Nantes. Am Abend vor dem Beginn der Team-Europameisterschaften in Nantes am Dienstag absolvieren Deutschlands Nationalmannschaften ihre ersten Trainingseinheiten im Salle Metropolitaine, Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov treffen sogar erst morgen in Frankreich ein. Zeitplan und Spielsystem machen's möglich: Die Herren bestreiten als Titelverteidiger erst am Mittwoch um 16 Uhr ihr erstes Gruppenspiel gegen Tschechien, die DTTB-Damen, Siegerinnen der European Games, treffen drei Stunden später auf Slowenien.
Zeitoptimierte Anreise
Die zeitoptimierte Anreiseplanung trägt auch ein Stück weit der hohen Belastung mit drei Höhepunkten innerhalb eines halben Jahres für den DTTB (Weltmeisterschaften im April, European Games im Juni und Europameisterschaften im September) sowie den zahlreichen übrigen Verpflichtungen der Nationalspieler auf der World Tour und in ihren Vereinen Rechnung. Auf seine Topstars in Nantes angesichts des vollen Terminkalenders unter Umständen gar zu verzichten, war aber für den DTTB keine wirkliche Option. "Es wäre zwar eine Möglichkeit gewesen, für die Besten den übervollen Terminkalender zu entzerren“, sagt Sportdirektor Prause. „Aber eine EM hat nach wie vor einen hohen Stellenwert - und wir wollen die Europameisterschaften gewinnen. Aber wir hätten uns gewünscht, wenn European Games und Europameisterschaften ein Turnier gewesen wären.“
DTTB-Teams haben Gold im Visier
Die beiden deutschen Mannschaften, in der EM-Statistik jeweils sieben Mal als Sieger notiert und unlängst bei den European Games in Minsk ebenfalls mit Gold dekoriert, haben in Frankreich ihren achten Titel im Visier. Die Mannschaft von Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf, die 2017 das Finale gegen Portugal gewann, ist in Nantes erneut an eins gesetzt. Das Team von Bundestrainerin Jie Schöpp, das 2017 in Luxemburg im Endspiel nur knapp Rumänien unterlag, ist die Nummer zwei der Setzungsliste. „Wir wollen gewinnen. Wir fahren nach Nantes, um wieder Europameister zu werden. Das ist das erklärte Ziel meiner Spieler“, sagt Roßkopf. Die Damen nehmen nach dem 3:0-Sieg über Rumänien im Endspiel der European Games vor wenigen Wochen ebenfalls optimistisch und voller Selbstvertrauen das Titelrennen auf. „Nach diesem Erfolg werden wir sicher nicht sagen: Wir wollen jetzt Zweiter werden. Wir wollen gewinnen, falls wir diesmal wieder im Finale stehen“, stellt Schöpp klar. "Nach dem, was uns in Minsk gelungen ist, fühlen wir uns stark.“
Schweden, Frankreich, Österreich und Portugal jagen DTTB-Herren
Deutschlands Herren-Mannschaft wird auch in Nantes wieder angeführt von Timo Boll (Düsseldorf), Dimitrij Ovtcharov (Orenburg, Russland) und Patrick Franziska (Saarbrücken), ergänzt wird das auf den Weltranglistenpositionen 7, 12 und 15 notierte Star-Trio von Benedikt Duda (Bergneustadt) und Ruwen Filus (Fulda-Maberzell). Bei den Damen gesellt sich zu den European-Games-Gewinnerinen Petrissa Solja (Langstadt), Han Ying (Tarnobrzeg, Polen), Nina Mittelham und Shan Xiaona (beide Berlin) als fünfte Spielerin Yuan Wan (Bingen/Münster-Sarmsheim) hinzu.
Die Finalgegner der deutschen Mannschaften von Minsk sind auch diesmal die gefährlichsten Kontrahenten. Bei den Herren will Schweden mit dem WM-Zweiten Mattias Falck an der Spitze dem Favoriten Deutschland ein Bein stellen, vor eigenem Publikum will aber auch Frankreich um Simon Gauzy in das Titelrennen eingreifen. Nummer vier der Setzungsliste ist Österreich mit den Routiniers Stefan Fegerl, Daniel Habesohn und Robert Gardos. Obwohl nicht unter den Top Acht gesetzt, geht auch Portugal, der Europameister von 2014, mit Medaillenchancen ins Rennen.
Bei den Damen brennt Titelverteidiger Rumänien mit seinem ausgeglichenen Trio Bernadette Szcos, Elizabeta Samara und Daniela Dodean Monteiro auf Revanche für die Niederlage in Minsk, aber auch die Mannschaften von Ungarn, Polen, den Niederlanden und Österreich können den beiden besten Mannschaften des Kontinents an einem guten Tag gefährlich werden und sind für einen Medaillengewinn gut.
