Medaillenchancen steigen. Der Bundestrainer sieht die Veränderung rundum positiv. „Diese Reform war längst überfällig. Die Leistungen der Athletinnen und Athleten werden durch die Regeländerung vergleichbarer und der Wettbewerb schlichtweg fairer“, sagt er.
Das ungeliebte Spiel um Bronze fällt weg
Bei den Para Tischtennis-Wettkämpfen in Tokio gibt es eine weitere Reform. Im Vergleich zu den letzten Spielen fällt das „kleine Finale“ weg. Dadurch erhalten unterlegenen Halbfinalisten automatisch Bronze, wodurch die Anzahl der möglichen Medaillen steigt. Anlass für eine forschere Zielvorgabe durch Bundestrainer Volker Ziegler ist aber auch diese Regeländerung nicht. „Natürlich wehren wir uns nicht gegen Erfolge. Allerdings werden seitens des Trainer- und Betreuerstabs keine Medaillenziele vorgegeben“, stellt er klar: „Wir möchten maximale Bereitschaft sehen und hoffen dann auf eine gewisse positive Eigendynamik während der paralympischen Wettkämpfe.“
Unter dem Strich steht fest: Eine große Unbekannte bleibt. Der Vorfreude auf erfolgreiche Spiele der deutschen Para Tischtennis-Nationalmannschaft tut das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Spannung steigt dadurch umso mehr. Bleibt also zu hoffen, dass die „coole Truppe“, wie Tom Schmidberger sein Team beschreibt, in Tokio überzeugen kann.
Das deutsche Tischtennis-Aufgebot bei den Paralympics
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