Doha. Patrick Franziska hatte Tränen in den Augen, Tränen der Enttäuschung nach einer hervorragenden Leistung im Achtelfinale der WM von Doha, die er nicht mit einem Sieg krönen konnte. „Ich habe lange kein Tränchen mehr verdrückt“, sagte er nach der Sieben-Satz-Niederlage gegen Lin Yin-Ju, den Olympia-Vierten von Tokio.
Chefcoach Roßkopf: „Heute war ein 4:0 drin“
Franziskas Spiele in Katar waren auch in den Runden zuvor nichts für schwache Nerven gewesen. Im Auftaktmatch gab es ebenso ein 4:3 über Liao Cheng-Ting aus Taiwan wie in Runde drei gegen den Südkoreaner Cho Daesong, gegen Letzteren sogar nach 0:3-Satzrückstand. Doch gegen die Nummer aktuelle Nummer zwölf Weltrangliste am Freitagabend war es anders. „Wir hätten schon vor einer Stunde hier stehen und über seinen Sieg sprechen können“, brachte es Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf in der Mixed Zone der Lusail Sports Arena Doha, wo Trainer und Aktive auf die Journalisten treffen, auf den Punkt. „Heute war ein 4:0 drin bei den Führungen, die Franz hatte.“ Und das gegen seinen Angstgegner, gegen den Franziska zuvor international acht Niederlagen kassiert hatte (Franziska: Ich habe zwar mal gegen ihn gewonnen, aber da war er zwölf oder so.).
Der 32-jährige Saarbrücker begann stark, holte sich Durchgang eins mit 11:8 und spielte in Satz zwei immer aus einer Führung. Sein 10:6 aber konnte er nicht nutzen. Auch der dritte Satz ging nach 10:9 mit 10:12 verloren. Im Vierten war Lin am Drücker, Franziska aber erholte sich vom 1:7-Rückstand. Nach einer Verletzungspause beim Stand von 6:7 wirkte sein Kontrahent zunächst gehemmt. Deutschlands vierfacher Medaillengewinner bei Weltmeisterschaften nutzte seine Chance und überließ Lin Yun-Ju bis zum Satzende keinen Punkt mehr. Seine 9:7 in Durchgang fünf brachte Patrick Franziska nicht ins Ziel: 9:11 durch einen Fehlaufschlag. Von Frust über das 2:3 war trotzdem keine Spur. Satz sechs holte sich der sechsfache Europameister über ein 10:2 mit 11:7.
Doch schon in der Endphase deutete sich an, dass der Taiwaner mit zunehmender Spieldauer noch stärker wurde. Er brillierte bei den Rallyes, war durchschlagskräftig und gewohnt schnell auf den Beinen. Der Entscheidungssatz begann zwar mit 1:0 und 2:1 für den Deutschen, doch danach war trotz konzentrierter Leistung kein Durchkommen mehr gegen den Einzel-Bronzemedaillengewinner der Asien-Meisterschaften. „Ich hatte heute das Gefühl, ich bin am Zug. Der Matchplan und wie ich mich reguliert habe, war gut. Ich hatte gute Ideen“, erklärte Patrick Franziska die Gründe für seine Enttäuschung. Den zweiten Satz habe er holen müssen, um die Partie gewinnen zu können. “Alles in allem war es ein super Spiel von mir, auch taktisch. Aber das bringt jetzt auch nichts.“ Der Schmerz saß tief so kurz nach dem Aus bei Match der verpassten Chancen. Es wäre für den Familienvater das zweite WM-Viertelfinale im Einzel nach 2015 in Suzhou gewesen. Doch er ist sicher: „Spielerisch war das so gut, dass es mir in ein, zwei Tagen, wenn es mir besser geht, Auftrieb geben wird. Und in zwei Jahren ist wieder eine WM!“
Ein gutes Turnier, doch ohne zählbares Ergebnis
Für Herren-Chefcoach Roßkopf an dessen 56. Geburtstag war es „eine sehr bittere Niederlage. 'Franz' ist auch bei den Führungen konzentriert geblieben. Das war auch taktisch ein gutes Spiel von ihm. Er hat heute unverdient verloren.“ Die Bilanz von Jörg Roßkopf nach dem Aus des letzten seiner fünf Herren im Turnier: „Insgesamt haben wir bei der WM knappe Niederlagen einstecken müssen: Patrick Franziska, Benedikt Duda, Dang Qiu und Ricardo Walther“, zählte er auf. Dimitrij Ovtcharov hatte wegen einer Bandscheibenverletzung zu seinem Erstrunden-Einzel nicht antreten können. „Wir haben die Setzungen nicht erfüllt, aber die Setzungen machen bei den Weltmeisterschaften nicht so einen großen Unterschied. Unsere Jungs waren gut drauf, aber sie haben gegen starke Spieler verloren. Das eine oder andere Spiel müssen wir einfach zumachen.“ Der Doppel-Weltmeister von 1989 weiß: „Von außen wird vor allem Sieg oder Niederlage bewertet und daran müssen wir und ich uns auch messen lassen. Aber es waren alles bittere Niederlagen."
