Höchst/Düsseldorf. Timo Boll ist nicht nur einer der weltbesten Spieler - er genießt auch in allen Teilen der Welt größte Anerkennung und Respekt. Vor drei Jahren gründete er die Online-Plattform "Timo Boll Webcoach". Sein Ziel: Wissen weitergeben. Seit mehreren Monaten freuen sich seine Fans auch über wöchentliche Videos auf seinem kostenfreien, englischssprachigen YouTube-Kanal. Im Interview erklärt er, woher die Leidenschaft zum Video kommt und wie es mit seinem Webcoach weitergeht.
Frage: Timo, dürfen wir dich mittlerweile eigentlich als YouTuber bezeichnen?
Timo Boll: Naja, ich sehe mich weiterhin als Tischtennis-Profi, aber ich habe großen Spaß daran, Videos zu drehen, da ich ein richtiger Technik-Freak bin. Gleichzeitig kann ich mein gesamtes Know-how weitergeben.
Dein YouTube-Kanal wächst rasant – du bietest deinen Fans weltweit von kurzen Tipps, deinen Paradeschlägen, Übungen über Spielanalysen und Tests einen tiefen detaillierten Einblick in deine Tischtennis-Geheimnisse – und das kostenfrei. Warum?
Boll: Auf YouTube veröffentliche ich viele Appetizer, behind the scenes und einfache nützliche Tipps. Wer mein gesamtes Wissen "aufsaugen" möchte, der findet dies auf meinem Portal "Timo Boll Webcoach". Das ist allerdings nicht ganz umsonst, da ich dieses nicht alleine betreibe, einige Teammitglieder für alle Bereiche habe und das Portal auch einige Kosten verursacht. Aber ich denke, wir bieten dieses Wissen zu einem sehr fairen Preis an.
Es klingt nach viel Aufwand: Wie schaffst du das zeitlich?
Boll: Da ich es auch als mein Hobby ansehe, jammere ich nicht über die eigentlich freien Tage, die ich dafür opfere.
Und die Resonanz deiner Zuschauer ist sehr gut. Das motiviert, oder?
Boll: Klar, ich habe natürlich auch einen eigenen Anspruch, dass ich die Tutorials verständlich erkläre, aber auch der "künstlerische" Aspekt ist mir wichtig. Die Videos sollen auch lecker aussehen! Wenn man Lob dafür bekommt, was man erst begonnen hat, ist das Motivation für die Zukunft.
Hast du Vorbilder auf YouTube, wo du dir Dinge abschaust?
Boll: Auf jeden Fall. Schaue mir sehr viele Technik-Youtuber an. Viele sind richtige Künstler geworden. Zu Beginn haben sie nur einfache Videos wie Reviews gemacht. Mittlerweile drehen sie richtig coole Kurzfilme. Ich mag den Schweden Peter Lindgren sehr gerne.
Im Podcast „Ping, Pong & Prause“ hast du gesagt, du wärst am liebsten Videograph geworden, wenn nicht Tischtennisspieler. Es ist doch nie zu spät, oder?
Boll: Kameras usw. sind super spannend für mich. Am liebsten würde ich nicht immer vor der Kamera stehen, sondern nur dahinter. Aber wir sind ein gutes Team und ich darf meinen "Senf" auch zur Kameraführung usw. dazugeben. Genauso ist es für mich hilfreich, auch aus dem Amateurbereich Feedback zu bekommen, welche Themen interessant sind und ob das überhaupt verständlich und durchführbar ist.
In deinem Vlog und auch in dem Format „Timos Week“ nimmst du die Zuschauer mit auf deine Reise und zeigst auch viel hinter den Kulissen. Kennen deine Teamkollegen dich nur noch mit Vlogging-Kamera in der Hand?
Boll: Haha, ja, die Vlogs sind immer ganz lustig. Ich getraue mich nicht immer, die Kamera zu zücken, da ich gerade im Team mich auch unterordnen möchte. Da brauche ich immer ein gutes Gespür, ob der Moment gerade passt, ohne jemanden zu stören oder zu nerven. Das ist mir wichtig. Aber die Jungs sind alle recht entspannt und mit Social Media aufgewachsen. Daher freuen sie sich meistens auf meine Vlogs, die ich immer zusammenschneide. Es sind auch für uns schöne Erinnerungen, nicht nur ein "behind the scenes" für die Zuschauer.
Aber mal im Ernst: Du hast ja nicht nur den YouTube-Kanal, sondern auch den Timo Boll Webcoach. Sind das auch Zukunftsprojekte für die Zeit nach deiner aktiven Karriere?
Boll: Auf jeden Fall. Ich glaube, ich bin nicht der Typ, der seine nächsten 25 Berufsjahre weiterhin den ganzen Tag in der Halle stehen möchte. Aber es wäre auf der anderen Seite schade, wenn mein Tischtennis-Wissen nicht weitergegeben würde. Da ich schon immer etwas mit Technik machen wollte, ist der Timo Boll Webcoach auf jeden Fall ein Projekt, das mir sehr viel Spaß macht und ich später nach der aktiven Karriere auch intensivieren möchte.
Wo willst du mit dem Webcoach und mit dem YouTube-Kanal noch hin?
Boll: Ich setze mir selten konkrete Ziele, aber wer mich kennt weiß, wie perfektionistisch ich bin. Ich möchte einfach mit meiner Arbeit zufrieden sein und hoffe, dass beides weiterhin gut angenommen wird. Beim Webcoach sind wir kurz davor, die Videos und die Plattform auch in englischer Sprache zu veröffentlichen.
Auf welche Videos können sich die Fans noch freuen?
Boll: Auf eine Mischung aus Videos, die bei alle sehr gut ankommen und beliebt sind. Zum Beispiel rund um das Thema Aufschläge. Aber ich mag auch sehr gerne diese kleinen Details, die man veranschaulichen kann, wie bei meinem Video über den verzögerten Rückschlag oder den Daumen als wichtigen Druckpunkt auf dem Schläger.