Das neue System verzeiht keine Ausrutscher
Die Europameisterschaften werden nach zweijähriger Qualifikation erstmals als EM-Endrunde mit nur 24 Mannschaften und einem neuen System ausgetragen. Die jeweils acht topgesetzten Teams sind am Eröffnungstag, dem Dienstag, noch spielfrei. stehen dann am Mittwoch und Donnerstag in den Dreiergruppen sofort unter Zugzwang. Denn lediglich die acht Gruppensieger erreichen die Runde der besten Acht, Ausrutscher verzeiht das erstmals eingesetzte, komprimierte Spielsystem auf dem Weg zu den Medaillenrängen nicht.
Boll: "Auch Russland zählt zu den gefährlichen Mannschaften"
Deutschlands Herren bekommen es in der Gruppenphase mit Russland und Tschechien zu tun. Auch wenn das System Gefahren birgt, Timo Boll bringt es auf den Punkt: "Am Ende zählt für uns bei der EM nur der Titel, deshalb ist das System egal. Wir haben eine Mannschaft, die jeden schlagen kann. Es gibt aber gefährliche Mannschaften in Europa. Dazu zählt auch Russland. Gerade wenn Shibaev wieder so gut spielt, sind sie immer gefährlich für uns. Aber wir wollen gewinnen und müssen dazu Russland und die anderen Mannschaften schlagen." Dass auch Tschechien nicht zu unterschätzen ist, weiß Patrick Franziska: "In Saarbrücken spiele ich zusammen mit Tomas Polansky in der Bundesliga. Tschechien hat eine ausgeglichene Mannschaft, die immer für Überraschungen gut ist. Sie spielen solides Tischtennis und haben alle eine starke Rückhand. Wir müssen gegen sie auf jeden Fall aufpassen. Wir selbst gehen aber mit viel Selbstvertrauen ins Turnier."
Auch Deutschlands Damen sind in der Gruppe gegen Slowenien und Italien klar favorisiert. Abwehrass Han Ying lässt keinen Zweifel an der Zielstellung für die Vorrunde: "Wir sind klar stärker als unsere Gruppengegner. Diese beiden Spiele müssen wir gewinnen." Im Kampf um die Medaillen sieht Spitzenspielerin Petrissa Solja vor allem vier Konkurrenten: "Meines Erachtens wird Rumänen wie so oft unser stärkster Konkurrent sein. Die Rumäninnen spielen sehr gutes Tischtennis, und ich bin mir sicher, sie werden eine sehr gute Leistung abrufen. Ich denke, sie haben noch eine Rechnung mit uns offen, da wir bei den European Games gegen sie gewinnen konnten. Außerdem sind Österreich, Polen und die Niederlande stark einzuschätzen."
Herren
Timo Boll (Borussia Düsseldorf, Weltrangliste: 7, Europarangliste: 2)
Dimitrij Ovtcharov (Fakel Gazprom Orenburg/Russland, WR: 12, ER: 3)
Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT, WR: 15, ER: 4)
Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt, WR: 37, ER: 15)
Ruwen Filus (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, WR: 40, ER: 18)
Damen
Petrissa Solja (TSV 1909 Langstadt, WR: 21, ER: 3)
Han Ying (KTS Zamek Tarnobrzeg/Polen, WR: 30, ER: 6)
Nina Mittelham (ttc berlin eastside, WR: 41, ER: 12)
Shan Xiaona (ttc berlin eastside, WR: 100, ER: 45)
Yuan Wan (TTG Bingen/Münster-Sarmsheim, WR: 172, ER: 77)
Herren, Gruppe A: Deutschland, Russland, Tschechien
Damen, Gruppe B: Deutschland, Italien, Slowenien
Die Spielreihenfolge in den Vorrundengruppen ist 2 – 3, 1 – 3 und 1 – 2.
Dienstag, 3. September
19 Uhr
Herren, Gruppe A: Russland – Tschechien, Deutschland hat spielfrei
Damen, Gruppe B: Italien – Slowenien, Deutschland hat spielfrei
Mittwoch, 4. September
16 Uhr
Herren, Gruppe A: Deutschland – Tschechien
19 Uhr
Damen, Gruppe B: Deutschland – Slowenien
Donnerstag, 5. September
16 Uhr
Herren, Gruppe A: Deutschland – Russland
Damen, Gruppe B: Deutschland – Italien
Freitag, 6. September
10 Uhr: 1. Viertelfinale Damen und Herren
13 Uhr: 2. Viertelfinale Damen und Herren
16 Uhr: 3. Viertelfinale Damen und Herren
19 Uhr: 4. Viertelfinale Damen und Herren
Samstag, 7. September
10 Uhr: 1. Halbfinale Damen
13 Uhr: 2. Halbfinale Damen
16 Uhr: 1. Halbfinale Herren
19 Uhr: 2. Halbfinale Herren
Sonntag, 8. September
13 Uhr: Finale Damen
16 Uhr: Finale Herren
Im Anschluss an das Herren-Finale finden beide Siegerehrungen statt.