Letzte Deutsche im Turnier: Wan/Winter im Viertelfinale am Freitagmorgen
Lin Yun-Ju trifft im Viertelfinale am Freitagabend auf den an Position zwei gesetzten Chinesen Wang Chuqin. Der Schwede Truls Möregradh, Hugo Calderano aus Brasilien und ggf. Frankreichs Felix Lebrun, dessen Spiel gegen An Jaehyun aus Südkorea noch läuft, sind die einzigen Nicht-Asiaten in der Runde der besten Acht im Herren-Einzel. Der als Weltranglisten-Erster topgesetzte Chinese Lin Shidong bekommt es auf dem Weg zu seiner ersten WM-Einzelmedaille mit Landsmann Liang Jingkun zu tun.
Die letzten Deutschen im WM-Turnier sind Sabine Winter und Yuan Wan. Im Doppel-Viertelfinale stehen sie am Freitag um 10.40 gegen die amtierenden Europameisterinnen Sofia Polcanova/Bernadette Szöcs gegenüber.
Herren-Einzel, Achtelfinale
Patrick Franziska - Lin Yun-Ju TPE 3:4 (8,-10,-10,7,-9,7,-4)
Freitag, 23. Mai
Damen-Doppel, Viertelfinale
Yuan Wan/Sabine Winter - Sofia Polcanova/Bernadette Szöcs AUT/ROU, 10:40 Uhr
Shin Yubin/Ryu Hanna KOR - Satsuki Odo/Sakura Yokio JPN 3:1 (9,-9,6,16)
Miwa Harimoto/Miyuu Kihara JPN - Kim Nayeong/Lee Eunhye KOR 3:0 (3,5,8)
Wang Manyu/Kuai Man CHN - Adina Diaconu/Maria Xiao ROU/ESP, 10.40 Uhr
Das WM-Aufgebot des DTTB
Herren
Dang Qiu (Borussia Düsseldorf, WR: 11), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt, WR: 13), Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT, WR: 14), Dimitrij Ovtcharov (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, WR: 20), Ricardo Walther (ASV Grünwettersbach, WR: 35)
Damen
Sabine Winter (TSV Dachau, WR: 45), Ying Han (KTS Tarnobrzeg/Polen, WR: 47), Xiaona Shan (ttc berlin eastside, WR: 50), Yuan Wan (TTC Weinheim, WR: 62). Annett Kaufmann (SV DJK Kolbermoor, WR: 111)
Herren-Doppel
Benedikt Duda/Dang Qiu, Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov
Damen-Doppel
Annett Kaufmann/Xiaona Shan, Yuan Wan/Sabine Winter
Gemischtes Doppel
Annett Kaufmann/Patrick Franziska, Yuan Wan/Benedikt Duda
Sportliche Leitung
Richard Prause (DTTB Vorstand Sport)
Trainerteam
Jörg Roßkopf (Bundestrainer Herren), Lars Hielscher (Cheftrainer Düsseldorf), Tamara Boros (Bundestrainerin Damen), Zoltan Batorfi (Assistenz-Bundestrainer Damen), Sascha Nimtz (Experte für Videoanalysen, Wissenschaftskoordinator IAT Leipzig)
Medizinische Abteilung
Dr. Thomas Garn (Teamarzt), Dr. Christian Zepp (Sportpsychologischer Experte), Annette Zischka, Christian Bressau-Krabbe (Physiotherapeuten, OSP Hessen in Frankfurt/Main)
Organisationsleiter
Rainer Kruschel (Leiter Referat Leistungssport)
Schiedsrichter
Melanie Timke (Sielmingen)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Manfred Schillings (DTTB)