Dortmund. Die Halle 2 bei den Weltmeisterschaften in Dortmund ist sein Revier – Hans-Werner Ernen, die „Tischtennisstimme Deutschlands“, gibt pünktlich um 16 Uhr die Ansetzungen für die nächste Runde bekannt und hat dann ein paar Minuten Zeit.
„Wie alles angefangen hat? Das ist eine längere Geschichte. Ich bin von Haus aus Leichtathlet, bin aktiv für Bayer Leverkusen gelaufen und wie der Zufall es will, bei einem Abendsportfest vor das Mikrofon gerutscht. Im Laufe der Zeit sind dann viele andere Sportarten hinzugekommen, die ich mit meiner Stimme begleitet habe, unter anderem Sechstagerennen und Spiele der Handball-Bundesliga."
Aber Profi-Sprecher bist Du doch nicht?
„Nein, ganz bestimmt nicht. Ich bin ganz und gar Autodidakt, Von Beruf bin ich gelernter Drogist, dann Vertriebler bei der Bayer Pharma und zum Abschluss meines beruflichen Wirkens im letzten Jahr war ich für Schulungen und Seminare bei Lotto Rheinland Pfalz zuständig, die ja bekanntlich mit ihrem Wirken den Sport tatkräftig begleiten.“
Eine sehr vielseitige Vita, aber sie verwundert mich nicht, denn ein Hallensprecher muss ja auch ein Multitalent sein …
„Ja, sicherlich, man muss nicht nur etwas von der Sportart verstehen, über die man in der Halle spricht, sondern man muss sich gründlich mit ihr beschäftigen. Es ist besonders wichtig, Verbindungen zu den Athleten aufzubauen, um die Sprache der Athleten zu sprechen und ihre Befindlichkeiten zu kennen. Tischtennis ist ins Spiel gekommen, als ich Hallensprecher bei TTC Zugbrücke Grenzau wurde. Dann hat mich der DTTB live erlebt und mich gefragt, ob ich das nicht auch bei internationalen Ereignissen machen könnte. Das war genau vor 21 Jahren. Das erste Großevent, an das ich mich noch lebhaft erinnern kann, war der European Nations Cup 1991 in München in der Rudi Sedlmayr-Halle. Und dann begann sich das Karussell von Großereignissen zu drehen, bis zu diesen besonderen Tagen der Weltmeisterschaft in Dortmund.“
Was zeichnet einen guten Hallensprecher aus? Muss er ein guter Psychologe sein um mit dem Publikum zu korrespondieren?
„Ein Psychologe im engeren Sinne sicher nicht, aber er muß ein gutes Gespür dafür haben, sich im richtigen Augenblick zu melden um die Zuschauer, wie ich sage, zu begleiten, sie zu animieren, die Sportler zu unterstützen. Und das alles natürlich in fairem Rahmen. Das Anheizen einer Halle ohne Respekt vor dem Gegner ist mir fremd, und ich glaube, so etwas ist dem Tischtennissport überhaupt fremd. Was mir von Anfang an beim Tischtennis imponiert hat, ist das faire Miteinander, ehrlich mit dem Gegner umzugehen, also auch einmal einen Kantenball zu melden, den der Schiedsrichter nicht gesehen hat. Man respektiert sich halt. Natürlich kann man auch pushen, wenn man merkt, dass das Publikum nicht mitgeht oder fachlich ein Defizit hat. Dann kann man auch mal einen Hinweis geben. Für diesen fairen Umgang miteinander ist natürlich diese WM eine hervorragende Plattform. Hier in Halle 2 spielen die Teams unterhalb der Champions Division, und ich bin hier besonders gerne tätig, weil ich erlebe, wie diese Teams es als Ehre und Auszeichnung betrachten, ihre Länder in Dortmund zu repräsentieren. Man fühlt, wie sie mit Herzblut dabei sind – genauso wie ich.“
Was sagt denn die Familie zu Deiner umfänglichen ehrenamtlichen Arbeit?
„Natürlich bin ich sehr viel unterwegs, und das seit über 20 Jahren. Aber meine Frau kannte ja meinen Bezug zum Sport von Anfang an, sie wusste, was auf sie zukommt und sie hat es mit mir ausgehalten. Aber ich habe mir vorgenommen, jetzt nach und nach einen Cut zu machen, mich ein bisschen zurückzunehmen, um mich auch mal anderen schönen Dingen des Lebens widmen zu können, auf die ich bisher verzichten musste. Ich glaube, ich darf das sagen, weil ich nach all den vielen Jahren keinem mehr etwas beweisen muß.“