Weinheim. Vor sehr guter Kulisse - obwohl es der letzte Freitag vor Weihnachten war und viele unterwegs beim Shopping waren, kamen an die 300 Tischtennisfans in die Sporthalle des Werner-Heisenberg-Gymnasiums - wurde es nichts mit dem erhofften Spitzenspiel. Dazu war das Berliner Aufgebot an diesem Abend nicht stark genug, was aber kein Vorwurf an die jungen Spielerinnen sein soll, die das eastside-Dress trugen. Ein einziges Match mussten die Gastgeber gewinnen, um endgültig als inoffizieller Herbstmeister festzustehen, doch es wurden sechs. Wenn schon, denn schon.
Das in Weinheim aufgestellte Berliner Trio, das zum Kreis der Bundesligamannschaft zählt, hatte ein sensationelles Durchschnittsalter von etwas über 15 Jahren. Wohlgemerkt, hier ist die Rede von im Erstligateam gemeldeten Spielerinnen, nicht von Ersatzkräften. Die jungen Toptalente waren also alle an Bord, doch es fehlte zumindest eine Führungsspielerin, die den Jungen den Weg weisen konnte. Sabina Surjan war wegen einer Verletzung kurzfristig ausgefallen, sodass man am Ende froh war, mit Arina Spektor aus der Verbandsoberliga-Mannschaft überhaupt noch eine vierte Akteurin aufgetrieben zu haben.
Weinheim hatte dagegen sein Top-Quartett mit Yuan Wan, der „heimlichen Nummer eins“ Chien Tung-Chuan, Ece Harac und Mateja Jeger aufgeboten. Als die Teams Aufstellung genommen hatten, war fast jedem in der Halle klar, in welche Richtung es laufen würde.
2:0 nach den Doppeln, keinen wunderte es so recht. Harac/Jeger hatten keine Mühe mit dem Berliner „Opferdoppel“ Ma/Spektor, während Wan/Chien, ohnehin noch ungeschlagen, gegen Griesel/Neumann schon zu kämpfen hatten, um sich letztlich mit 3:1 (11:6, 11:7, 8:11, 11:9) durchzusetzen. Josi Neumann spielte gegen Yuan Wan zwar gut mit, doch die entscheidenden Akzente setzte die fast doppelt so alte Weinheimerin, die keinen Satz hergab. Im Match zwischen Chien Tung-Chuan und Mia Griesel roch es zeitweilig sogar nach einer Sensation, denn die 18-jährige Berlinerin gewann die ersten beiden Durchgänge gegen die verdutzte Asiatin mit 11:2 und 11:7. Die hatte dann aber genug und zog im dritten Satz gleich einmal auf 7:0 davon. 11:7, 11:8, 11:5 – so die Satzergebnisse drei bis fünf zugunsten von Chien, die also doch die Kurve genommen hatte. Dass Ece Harac gegen Arina Spektor nichts anbrennen lassen würde, war klar, somit 5:0 für den Gastgeber.
Doch die 14-jährige Lilian Ma verspürte keine Lust, den Gegner so zügig in die Kabine zu entlassen. Zwar verlor sie die ersten beiden Sätze gegen Kurznoppenspezialistin Mateja Jeger noch mit 8:11 und 7:11, doch dann gelang der „Turnaround“. Durchgang drei ging mit 11:7 an eine inzwischen richtig stark spielende Ma und dann folgte der Schlüsselsatz: Zunächst konnte das Berliner Jungtalent bei 10:8 zwei Satzbälle nicht nutzen, dann erspielte sich Jeger im weiteren Verlauf der Verlängerung vier Matchbälle, die ihre Gegnerin in richtig abgezockter Manier alle abwehren konnte, um dann ihrerseits mit 18:16 den Sack zuzumachen. In Entscheidungssatz konnte die Weinheimerin zwar noch mit 3:0 in Führung gehen, doch danach dominierte der Tischtennis-Teenager auf der anderen Seite des Tischs und machte von den nächsten vierzehn Punkten stolze elf zum anfänglich nicht für möglich gehaltenen 11:6-Erfolg.
Das war es denn aber auch, denn Yuan Wan ging auch in ihrem zweiten Einzel gegen Mia Griesel konzentriert zur Sache und wurde auch nach verlorenem ersten Satz nicht hektisch. Auch nicht, als sie in der Verlängerung des zweiten Durchgangs vier Satzbälle „versemmelt“ hatte. Sie gewann mit 15:13 und hatte fortan das Geschehen gut im Griff (11:8, 11:2). Damit stand der letztendlich eindeutige Weinheimer Sieg fest.
