Chengdu/Düsseldorf. Er sprang ein, als Deutschland schon kurz vor dem Aus stand: Kay Stumper hat bei der WM im chinesischen Chengdu bereits im Viertelfinale gegen Jules Rolland sein Spiel des Turniers gespielt – und so den Grundstein für den grandiosen Silber-Erfolg gelegt.
Eine leichte Ausgangslage hatten Benedikt Duda und Dang Qiu ihrem dritten Mann im Viertelfinale der WM gegen das französische Team nicht verschafft. „Benne“ Duda hatte sein erstes Spiel gegen Alexis Lebrun nach 2:0-Führung noch knapp mit 2:3 abgeben müssen, Dang Qiu zog gegen Lebruns jüngeren Bruder Félix mit 1:3 den Kürzeren. Auch Stumper selbst startete mit einem 0:1-Rückstand gegen Rolland. „Viele haben vor dem Spiel von allen Seiten auf mich eingeredet“, sagt der Wahl-Düsseldorfer, der Samstag seinen 20. Geburtstag feiert, über das Spiel. Aus der Ruhe hat er sich davon nicht bringen lassen: Seinem Kontrahenten gönnte er keinen weiteren Satz, er gewann sein Spiel mit 3:1. Benedikt Duda und Dang Qiu machten anschließend den Einzug ins Halbfinale perfekt.
Es sind Momente wie diese, die Kay Stumper auszeichnen. Er bewahrt einen kühlen Kopf, schreibt sich selbst mentale Stärke in Spielen wie diesem zu, bei denen andere Kopfschmerzen bekommen würden. Es ist diese mentale Stärke, die Bundestrainer Jörg Roßkopf überzeugt hat, den Youngster einzusetzen. „Kay ist einer, der dann unbekümmert weiterspielt“, so der Coach. Mit dem Druck gegen Frankreich sei er gut umgegangen.
Zweimal Frankreich, zweimal dem Druck standgehalten
Frankreich war während der WM sowieso immer ein Gradmesser für Stumper: Auch in der Gruppenphase war er mit seinem Sieg gegen Emmanuel Lebesson bereits das Zünglein an der Waage gewesen. „Wir hatten eine schwere Gruppe erwischt“, meint Roßkopf über die ersten Spiele. Neben der mentalen Stärke vertraute der Einzel-Europameister von 1992 auf Stumpers gute Aufschläge und die sichere Spieleröffnung – und wurde dafür belohnt.
Dass er Leistung bringen kann, hat Kay Stumper in den vergangenen Jahren gezeigt. 2017 wurde er Deutscher Jugend-15-Meister, 2019 gewann er den Titel bei der Jugend 18. 2021 dann der vorläufige Höhepunkt: Bei der Jugend-EM im kroatischen Varaždin gewann er Gold im Einzel, zusammen mit Daniel Rinderer erkämpfte er sich im Doppel die Bronze-Medaille. Lange trainierte Stumper in Saarbrücken, stand beim Bundesligisten Neu-Ulm unter Vertrag. Seit 2022 schlägt er in der TTBL für die Borussia aus Düsseldorf auf. Das Netzwerk vor Ort hat ihn durch die WM gebracht, denn auch seine Teamkollegen wohnen in Düsseldorf, die Zusammenarbeit ist intensiv. „In Düsseldorf hat Kay die Möglichkeit, sich jeden Tag zu verbessern“, erklärt Bundestrainer Roßkopf. Bei der Borussia hat Stumper gezeigt, dass er in der TTBL mitspielen kann und so sein Ticket für die WM gelöst. Dort hat er weiteres Selbstvertrauen aufgebaut. „So geht das manchmal eben bei einer WM“, sagt der Coach.
Vor Ort in Chengdu war es nicht nur Tischtennis, das Stumper umgetrieben hat: Die strengen Quarantäneregeln der chinesischen Regierung haben ein striktes Verhalten vorausgesetzt. Jeden Tag PCR-Test, Austausch nur im kleinen Kreis – zum Beispiel beim Mario-Kart-Spielen mit den Teamkollegen im Zimmer, wie er sich schmunzelnd erinnert.
Ein Finale auf einer „mega Bühne“
Das Team trug sich schließlich selbst ins Finale gegen China, die in ihrem Heimatland ihren Titel schließlich verteidigen konnten. Die Niederlage hat Stumper gut verkraftet, die Stimmung in der Arena hat ihn hinreichend beeindruckt. „In China gegen China im Finale zu stehen: Größer geht es eigentlich nicht“, meint Stumper mit ein paar Tagen Abstand. Nach der WM gönnt er sich ein paar Tage Pause gegönnt, absolviert ein paar Medientermine nach der gestiegenen öffentlichen Aufmerksamkeit und feiert am 15. Oktober seinen 20. Geburtstag. Dann geht es in der TTBL, der Champions League und dem Pokal weiter, nicht zu vergessen den WTT Contender Ende Oktober in Slowenien.
Auf die WM blickt Stumper sehr positiv zurück: „Das war eine mega Bühne, die mich auf jeden Fall voranbringt“, sagt er. Auch Jörg Roßkopf ist mit seinen Personalentscheidungen und dem Verlauf der WM höchst zufrieden. „Ich habe vollstes Vertrauen in meine Spieler“, erklärt er mit Blick auf den Mut und das Selbstvertrauen seines Silber-Teams. In Chengdu hat sich das wieder einmal ausgezahlt.