Bremen. Bei den auch 2019 wieder weltmeisterschaftsreif besetzten German Open steht erneut das Duell China gegen den Rest der Welt im Mittelpunkt. Mit diesmal besseren Chancen, zumindest bei den männlichen Konkurrenten der Asse aus dem Reich der Mitte. Deren Vorsprung scheint zehn Monate vor Beginn der olympischen Tischtennis-Wettbewerbe bei den Sommerspielen in Tokio etwas geschmolzen, das Selbstvertrauen der Herausforderer hingegen gewachsen.
Die ausreichend qualifizierten Bewerber für einen Sieg über die Topchinesen beschränken sich allerdings auf einen engen Kreis von kaum einem Dutzend Athleten. Dazu gehört neben dem ehemaligen Weltranglistenersten Timo Boll, aktuell die Nummer sieben der Welt, und dem fünf Plätze dahinter notierten Dimitrij Ovtcharov mittlerweile auch ein dritter Deutscher: Seit seinem Halbfinaleinzug vor 18 Monaten in der ÖVB-Arena hat sich der Weltranglisten-15., Patrick Franziska, nicht nur konstant in den Top 20 der Welt etabliert, sondern sich mit herausragenden Leistungen den Respekt auch von Chinas Elite erspielt.
Sportdirektor Prause: „German Open sind immer herausragend besetzt, aber diesmal ist es noch einen Tick besser“
„Die German Open sind immer herausragend besetzt, aber diesmal ist es noch einen Tick besser: Schaut man in die Meldeliste, dann würde dieses Turnier jeder Einzel-WM alle Ehre machen“, hebt DTTB-Sportdirektor Richard Prause die Qualität der Meldungen für das mit 270.000 Dollar dotierte Platinum Event der World Tour hervor. In der Tat: Das Teilnehmerfeld ist in Qualität und Quantität kaum von dem bei Weltmeisterschaften zu unterscheiden. 18 der aktuellen Top 20 der Herren haben für die German Open gemeldet. Es fehlen lediglich Weltmeister und Vorjahressieger Ma Long sowie WM-Finalist Mattias Falck, der seine Meldung wieder zurückzog. Von den Top 50 sind 45 Herren vertreten.
Die Setzliste wird von Xu und Fan angeführt, den im ITTF-Ranking an vier notierten Landsmann Lin Gaoyuan und Japans 16-jährige Olympiahoffnung Tomokazu Harimoto. Neben Harimoto und dem deutschen Trio mit Boll, Ovtcharov und Franziska träumen der Weltranglistensechste Hugo Calderano (Brasilien), der beste Südkoreaner im Feld, der 22-jährige Jang Woojin, und insbesondere Taiwans Lin Yun-Ju vom Aufstand gegen die Supermacht. Die Nummer zehn der Welt ist der Aufsteiger des Jahres.
Im Schatten der überbordenden Aufmerksamkeit für das zwei Jahre jüngere Wunderkind Harimoto arbeiteten Taiwans Verantwortliche vergleichsweise in Seelenruhe am Feinschliff des erst 18 Jahre alten Juwels. Der Linkshänder entwickelte ohne internationalen Druck seine Hochbegabung und kletterte das Ranking Stufe für Stufe nach oben. Im Sommer gelang dem Teenager mit der bereits bemerkenswerten Spielübersicht dann der Durchbruch. Beim T2-Diamond-Turnier in Malaysia besiegte Lin hintereinander Jun Mizutani, Ma Long, Wong Chun Ting sowie im Finale Fan Zhendong und verdiente sich den mit 100.000 US-Dollar bislang lukrativsten Siegerscheck des Jahres. Das nächste Meisterstück folgte im August bei den Czech Open, wo er sich mit Erfolgen über Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov seinen ersten Einzeltitel in der World Tour sicherte. Boll adelte das Juwel anschließend: „Er hat es geschafft, mich im Spiel mit einigen seiner Entscheidungen zu überraschen. Guter Mann, der Junge! Er ist mit Sicherheit einer der zukünftigen Stars unseres Sports.“
China und Japan bei den Damen favorisiert
Die Qualität des Feldes ist bei den Damen kaum weniger bemerkenswert. 15 der Top 20 kommen nach dem Rückzug eines chinesischen Quartetts um die Asse Ding Ning und Liu Shiwen nach Bremen, aus den Top 50 fehlen zehn Spielerinnen. Die Kräfteverhältnisse sind bei den Damen eindeutiger geregelt als bei den Herren: An der Spitze der Weltrangliste stehen gleich sechs Chinesinnen. Die Setzliste in Bremen wird angeführt von der Weltranglistenersten Cheng Meng sowie den Doppel-Weltmeisterinnen Wang Manyu und Sun Yingsha. Gefahr droht den Spielerinnen aus dem Reich der Mitte am ehesten aus der mittlerweile ebenfalls riesigen Riege Japans.
Bremen-2015-Siegerin Mima Ito, Kasumi Ishikawa und Miu Hirano, im ITTF-Ranking an den Positionen sieben, acht und neun gelistet, reißen vereinzelt Löcher in die chinesische Mauer. In Bremen gehören zu den 16 Gesetzten mit Europe-Top-16-Gewinnerin Petrissa Solja und European-Games-Finalistin Han Ying auch zwei deutsche Damen. Die Langstädterin Solja hat als Nummer 21 auf dem Globus ihren Startplatz über die Weltrangliste sicher, die an Position 30 notierte Wahl-Düsseldorferin Han profitiert vom Heimvorteil der Gastgebernation, der Plätze im 32-köpfigen Hauptfeld garantiert sind.
Weltklassesport schon Dienstag und Mittwoch
Bei den German Open, die übrigens bereits zum achten Mal seit 1999 in Bremen Station machen, gibt es Weltklassetischtennis bereits in der Qualifikation zu sehen. Am Dienstag und Mittwoch spielen im K.-o.-System in der Halle 4.0 bereits zahlreiche Stars um die begehrten 16 noch freien Plätze in der ersten Einzel-Hauptrunde. Zur Verdeutlichung: Bei den Damen muss schon die Nummer 20 der Welt, die Südkoreanerin Jeon Jihee, in der Vorrunde antreten. Bei den Herren ist Nigerias Spitzenspieler Quadri Aruna als Weltranglisten-19. der am höchsten Eingestufte, der sich durch insgesamt vier Qualifikationsrunden quälen muss.
Auch Deutschlands Asse Benedikt Duda, Ruwen Filus, Ricardo Walther, Dang Qiu und Bastian Steger sowie bei den Damen Nina Mittelham, Shan Xiaona, Sabine Winter, Wan Yuan und Chantal Mantz sind schon in den Vorrunden zu sehen. Nach dem großen Meldeandrang von 387 Spielern zum Meldeschluss Anfang September wurde das Feld von vorgesehenen 310 auf 350 Teilnehmer aufgestockt, um mehr Spielern einen Start zu ermöglichen. Zahlreiche Athleten blieben zudem auf der Warteliste, darunter auch deutsche Nachwuchsasse. Jeweils zwölf DTTB-Damen und 13 Herren inzwischen sicher im Starterfeld.
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