Cluj-Napoca. Franziska Schreiner überzeugte am Schlusstag der U21-Europameisterschaften in Cluj-Napoca mit einer starken Leistung, aber die Nachfolgerin von Annett Kaufmann heißt Elena Zaharia. Die Langstädterin unterlag Rumäniens Lokalmatadorin in einem dramatischen Finale knapp in sieben Sätzen und schrammte nur um Haaresbreite an der Goldmedaille vorbei. Bei den Herren sicherte sich der Pole Samuel Kulczycki den Titel.
Wie schon im Jahr 2021 in Spa musste sich Franziska Schreiner erst unmittelbar vor dem Ziel geschlagen geben. In Belgien war der Deutschen Meisterin im Doppel (2019) und Mixed (2021) im Halbfinale der Weg zum Titel von ihrer Nationalmannschaftskollegin Annett Kaufmann verstellt worden. Das Ausnahmetalent aus Böblingen hatte im Vorjahr im Alter von 15 Jahren als bislang jüngste Spielerin und zweite Deutsche nach Chantal Mantz im Premierenjahr 2017 den U21-Titel errungen. Schreiners überaus hell glänzende Silbermedaille ist die insgesamt vierte deutsche: Zuvor standen auch Yuan Wan, der aktuelle Herren-Europameister Dang Qiu (beide 2017) sowie 2019 Gerrit Engemann als Zweitplatzierte auf dem U21-Siegerpodest.
Franziska Schreiner: "Das hatte ich wirklich auf der Pfanne"
Franziska Schreiner war nach der 5:11, 8:11, 11:8, 10:12, 11:9, 12:10 und 7:11-Niederlage gegen die an Position eins gesetzte Favoritin Elena Zaharia vor allem deshalb enttäuscht, weil sie die Niederlage als vermeidbar einstufte: "Ab 0:1 und 8:8 war ich die eigentlich die bessere Spielerin. Leider habe ich im vierten Satz nach einer 7:2-Führung und 10:9 meine Chance nicht nutzen können. Das hatte ich wirklich auf der Pfanne. Dann hätte es 2:2 gestanden und ich wäre wahrscheinlich anschließend mit 3:2 in Führung gegangen, dann hätte ich sicherlich zudem noch viel besser gespielt."
Schreiner, die immer wieder sehr weite Wege gehen musste, um gegen die Block- und Platzierungskünste ihrer Gegnerin ein Durchkommen zu finden, erspielte sich in einem ausgeglichen Finale trotz des 1:3-Rückstandes noch ihre Chance. Dem Energiebündel gelang der 3:3-Ausgleich, nachdem es bei 9:10 in Satz sechs zunächst einen ersten Matchball der Rumänin abgewehrt hatte. Der siebte und entscheidende Satz stand bis zum 5:5 auf des Messers Schneide, dann allerdings setzte sich die Lokalmatadorin mit 8:5 und 10:6 vorentscheidend ab. Bei 10:7 verwandelte Zaharia ihren insgesamt dritten Matchball zum Titelgewinn. Ihre Leistung im Endspiel beurteilte Schreiner selbstkritisch: "Ich habe im Finale leider etwas schlechter gespielt als in den Matches zuvor. Ich war auch etwas nervös, darunter hat die Qualität von meinen Bällen gelitten."
Bundestrainerin Lara Broich lobte ihre Spielerin: "Die Silbermedaille ist ein riesiger Erfolg. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass Franziska am Ende ganz oben steht. Das Finale war ein knappes Ding. Aber Franzi hat hier insgesamt über die Tage hinweg vom ersten bis zum letzten Ball ein super Turnier gespielt und viele starke Spielerinnen besiegt, unter anderem die Französin Pavade. Franzi kann aus diesem Turnier viel Selbstvertrauen schöpfen. Wir wollen aber auch die Siegerin nicht vergessen und gratulieren Zaharia. Den Titel im eigenen Land zu gewinnen, ist sicherlich eine coole Sache."
Franziska Schreiner mit starker Gesamtbilanz
Die für Langstadt in der Bundesliga spielende und in Düsseldorf lebende und trainierende Bayerin darf mit ihren Leistungen beim Turnier in der Gesamtbetrachtung in der Tat überaus zufrieden sein. Am Morgen vor dem Finale besiegte die an Position acht gesetzte Rechtshänderin im Halbfinale in einer sehenswerten Partie die Goldmedaillenaspiranten Prithika Pavade (Frankreich), die bereits 2020 das Turnier gewonnen hatte, in sieben umkämpften Sätzen. In der Runde der besten Acht gewann sie gestern das deutsche Duell mit Sophia Klee (Weinheim) glatt mit 4:0, nachdem sie im Achtelfinale die unorthodox agierende polnische Materialspielerin Anna Brzyska auf Distanz gehalten hatte. Zuvor war Schreiner, die als Gesetzte erst in Stufe 2 eingreifen musste, auch in der Zwischenrunde ungeschlagen geblieben und hatte mit Erfolgen über Agathe Anne Azevou (Frankreich), Anna Wegrzyn (Polen) und Matilda Hansson (Schweden) den Grundstein für ihren späteren Finaleinzug gelegt.
