Es war alles angerichtet für eine Überraschung: 8000 Zuschauer in der bis auf den letzten Platz gefüllten Messehalle 6 sorgten bei den LIEBHERR Weltmeisterschaften in Düsseldorf für eine hervorragende Stimmung, als Timo Boll und Titelverteidiger Ma Long (China) im Viertelfinale aufeinander trafen. Die deutschen Fans gaben alles, um den 36-Jährigen zum zweiten Mal nach 2011 in Rotterdam in ein WM-Halbfinale zu schreien. Doch es sollte nicht sein, denn der Weltranglistenerste und Olympiasieger erwies sich an diesem Tag als zu stark. Boll verlor zwar mit 5:11, 11:8, 4:11, 11:5, 4:11 und 9:11, doch das Publikum feierte den deutschen Rekordmeister wie einen Sieger. „Ich bin stolz auf die Zuschauer. Es hat eine Menge Spaß gemacht. Gerne hätte ich noch mehr zurückgegeben. Ich habe alles probiert und am Limit gespielt.“ Bundestrainer Jörg Roßkopf schwärmte ebenfalls: „Jeder hätte sicherlich gerne noch einen siebten Satz gesehen.“
Mini-Entscheidungen gaben den Ausschlag für Ma Long
Eine halbe Stunde nach der 2:4-Niederlage machte Timo Boll gar kein Geheimnis daraus, „dass die Enttäuschung und Trauer über das Ergebnis schon da ist. Meine Leistung war sehr gut.“ Um so bitterer war es für den Deutschen, dass es trotz eben dieser „sehr guten Leistung“ nicht zum Einzug in das Halbfinale und damit zur zweiten WM-Einzelmedaille reichte. Als „ärgerlich“ bezeichnete der Linkshänder den Verlauf des sechsten Durchgangs. Trotz einer 8:4- und 9:8-Führung reichte es nicht zum Satzausgleich und damit zum Erreichen des siebten Abschnitts. „Einige Mini-Entscheidungen waren dafür verantwortlich, dass ich es nicht geschafft habe. Außerdem war Ma Long in dieser Phase sehr kreativ. Das macht die Nummer 1 der Welt nun mal aus.“ Roßkopf beobachtete, „dass Ma Long nervöser wurde und Timo eine richtig gute Qualität in seinen Schlägen hatte“.
Die verpasste Medaille bei der Heim-WM wirft Timo Boll aber nicht aus der Bahn. „Ich werde weiter ackern und hoffe, dass mir noch schöne Jahre bevor stehen.“ Im Vergleich zu den Olympischen Spielen im August des vergangenen Jahres habe sich Boll nach eigenen Angaben verbessert. Der Bundestrainer ist davon überzeugt, dass die guten Vorstellungen seines Schützlings in Düsseldorf und die Tatsache, „den aktuell besten Spieler der Welt fast in den siebten Satz gebracht zu haben, Selbstvertrauen gegeben haben. Dafür kann sich Timo aktuell allerdings nur wenig kaufen.“
Timo Boll setzt auf Ma Long als alten und neuen Weltmeister
Und wer wird am Pfingstmontag in Düsseldorf Einzel-Weltmeister? „Ma Long hat es sowohl menschlich als auch sportlich verdient“, sagte Doppelpartner Boll, nahm seine Sporttasche und verließ die Mixed-Zone. Wenn am Montag ab 10 Uhr die beiden Halbfinalpartien ausgetragen werden, fehlt ein Spieler, der ebenfalls den Sprung unter die letzten Vier verdient gehabt hätte: Timo Boll.