München. „So einen gibt’s nie wieder“, lautete die Schlagzeile des Nachrufs im Fachmagazin „dts“ in der Juni-Ausgabe des Jahres 1988. Ein tragischer Verkehrsunfall hatte in den Morgenstunden des 7. Mai das Leben des 51 Jahre alten Konrad Freundorfer beendet, viel zu früh für einen Mann seiner Vitalität, Schaffenskraft und Lebensfreude.
Als Zwölfjähriger war der, den alle "Conny" nannten, in den damaligen Jugendklubs der US-amerikanischen Besatzungsmacht mit dem Tischtennissport in Kontakt gekommen. Schnell hatte er Spaß an dieser Sportart gefunden, und bald war sein Talent entdeckt, wenn er, kaum über den Tisch ragend, mit schnellen Schlägen seine Spielgefährten in Grund und Boden wirbelte. Bezeichnend für seine Zielstrebigkeit war, dass er, noch bevor er im Wettkampfsport Fuß gefasst hatte, die Frage äußerte: „Wo kann ich gegen den Deutschen Meister spielen?“
DM-Titel der Herren mit 16 Jahren und drei Monaten: Bestmarke bis heute
Dieser Wunsch wurde ihm dann als Mitglied des MTV München bald erfüllt. Auf allen erreichbaren Turnieren war jetzt der Knirps, meist mit umgehängtem Brotbeutel erscheinend, ein willkommener Teilnehmer, weil Conny mit seinem frischen Linkshänder-Angriff eine bis dahin nicht gewohnte Farbe in die Konkurrenzen brachte.
Nun ging es Schlag auf Schlag; eine außergewöhnliche Karriere begann. Bei seinem ersten DM-Titelgewinn im Herren-Einzel am 1. Februar 1953 in Herford war Conny 16 Jahre und knapp drei Monate jung. Auch das ist immer noch eine Bestmarke im deutschen Herren-Tischtennis. Rang zwei belegt in dieser Kategorie ein anderer Linkshänder: Timo Boll.
Conny Freundorfer wurde zum Tischtennisidol der 1950er- und 60er-Jahre. Seine nationalen und internationalen Erfolge – Freundorfer wurde unter anderem Dritter bei den Europameisterschaften 1960 im Einzel – und seine Persönlichkeit gaben dem Tischtennissport in Deutschland den ersten großen Popularitätsschub. Ein Spitzenathlet, der erwirkte, dass die Öffentlichkeit Tischtennis mit Conny Freundorfer und Conny Freundorfer mit Tischtennis gleichsetzte. 18 Jahre, von 1953 bis 1970, wurde der 102-fache Nationalspieler in der nationalen Rangliste geführt, davon die Hälfte der Zeit als die Nummer eins.
Eberhard Schöler, der Freundorfer 1962 als nationaler Champion ablöste und ebenfalls neunmal den Titel im Herren-Einzel gewann:
"Von meiner ersten Teilnahme am Bundesranglistenturnier 1959 ist mir die erste sportliche Begegnung mit Conny Freundorfer erhalten geblieben, die erste Niederlage gegen den Rekordmeister und das überwältigende Erlebnis, gegen ein Bewegungs-Phänomen gespielt zu haben, das mich von links nach rechts hetzte, mich dann mit einem unnachahmlichen Stoppball an den Tisch lockte, um den nächsten Vorhandschlag wieder in eine der Tischecken zu platzieren. Schnelle Beine, außergewöhnliches Ballgefühl, ein waches Auge und der sichere Instinkt, im richtigen Moment das Richtige zu tun; das war Connys Erfolgsrezept. Als er in den 60er-Jahren mehr und mehr Schwierigkeiten hatte, seinen Angriff gegen Schaumgummispieler durchzubringen, erlernte er spielerisch eine unorthodoxe Vorhand-Schaufelabwehr, die ihm zu manchem Punktgewinn verhalf. Am Anfang waren wir Rivalen, später wurden wir gute Sportkameraden."
Berni Vossebein†, Teamkamerad in der Nationalmannschaft und Konkurrent Freundorfers, zum Beispiel im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1956:
"Bei seinem ersten Länderkampf sah auch ich ihn erstmals in natura. Ich kann nur sagen: Ich war fasziniert. Er spielte sich sofort in alle Herzen. Für mich war er bis heute das größte Talent, das ich in diesem Alter gesehen habe."
Friedrich-Karl Brauns†, langjähriger Sportreporter beim Sender Freies Berlin und Tischtennis-Fachmann der ARD:
"Conny Freundorfer hat mit der unglaublichen Leichtigkeit und der Fantasiefülle seines Spiels eine Sportart endgültig der Caféhaus-Atmosphäre entrissen, hat Tischtennis populär gemacht. Freundorfer hat mit seiner Virtuosität, der stets auch mehr als nur ein Hauch von Glamour und Show innewohnte, Millionen begeistert und fasziniert, Junge wie Alte, Tischtennisfans wie Gelegenheitsgucker. Das sichert Freundorfer seinen Logenplatz in der Tischtennis-Historie."
Rudi Gruber†, ehemaliger Bayern-Präsident und zu der Zeit dienstältestes Mitglied im Vorstand des DTTB als Sportwart und Coach:
"Sein Spiel war in jeder Phase des Ballwechsels fast ausschließlich geprägt von der Intuition, nicht in ein taktisches oder technisches Konzept eingezwängt. Er setzte blitzartig, mit enormer körperlicher Beweglichkeit ausgestattet, seine spontanen Einfälle in überfallartige Angriffsschläge um, oft aus Lagen, für die es keine Lehrmeinung gibt, ja die als ausgesprochen falsch gelten. Insbesondere sein Linkshänder-Longlineball mit der Vorhand, teils aus dem Laufen geschlagen, kam so unerwartet, dass selbst erfahrene Spieler immer wieder vor einem Rätsel standen. Hier war ein Autodidakt in Aktion, der abweichend von der uniformierten Lehrweisheit seine Erfolgschancen spürte und fand."
DM 2022