Hannover-Misburg. Sie strauchelten gewaltig im Halbfinale, fielen aber nicht und hielten am Ende zum dritten Mal in Folge den Pokal in die Höhe. Der ttc berlin eastside hat die Deutsche Pokalmeisterschaft gewonnen, zum nunmehr dritten Mal in Serie nach der Wiederauflage des nationalen Cups. Die Berlinerinnen zeigten vor allem im Halbfinale gegen Kolbermoor, warum sie das Frauen-Spitzenteam in Deutschland sind. Kurz vor dem K.O. stehend, feierten Petrissa Solja, Shan Xiaona und Georgina Pota ein bravouröses Comeback, münzten einen 0:2-Rückstand in einen 3:2-Erfolg und gewannen anschließend das Endspiel gegen TUSEM Essen sicher mit 3:0. Im Finale vor 500 Zuschauern in der Sporthalle Hannover-Misburg gaben Solja, Shan und Pota nur zwei Sätze ab.
„Wir wollten mit einem Erfolg in das Jahr starten, das haben wir geschafft. Wir können weiterhin vom Triple träumen. Wir sind sehr glücklich“, sagte Berlins Präsident Alexander Teichmann, der sich mit dem Team und den mitgereisten Fans freute. „Das war heute eine richtige Achterbahnfahrt, und Achterbahnfahren mag ich nicht besonders. Das war ein Auf und Ab in der Gefühlswelt“, spielte Teichmann auf das dramatische Halbfinale gegen Kolbermoor an. „Das Spiel hat aber auch gezeigt, wie stark unsere Mannschaft ist, dass sie so zurückkommt.“
„Haben nie aufgehört, an uns zu glauben“
„Es war ein holpriger Start. Wir haben gegen Kolbermoor aber nie aufgehört, an den Erfolg zu glauben“, kommentierte Berlins Nummer eins Petrissa Solja das Halbfinale. „Gut spielen und gewinnen ist einfach. Wir haben nicht gut begonnen, uns dann aber gesteigert. Wir Spielerinnen haben den Pokal sehr ernst genommen. Ich war am Anfang sehr nervös, etwas steif, habe die längere Spielpause gemerkt und wusste, dass ich nicht bei 100 Prozent bin. Sabine hat auch gut gespielt. Wir sind aber als Mannschaft so selbstbewusst, dass wir solche Partien drehen können. Gina hat den ersten Schritt gemacht, dann haben Nana und ich nachgelegt. Es ist ein schönes Gefühl, mit der Mannschaft einen Titel zu gewinnen. Das wollen wir in der Champions League wenn möglich wiederholen“, betonte die Weltranglisten-15. Solja.
Kolbermoor fehlen zwei Punkte
Zwei Bälle fehlten dem SV DJK Kolbermoor zum Einzug in das Pokalfinale, doch Berlin kratzte noch die Kurve. Das nennt man wohl Siegermentalität. Der ttc eastisde lag mit 0:2 zurück und Gina Pota im Entscheidungssatz gegen Wenling Tan-Monfardini schon mit 8:9 hinten. Kolbermoors Nummer drei verschoss dann eine hohe Rückhand und die ungarische Nationalspielerin verkürzte auf 1:2. Im Anschluss drehten Petrissa Solja (gegen Kristin Silbereisen) und Shan Xiaona (3:0 gegen Sabine Winter) die Partie um und brachten den Deutschen Meister ins Endspiel. Im ersten Durchgang hatten jeweils Silbereisen und Winter triumphiert und die Oberbayern mit 2:0 vorübergehend auf die Siegerstraße gebracht. Am Ende hatte mal wieder der ttc berlin eastside die Nase vorn. "Als Gina mit 8:9 im fünften Satz hinten lag, waren wir innerlich schon auf dem Weg zum Bus", gab Berlins Präsident Alexander Teichmann zu Protokoll.
„Direkt nach dem Spiel sind wir natürlich enttäuscht. Wir hatten uns beim 2:0 die riesen Chance erarbeitet. Aber auch bei der 2:0-Führung war es noch ein 50:50-Spiel. Schade, dass wir die Chance nicht genutzt haben, aber wir werden es wieder probieren“, sagte Winter. Die ersten Duelle waren aus zweierlei Hinsicht interessant. Die vier Asse kennen sich nicht nur aus der Nationalmannschaft gut, sondern sind auch schon länger befreundet oder ein erfolgreiches, harmonisches Doppel. Winter und Solja wurden 2013 Europameisterinnen, sind zweifache deutsche Doppelmeister (2015, 2013) und gewannen 2012 die German Open. Mit dem 3:1 über Solja sorgte eine spielstarke Winter für die erste Überraschung. Vorentscheidend war Satz drei, in dem die Berlinerin einen 10:6-Vorsprung aus der Hand gab und in der Verlängerung einen weiteren Satzball ausließ.
Im zweiten Einzel kam es zum Freundinnen-Duell zwischen Kristin Silbereisen und Shan Xiaona. Zwar gab die 30-jährige Deutsche Meisterin von 2010, Silbereisen, den zweiten Durchgang nach zwei Satzbällen noch ab, doch im dritten und vierten behielt sie knapp die Oberhand. Es war die 2:0-Führung für Kolbermoor, die aber letztlich nicht reichen sollte.
