Paris. Nachdem sich China zum fünften Mal in Folge Team-Gold bei den Herren geholt haben, standen die Damen ihnen am letzten Turniertag der Olympischen Tischtenniswettbewerbe in Nichts nach. Das deutsche Team schaffte im Spiel um Bronze die Überraschung nicht.
Bronze im Mannschaftswettbewerbe der Damen ging nach einer auch taktisch hervorragenden Leistung an Südkorea. Am dichtesten dran am Punktgewinn für Deutschland beim 0:3-Gesamtergebnis waren Xiaona Shan/Yuan Wan im Auftaktmatch gegen die Weltranglistenzweiten Shin/Jeon, gegen die sie einen 0:2-Satzrückstand in ein 2:2 mit 7:4-Führung verwandeln konnten. Ein ausführlicher Bericht hier.
Auch in der fünften Auflage der Teamwettbewerbe bei Olympischen Spielen hat das das Reich der Mitte nicht gepatzt. In Paris hatten die Nummern eins, zwei und drei der Weltrangliste auf ihrem Weg ins Endspiel nur zwei Sätze abgegeben - im Finale war nur das Doppel eng. Hina Hayata und Miwa Harimoto schafften gegen Wang Manyu und Chen Meng zwar zwei Mal die Satzführung, unterlagen dann im Entscheidungssatz aber hauchdünn. Miu Hirano, die in der Vergangenheit schon öfters gegen chinesische Spielerinnen gewinnen konnte, war an diesem Nachmittag gegen Sun Yingsha chancenlos (0:3). Youngster Miwa Harimoto, die am Donnerstag noch Annett Kaufmann unterlag, machte es etwas besser gegen Chen Meng und schnappte sich Durchgang Eins. Danach kam die Olympiasiegerin aber besser ins Spiel und gewann am Ende mit 3:1-Sätzen. Einmal mehr dominiert China also das Damen-Tischtennis, für Japan bleibt wie 2021 die Silbermedaille.
Spiel um Gold
15 Uhr: China - Japan
Cheng/Wang - Hayata/Harimoto 3:2 (-9,6,-6,6,10)
Sun Yingsha - Hirano 3:0 (11,6,6)
Wang Manyu - Chen Meng 3:1 (-12,10,7,6)
Samstag
Damen-Mannschaft, Spiel um Bronze
Deutschland - Südkorea 0:3
Wan/Shan - Shin/Jeon 2:3 (-6,-8,8,10,-8)
Annett Kaufmann - Lee Eunhye 0:3 (-8,-9,-2)
Xiaona Shan - Jeon Jihee 0:3 (-6,-6,-6)
Annett Kaufmann:
„Lee hat taktisch sehr gut gegen mich gespielt, genau die Punkte angespielt, die für mich etwas unangenehm waren. Ich selbst habe mich heute im Spiel nicht so wohlgefühlt. Auch emotional war meine Einstellung diesmal anders, denn natürlich möchte man gewinnen, hat eine gewisse Erwartung an sich selbst und damit auch einen gewissen Druck. Der hat mich nicht explizit gestört, aber er hat unterbewusst einen Einfluss darauf, wie man spielt.
