Kaarst. „Das ist aber nicht einfach, nach einer so langen Zeit noch Einzelheiten parat zu haben“, war die spontane Reaktion von Eberhard Schöler auf die Bitte, sich an die letzten Weltmeisterschaften mit einem Medaillengewinn an der Seite seiner Ehefrau Diane zu erinnern. Kein Wunder, denn es ist schon ein halbes Jahrhundert her, dass das seit 1966 als Ehepaar verbundene gemischte Doppel Schöler/Schöler bei der 31. WM 1971 in Nagoya Bronze gewann. Genau genommen jährt sich dieses Datum am 7. April nun zum 50. Mal.
Im Rückblick erinnert sich Eberhard vor allem an die abenteuerlichen Umstände seines ersten Japan-Besuchs mit geschätzt zehn Zwischenlandungen, während Diane schon 15 Jahre früher bei der WM 1956 in Tokio gewesen war. „Ich weiß auch noch genau, dass wir mit einem feudalen Schnellzug, der mit 300 km/h unterwegs war, von Tokio nach Nagoya gefahren sind und dort für damalige Verhältnisse ideale Bedingungen antrafen.“
Halbfinale: Drei Abwehrer, ein starker Vorhand-Topspin
Trotz der zufriedenstellenden sechsten und siebten Plätze der deutschen Herren- und Damen-Mannschaften war die sportliche Ausbeute der beiden Schölers überschaubar. Sowohl Eberhard (gegen den chinesischen Viertelfinalisten Li Fujung) als auch Diane mussten bereits in der 2. Runde (letzte 64) die Segel streichen und kamen auch im Doppel (mit einem des Englischen nicht mächtigen Koreaners als „stummen“ Partner bzw. Aggi Simon) nicht in Medaillennähe.
Erst im Mixed lief es besser. Nach Siegen über die Franzosen Bergeret/Secrétin, dem späteren Mixed-Weltmeister-Duo, Vostova/Orlowski aus der Tschechoslowakei und die Ungarn Kishazi/Beleznay war das Halbfinale erreicht. An das Spiel und den Grund für die 0:3-Niederlage gegen die rumänisch/jugoslawische Kombination Maria Alexandru/Anton Stipancic erinnert sich Eberhard Schöler heute noch genau. „Wir waren drei Abwehrer, die das Schupfen bevorzugten. Aber immer wenn es möglich war, nutzte Stipancic mit seinem außergewöhnlichen Vorhandspin die Vorteile gegen Diane konsequent zum Punktgewinn.“
Im Anschluss noch ein Freundschaftsspiel in Hongkong
Die Chance, das Finale zu erreichen oder sogar den zu Titel zu holen, war damit verpasst. Zwei Jahre später zogen Diane und Eberhard in Sarajewo einen Schlussstrich unter ihrer erfolgreichen WM-Karriere. Die gebürtige Engländerin brachte es bis dahin seit 1951 auf stolze 15 Teilnahmen und 20 Medaillengewinne (2 x Gold, 8 x Silber, 10 x Bronze). Die Erfolgsausbeute ihres Mannes nimmt sich im Verhältnis mit fünf Teilnahmen sowie zweimal Silber und viermal Bronze fast bescheiden aus.
Zur Freude aller deutschen WM-Starter hatte DTTB-Generalsekretär und Reiseleiter Jupp Schlaf auf der Rückreise in Hongkong, Bangkok und Macao noch Zwischenstationen eingeplant. Im Wolkenkratzer-Staat fand sogar noch ein Länderkampf statt, bei dem in einer zugigen Halle – eigentlich unter Freiluftbedingungen – 2.000 Zuschauer jede Showeinlage, vor allem die hoch geworfenen Aufschläge von Klaus Schmittinger, begeistert bejubelten und der 7:2-Sieg zur Nebensache geriet.
Spleeniger US-Student trifft achtfachen Weltmeister: Ping-Pong-Diplomatie
Aber weder die Rückkehr der seit 1965 auf der WM-Bühne abwesenden Chinesen noch die Tatsache, dass mit dem 18-jährigen Stellan Bengtsson nach 18 Jahren wieder ein Europäer den Thron im Herren-Einzel (im Endspiel übrigens gegen Shigeo Itoh, den Schöler-Bezwinger von 1969 in München) bestieg, sorgten für die wirklichen Schlagzeilen der Titelkämpfe in Nagoya. Unter dem bekannten Stichwort „Ping-Pong-Diplomatie“ erlangten sie den unbestritten nachhaltigsten Einfluss auf die gesamte Weltpolitik.
Der profane Ausgangspunkt für das im Nachhinein geschichtsträchtige Ereignis war die lose Freundschaft des etwas spleenigen US-Studenten Glenn Cowan https://www.tischtennis.de/mit dem achtfachen Weltmeister Zhuang Zedong während der WM. Irgendwie war sie der Anlass, dass Chinas Delegationsleiter Sung Chung die amerikanische Mannschaft nach Peking einlud. Letztlich bedeutete dies das Ende der 20-jährigen Eiszeit und Spannungen zwischen beiden Nationen, die mit dem Besuch von Außenminister Henry Kissinger und Präsident Richard Nixon eine Fortsetzung erfuhr.
Mit Diane und Eberhard Schöler hatte das zwar nichts zu tun, aber den 7. April 1971, als Datum für die Einladung nach China, ist als geschichtlicher Meilenstein der politischen Annäherung in die Annalen eingegangen. Und im Film-Erfolg "Forrest Gump" mit Tom Hanks in der Hauptrolle wurde das historische Ereignis 1994 in einer Szene sogar noch in der jüngeren Kinogeschichte verewigt.