Essen freut sich über den Finaleinzug
Der unterlegene Finalist TUSEM Essen musste sich nicht lange ärgern. „Wir hätten auch gerne den Pokal geholt. Unser Ziel war das Finale und das haben wir erreicht“, betonte Teammanager Klaus Ohm. Im Finale sei etwas die Luft raus gewesen. „Aber man muss einfach mal die Klasse von Berlin sehen, diese Selbstverständlichkeit, die die Spielerinnen an den Tag legen“, sagte Ohm. Im Endspiel hatte Barbora Balazova gegen Shan Xiaona die kleine Chance auf den Ausgleich, nach gewonnenem ersten Satz verlor die vierfache slowakische Einzelmeisterin aber dreimal knapp.
Alena Lemmer behält im Halbfinale die Nerven
Mit einer geschlossenen Teamleistung war Essen nach hartem Kampf gegen den TTV Hövelhof in das Pokalfinale eingezogen. Der starke Aufsteiger Hövelhof bot mächtig Paroli, wäre beinahe mit 2:0 in Führung gegangen, doch Essens Youngster, Alena Lemmer, hatte etwas dagegen. Die 18-jährige Schüler-Europameisterin von 2012 bezwang Abwehrcrack Aimei Wang mit 11:8 im Entscheidungssatz, zeigte spielerische Klasse und Nervenstärke, etwa im vierten Satz beim 6:9-Rückstand. Lemmers Sieg war der Wendepunkt in der Partie. Nadine Bollmeier (3:1 gegen Yvonne Kaiser) und Barbora Balazova (3:1 gegen Wang) sorgten für den Finaleinzug – zur Freude des Essener Fanclubs. Klaus Ohm, Team-Manager hatte für seine Jüngste ein Extra-Lob parat: „Das war einfach klasse. Bei Alena ist wichtig, dass sie fit ist. Das ist momentan, ihr Rücken ist stabil. Wir haben gestern Abend entschieden, dass sie vorne spielt, weil sie momentan super drauf ist“, sagte Ohm, der richtig happy war über den Finaleinzug, aber sich einen anderen Endspielgegner gewünscht hätte.
"Wir haben das Tor nicht getroffen"
Der unterlegene Halbfinalist TTV Hövelhof trauerte verpassten Möglichkeiten nach. „Schade. Wir haben eine gute Leistung geboten, aber leider das Tor nicht getroffen“, resümierte Coach Martin Mewes. „Essen hat eine clevere Aufstellung gewählt, wir haben den Big Point am Anfang gemacht, dann hat Aimei leider ihre Chancen nicht genutzt. Im letzten Einzel hätten wir meiner Meinung nach ein leichtes Plus gehabt“, erklärte Mewes.
„Für uns war es erst mal ein riesen Erfolg, hier mitspielen zu dürfen. Als Aufsteiger ist das nicht selbstverständlich. Die Chance auf das Finale war da. Nach dem überraschenden 1:0 haben wir gehofft, das 2:0 zu machen. Dann hätte es vielleicht anders ausgesehen“, sagte Hövelhofs Nummer drei Yvonne Kaiser.
Orga-Team um Uwe Rehbein müde, aber zufrieden
„Es war eine tolle Atmosphäre, die Organisation hat geklappt, die Mannschaften haben sich hier in Hannover wohl gefühlt, wie sie mir bestätigt haben. Die Veranstaltung wurde von den Zuschauern angenommen. Mir hat das Turnier viel Freude bereitet. Es war eine sehr lange und anstrengende Vorbereitungszeit, aber die Mühen haben sich gelohnt“, sagte Uwe Rehbein. Er war der Kopf des Final-Four-Durchführerteams mit den Vereinen TTC Helga Hannover, SG Misburg und Badenstedter SC. Seit 30 Jahren richtet der „Mr. Tischtennis Hannover“ Großveranstaltungen im Tischtennis aus, das Final Four der Damen in diesem Jahr war seine insgesamt 17. DTTB-Vizepräsident Sportentwicklung, Arne Klindt, ehrte Rehbein und das Orga-Team, überreichte ein Präsent an den zuverlässigen Ausrichter und nahm später zusammen mit Rehbein und SG-Misburg-Abteilungsleiter Christian Schütze die Siegerehrung vor.
Deutsche Pokalmeisterschaft der Damen, Final Four
Finale
ttc berlin eastside - TUSEM Essen 3:0
Petrissa Solja - Alena Lemmer 3:0 (5,8,4)
Shan Xiaona - Barbora Balazova 3:1 (-6,9,8,9)
Georgina Pota - Nadine Bollmeier 3:1 (6,-9,3,7)
Halbfinals
ttc berlin eastside – SV DJK Kolbermoor 3:2
Petrissa Solja - Sabine Winter 1:3 (7,-11,-12,-6)
Shan Xiaona - Kristin Silbereisen 1:3 (-8,10,-9,-9)
Georgina Pota - Wenling Tan-Monfardini 3:2 (5,7,-6,-7,9)
Petrissa Solja - Kristin Silbereisen 3:1 (7,8,-9,6)
Shan Xiaona - Sabine Winter 3:0 (7,7,6)
TUSEM Essen – TTV Hövelhof 3:1
Barbora Balazova - Svetlana Ganina 1:3 (-5,-8,9,-8)
Alena Lemmer - Wang Aimei 3:2 (-10,8,-5,10,8)
Nadine Bollmeier - Yvonne Kaiser 3:1 (9,-5,6,5)
Barbora Balazova - Wang Aimei 3:1 (10,3,-9,9)