Sie hat keine einfachen Fehler gemacht, super gut platziert und es war für mich dann schwierig, ins Spiel zu finden.“
„Gerade ist es zu schwer, hier eine Bilanz der Tage von Paris zu ziehen. Die Enttäuschung ist natürlich groß. Aber wenn ich erst mal wieder zu Hause oder im Urlaub bin, ein bisschen Pause vom Tischtennis habe und Abstand von diesem krassen halben Jahr, kann ich bestimmt das Positive sehen und auch stolz auf mich sein.“
Darüber, wie sie ihre weinenden Teamkolleginnen getröstet hat:
„Wir sind eine Mannschaft. Wir gewinnen und verlieren zusammen. Und wenn es einer nicht gut geht, dann versuchen wir, sie aufzubauen und ihr Mut zuzusprechen und manchmal auch die Augen zu öffnen, weil man sich oft nur auf das Negative fokussiert. Wir müssen auch für uns klarstellen, dass wir hier mit einer Ersatzmannschaft angereist sind. Yuan und ich waren ursprünglich gar nicht eingeplant. Dass wir so den vierten Platz erreichen, muss man sich mal vor Augen führen.“
„Ich freue mich jetzt auch zu Hause und auf ein bisschen Ruhe. Die letzten Wochen und Monate waren sehr anstrengend und emotional. Ich bin froh, wenn ich jetzt ein bisschen Zeit mit meiner Familie verbringen und einfach mal von allem möglichen abschalten kann, ob es Social Media ist oder Tischtennis. Ich brauche jetzt Ruhe und Zeit für mich. Dann kann ich auch realisieren, was ich hier eigentlich erreicht habe, wie ich gespielt habe und was ich daraus mitnehmen kann.“
Yuan Wan über das Doppel:
„Nachdem wir wie gegen Japan 0:2 hinten waren, habe ich mir wieder gesagt, dass ich jetzt riskieren und so unangenehm spielen muss, wie es geht. Ich habe jede Chance genutzt, den Ball so fest zu spielen, dass wir direkt den Punkt machen. Bei 7:4 für uns konnten sie leider noch mal zwei Prozent mehr aus sich herausholen. Sie haben da Bälle gecatcht, bei denen wir dachten, wir hätten den Punkt gemacht. Im Moment tut es sehr weh, dass wir es nicht geschafft haben zu gewinnen. Aber es ist schon Wahnsinn zu wissen, dass Nana und ich vor diesem Turnier nicht einmal zusammen Doppel trainiert, geschweige denn ein Match gespielt haben, weil mein Einsatz ja überhaupt nicht vorgesehen war. Unter diesen Voraussetzungen gegen das zweitbeste Doppel der Welt ein solches Spiel abzuliefern, ist schon gut.“
Xiaona Shan:
„Wir haben hier ein wirklich gutes Doppel gegen dieses erfahrene Weltklasse-Duo gespielt, das schon so lange zusammenspielt. Das 8:8 im letzten Satz war der Knackpunkt. Meinen Vorhandschuss auf den hohen Ball hat Shin Yubin noch irgendwie auf die Kante zurückgeblockt.“
„In Tokio hatten wir auch um Bronze gespielt und verloren. Unsere Niederlage tut im Moment sehr weh. Ich hätte auch gerne im Einzel noch mehr gegeben, aber ich habe es nicht geschafft. Eigentlich können wir zufrieden sein. Annett, Yuan und ich haben zuerst gehofft, dass wir vielleicht die erste Runde überstehen und haben am Ende um die Medaille gespielt. Annett war überragend und Yuan super im Doppel. Das war viel mehr, als wir nach den Rückschlägen mit den vielen Verletzungen vorher erwartet hatten.“
Tamara Boros: „Die Südkoreanerinnen haben sehr gut gespielt. Lee Eunhye hat gegen Annett überragend gespielt. Sie hat überhaupt keinen Fehler gemacht. Annett war, was normal ist, mental schon ein bisschen müde. Sie hatte heute nicht so viel Geduld, hat aber trotzdem alles versucht. Lee hat hier hat genau das gespielt, was für Annett unangenehm ist. Genauso taktisch klug hat Jeon Jihee gegen Nana gespielt."
"Im Doppel waren Nana und Yuan Weltklasse. Nach 0:2-Satzrückstand den 2:2 Ausgleich zu schaffen und mit 7:4 in Führung zu gehen... Vor allem Yuan, aber auch Nana hat da unglaublich gut gespielt."
"Leider haben wir keine Medaille gewonnen, aber dieser vierte Platz meiner Mädels macht mich wirklich stolz. Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Wir brauchen jetzt ein bisschen Zeit und müssen zur Ruhe kommen. Dann können wir die nächsten vier Jahre weiterarbeiten.“