Stimmen zum Spiel
Weinheims Manager Christian Säger freute sich zwar über die fast 300 Fans, die an einem Freitagabend so kurz vor Weihnachten – in der Liga ist der Freitag eigentlich alles andere als ein beliebter Spieltermin – gekommen waren. Er bedauerte aber, dass die vielen Zuschauer, die ein Topspiel sehen wollten, letztlich Zeugen einer recht einseitigen Partie wurden, da der Gast ersatzgeschwächt anreiste – zu den Gründen äußerte sich Alexander Teichmann weiter unten. Bei Säger überwog dennoch die Freude über die rundum gelungene Vorrunde: „Wir können eh nicht die Aufstellung von anderen Clubs beeinflussen. Wir sind überglücklich und mit 11:1 Punkten Tabellenführer. Wahnsinn! Für uns ein sensationelles Jahr 24. Nun versuchen wir, auch im neuen Jahr wieder anzugreifen.“
Berlins Präsident Alexander Teichmann erklärte, weshalb der ttc eastside arge Personalprobleme hatte: „Leider fiel Sabina Surjan mit einer Verletzung kurzfristig aus, sodass wir am Ende froh waren, dass mit Arina Spektor zumindest eine vierte Spielerin zur Verfügung stand.“ Teichmann zeigte sich zufrieden mit seinen ambitionierten Nachwuchskräften „Unsere jungen Spielerinnen haben auch heute wieder überzeugt. Mia und Josi haben gegen das starke Weinheimer erste Paarkreuz hervorragend gekämpft und mit etwas Glück hätten wir vorne auch ein oder sogar zwei Spiele gewinnen können. Lilian Ma hatte heute ihre Nervosität abgelegt und letztlich doch überraschend gegen Jeger gewonnen. Für unsere Nachwuchsspielerinnen lief die Vorrunde hervorragend.“ Teichmann kündigte an: „Wir werden mit unserem japanischen Neuzugang [gemeint ist die 18-jährige Yuka Kaneyoshi] in der Rückrunde dann sicher auch mehr Punkte holen. Trotzdem gilt in dieser Saison unser Fokus der Champions League, und auch den Pokal wollen wir unbedingt gewinnen.“
Fazit und Ausblick
Die Vorrunde in der 1. Bundesliga Damen liegt hinter uns. Die Abschlusstabelle der ersten Halbrunde zeigt Weinheim auf der Spitzenposition mit 11:1 Punkten, gefolgt von Langstadt (9:3), Dachau (7:5), Weil (6:6), Kolbermoor (5:7), Berlin (3:9) und Bingen (1:11).
Die Weinheimerinnen haben ihre Qualität eindrucksvoll unter Beweis gestellt, keine einzige Spielerin weist eine negative Bilanz auf – den Vogel abgeschossen hat natürlich die Taiwanerin Chien Tung-Chuan, die sich mit einer 8:0-Einzelbilanz noch auf Platz eins der Ligabestenliste schieben konnte, vor Langstadts Thailänderin Orawan Paranang (9:1) und Dachaus Südkoreanerin Seoyoung Byun (9:2). Doch zurück zu Weinheim: Im hinteren Paarkreuz wusste Ece Harac (6:2) besonders zu gefallen. Chien blieb auch im Doppel mit Yuan Wan ungeschlagen (5:0).
Nicht ganz so gut sieht es bei Berlin aus – allerdings gingen da die beiden Besten, Nina Mittelham und Ding Yaping, kein einziges Mal an den Tisch. Sabina Surjan konnte vorne ausgeglichen spielen (5:5), Mia Griesel hätte das um ein Haar auch geschafft (4:6). Josi Neumann (3:6) hat für die Rückrunde erhebliches Potenzial nach oben. Erfreulich ihre Doppelbilanz an der Seite von Surjan (4:1). Ebenso jung wie Neumann ist Lilian Ma, die einen optimistisch stimmenden Bundesligaeinstand hatte. Hatte sie gegen Bingens Elena Kuzmina noch knapp verloren, konnte das Riesentalent heute immerhin eine Mateja Jeger schlagen.
Der TTC 46 Weinheim beginnt das neue Jahr ebenso wie der ttc berlin eastside mit dem großen Pokalturnier in Sinzheim am 4./5. Januar, wo beide zum Favoritenkreis zählen. In der Liga ist das Team aus Nordbaden wieder am 18. und 19. Januar gefordert – die Gegner heißen Dachau (zu Hause) und Weil (auswärts).
Berlin empfängt am kommenden Sonntag (11 Uhr) in der Champions League das Team aus Hodonin (Tschechien) im letzten bedeutungslos gewordenen Gruppenspiel – der Gruppensieg samt Viertelfinaleinzug stehen bereits fest. In die Rückserie startet man am 25. und 26. Januar mit den Auswärtsspielen in Bingen und Langstadt.
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