Inernationale Erfahrung ebenso wichtig wie Medaillen
Das achtköpfige deutsche Aufgebot, das mit fünf aktuellen Jugendnationalspielern gegen die fast durchweg ältere U21-Konkrurenz antrat, muss sich in Rumänien mit einmal Edelmetall begnügen. Die größte Medaillenhoffnung, der an Position eins gesetzte Kay Stumper (Düsseldorf), scheiterte überraschend und unerwartet frühzeitig im Achtelfinale im Duell der U19-Europameister von 2021 und 2022 an seinem Nachfolger Eduard Ionescu (Rumänien).
Erfreulich war der Viertelfinaleinzug von Sophia Klee. Die 19 Jahre alte Weinheimerin benötigte zwar in der Vor- und Zwischenrunde das Glück der Tüchtigen, um jeweils als Gruppenzweite die nächste Stufe zu erreichen. Ihr gutes Ergebnis ist jedoch hoch verdient. Der Bundesligaspielerin fehlt es nach einer rund halbjährigen Knieverletzung allein noch an Konstanz und Wettkampftraining, um wieder zu ihrer Bestform zurückzufinden, scheint aber auf dem besten Weg dorthin. Erfreulich waren auch die Auftritte der erst 16 Jahre alten Mia Griesel. Die zweifache U15-WM-Dritte von 2021 performte gegen die durchweg ältere Konkurrentinnen mehr als nur auf Augenhöhe und wurde erst im Achtelfinale von Frankreichs Titelaspirantin Pavade gestoppt.
Als fünfter deutscher Spieler hatte zudem der 16 Jahre alte Lleyton Ullmann (Hamm) die erste Stufe überstanden. Der als Ersatz für den verletzten Hannes Hörmann (Hilpoltstein) nachgerückte Hamburger zeigte in Cluj-Napoca sein Potential, musste aber in der Zwischenrunde Lehrgeld zahlen. Unerwartet früh, allerdings auch in einer schweren Gruppe, ereilte die deutsche U18-Meisterin Naomi Pranjkovic (Kolbermoor) das Aus. Auch Tom Schweiger (München) und Vincent Senkbeil (Buschhausen) kamen nicht über die erste Stufe hinaus.
Weitere Berichte
Der Finaltag im Einzel
Damen, Finale
Franziska Schreiner - Elena Zaharia ROU 3:4 (-5,-8,8,-10,9,10,-7)
Halbfinale
Franziska Schreiner - Prithika Pavade FRA 4:3 (-9,5,9,-5,-5,4,7)
Elena Zaharia ROU - Zdena Blaskova CZE 4:3 (7,-4,-6,-9,11,8,7)
Herren, Finale
Samuel Kulczycki POL - Vladislav Ursu MDA 4:2 (9,-8,7,10,-8,3)
Halbfinale
Samuel Kulczycki POL - Milosz Redzimki POL 4:1 (11,-10,6,7,9)
Maciej Kolodziejczyk AUT - Vladislav Ursu MDA 0:4 (-9,-8,-9,-9)
Links
DAS U21-AUFGEBOT DES DTTB
Damen-Einzel: Mia Griesel (MTV Tostedt), Sophia Klee (TTC Weinheim), Naomi Pranjkovic (SV DJK Kolbermoor), Franziska Schreiner (TSV Langstadt)
Damen-Doppel*: Griesel/Schreiner, Pranjkovic/Charlotte Bardsley ENG
*Sophia Klee spielt kein Doppel
Herren-Einzel: Tom Schweiger (FC Bayern München), Vincent Senkbeil (SC Buschhausen), Kay Stumper (Borussia Düsseldorf), Lleyton Ullmann (TTC GW Bad Hamm)
Herren-Doppel: Stumper/Senkbeil, Schweiger/Ullmann
Mixed*: Schreiner/Stumper, Pranjkovic/Schweiger, Griesel/Senkbeil, Ullmann/Emilija Riliskyte LTU
*Sophia Klee spielt kein Mixed
Trainer-Team: Lara Broich (Bundestrainerin Jugend 19 weiblich), Dustin Gesinghaus (Bundestrainer Jugend 19 männlich), Xiaoyong Zhu (Bundesstützpunkttrainer)
Physiotherapeutin: Maria Först (Neuss)
Schiedsrichter: Jürgen Wernerus (Würselen)