„Annett konnte Lees Aufschlag nicht gut flippen. Hat sie ihn lang zurückgeschupft, kam ein für sie sehr unangenehmer Topspin. Sie hat nicht herausgefunden, was sie tun muss, um besser ins Spiel zu kommen. Sie war außerdem nervöser als sonst, aber das ist in einem solchen Spiel ja völlig normal. Annett hat ein super Turnier gespielt. Sie hat gezeigt, dass sie nicht nur unsere Zukunft, sondern schon jetzt im Stande ist, Großes zu leisten und zur Weltklasse gehört.“
Richard Prause: „Ich gratuliere dem deutschen Damen-Team! Alle haben verfolgt, welche großen Herausforderungen die Damen im Vorfeld der Olympischen Spiele und auch während der Spiele hatten. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an unsere medizinische Abteilung mit unserem Physiotherapeuten Peter Heckert und Mannschaftsarzt Dr. Toni Kass. Dass sich die deutschen Damen trotzdem wie ein Phoenix aus der Asche erheben und hier als beste europäische Mannschaft in ein olympisches Halbfinale kommen, ist eine herausragende Teamleistung. Dafür muss man ihnen wirklich ganz großen Respekt zollen.“
Spiel um Gold
China - Schweden 3:2
Karlsson/Källberg - Wang Chuqin/Ma Long 2:3 (8,-4,-3,6,-7)
Truls Möregard - Fan Zhendong 2:3 (10,-8,-9,10,-5)
Wang Chuqin - Kristian Karlsson 2:2 (-9,-5,10,10,-5)
Freitag
Herren-Mannschaft, Spiel um Bronze
Frankreich - Japan 3:2
Gauzy/A. Lebrun - Togami/Shinozuka 3:1 (5,7,-5,6)
Felix Lebrun - Tomokazu Harimoto 3:2 (-11,4,-9,6,10)
Alexis Lebrun - Shunsuke Togami 1:3 (-8,-9,9,-9)
Simon Gauzy - Tomokazu Harimoto 1:3 (-8,8,-8,-12)
Felix Lebrun - Hiroto Shinozuka 3:1 (7,7,-12,11)
Auslosungen, Ansetzungen und Ergebnisse
TV und Livestream
ARD und ZDF, die aus Paris im täglichen Wechsel im TV berichten, planen alle Spiele mit deutscher Beteiligung sowie die Medaillenentscheidungen zu zeigen, sei es im Fernsehen live in Teilen im Rahmen einer Konferenzschaltung, zusammenfassend oder in voller Länge im (kommentierten) Livestream. Ob Tischtennis im Fernsehen landet, entscheidet sich von Tag zu Tag, abhängig von den Erfolgen und freien Sendeplätzen. Im ARD- bzw. ZDF-Livestream sind alle Medaillenentscheidungen zu sehen, der ARD gehört der Herren-Tag, dem ZDF der der Damen. ARD-Kommentator ist Christian Adolph vom Hessischen Rundfunk, ZDF-Experte Michael Kreutz.
Eurosport
Eurosport mit dem Kommentatoren-Duo Steffen Fetzner/Dennis Heinemann ist am 30. Juli mit der Medaillenvergabe im Mixed in die Übertragung eingestiegen. Parallel sind sie im Livestream bei Olympia-Rechtehalter discovery+ zu sehen. Wer alle Olympia-Partien an allen vier Tischen sehen bzw. zur Auswahl haben will, wird in Deutschland um ein discovery+-Abonnement wohl nicht herumkommen.
Links
Weitere Infos
Damen-Team: Shan Xiaona (ttc berlin eastside / WR: 40, OT: 2016, 2020), Annett Kaufmann (SV DJK Kolbermoor / WR: 92, OT: -), Yuan Wan (TTC Weinheim / WR: 86, OT: -), verletzt ausgestiegen: Nina Mittelham (ttc berlin eastside / WR: 16, Olympia-Teilnahmen: -),
Herren-Team: Dang Qiu (Borussia Düsseldorf / Weltrangliste: 11, Olympia-Teilnahmen: -), Dimitrij Ovtcharov (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell / WR: 14, OT: 2008, 2012, 2016, 2020), Timo Boll (Borussia Düsseldorf / WR: 24, OT: 2000, 2004, 2008, 2012, 2016, 2020), Ergänzungsspieler: Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken-TT / WR: 9, OT: 2020).
Herren-Einzel: Dang Qiu, Dimitrij Ovtcharov
Damen-Einzel: Nina Mittelham, Xiaona Shan
Gemischtes Doppel: Dang Qiu/Nina Mittelham
ITTF-Nominierung Schiedsrichter
Olympia: Kerstin Duchatz (Herne)
Paralympics: Anja Gersdorf (Düsseldorf)
Die bisherigen 9 Medaillengewinne Deutschlands im Tischtennis
Gold: -
Silber: 4
Bronze: 5
1992, Barcelona
Silber Herren-Doppel: Steffen Fetzner/Jörg Roßkopf
1996, Atlanta
Bronze Herren-Einzel: Jörg Roßkopf
2008, Peking
Silber Herren-Mannschaft: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Christian Süß
2012, London
Bronze Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov
Bronze Herren-Mannschaft: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger
2016, Rio de Janeiro
Silber Damen-Mannschaft: Ying Han, Xiaona Shan, Petrissa Solja
Bronze Herren-Mannschaft: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger
2020, Tokio
Bronze Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov
Silber Herren-Mannschaft: Timo Boll, Patrick Franziska, Dimitrij Ovtcharov