Baku. „Je weniger Zeit ich in der Halle verbringe, desto besser für meinen Körper“, sagt Dimitrij Ovtcharov. Dass er in seinem Auftaktmatch im Einzelwettbewerb bei den European Games, wo er bei den Herren nach dem Ausfall Timo Bolls (Lebensmittelvergiftung) der einzige deutsche Vertreter ist, gegen den Tschechen Dmitrij Prokopcov nur vier Sätze brauchte, kam ihm sehr gelegen. Prokopcov war ein schweres Los für ihn in der erste Runde, ein Gegner, gegen den der Weltranglistensechste schon verloren hatte und zuletzt eher knapp gewonnen. „Daher bin ich voll zufrieden“, kommentiert der 26-jährige Topgesetzte die Partie.
Den verkorksten Mannschaftswettbewerb, den Ovtcharov ab dem Viertelfinale allein mit Patrick Baum bestreiten musste und der auf Platz vier für Deutschland endete, hat er zwar verdaut. Seine Probleme im unteren Rücken sind jedoch ebenso präsent wie die Wirkungen einer langen Saison mit vielen Spielen und kaum Regenerations- und den für seine Spielweise wichtigen, intensiven Trainingsphasen. „Wäre ich in absoluter Topform, würde ich die Favoritenrolle annehmen, aber so, wie es jetzt ist, kann es hier schnell vorbei sein“, sagt er. Wegen seines Rückens ist er täglich in intensiver Behandlung bei DTTB-Team-Arzt Dr. Rainer Eckhardt (Ulm) und Physiotherapeutin Annette Zischka (OSP Hessen in Frankfurt am Main). Einziger Vorteil seiner fehlenden Form: „Ich mache mir keinen Druck, das Turnier hier zu gewinnen.“ Auch der Bundestrainer ist eher zurückhaltend: „Im Endeffekt spielt ‚Dima‘ hier nicht in Olympia- oder WM-Form. Dafür fehlte der Aufbau nach der WM“, so Jörg Roßkopf, machte dann aber wenigstens ein bisschen Hoffnung. „Die Form kann sich aber auch durch Erfolgserlebnisse steigern. Ein 4:0-Sieg hebt einen schon mal ein bisschen.“
Nächster Gegner: Adrien Mattenet
Ovtcharovs Achtelfinal-Kontrahent ist der Silbermedaillengewinner mit der Mannschaft, Adrien Mattenet. Der Franzose rang Polens Penholder-Spieler Wang Zengyi in der Runde der besten 32 in sieben Sätzen nieder. Ovtcharovs Bilanz gegen den auf wechselhaftem Niveau agierenden Saarbrücker Bundesliga-Profi, der in der Weltrangliste mal auf Platz 19, mal auf Platz 59 rangiert, ist hoch positiv. Zuletzt hatte der Deutsche ihn beim Mannschaftshalbfinale mit 3:1 besiegt. „Adrien ist manchmal sehr gut und schlägt Spieler, die weit vor ihm stehen. Ich hoffe, dass er gegen mich keinen Sahnetag erwischt“, so Ovtcharov.
Einen Topfavoriten im Turnier aufgrund bisher gezeigter Leistungen konnte der amtierende Europameister und Europe-Top-16-Sieger nicht ausmachen. „Von den üblichen Verdächtigen hat bisher keiner souverän gespielt.“ Portugals Team-Goldmedaillengewinner Marcos Freitas, Ex-Europameister Vladimir Samsonov aus Weißrussland oder Kroatiens Spitzenspieler Andrej Gacina kämpften bisher alle mit kleinen Problemen und gegen eine gewisse Spielmüdigkeit. „Der einzige, der hier geglänzt hat, ist Lebesson“, befand Ovtcharov, „und der ist inzwischen abgereist“. Emmanuel Lebesson war in Baku nur die Nummer drei der Franzosen und lediglich im Mannschaftswettbewerb zum Einsatz gekommen.
Turniersieg wird Glückssache in Baku
Eine richtige Vorbereitung auf die European Games sei nicht möglich gewesen nach Einzel-Weltmeisterschaften in China Anfang und Champions-League-Finale Ende Mai. Für Ovtcharov folgte zusätzlich der Auftakt seines Engagements in der chinesischen Superliga, von dem er direkt nach Aserbaidschan anreiste. „Da ist es ein bisschen Glückssache, wer sich hier in der besten Tagesform präsentiert.“ Eines unterstrich Dimitrij Ovtcharov aber zur Freude seiner Fans, die er auch in der Baku Sports Hall unter den aserbaidschanischen Zuschauern hat: „Man sollte mich nicht abschreiben.“
Herren-Einzel, 2. Runde (beste 32)
Dimitrij Ovtcharov – Dmitrij Prokopcov CZE 4:0 (12,6,9,6)
<strike>Timo Boll</strike> – Wang Yang SVK
Achtelfinale am Donnerstag
Ovtcharov - Adrien Mattenet FRA, 10 Uhr deutscher Zeit
Viertelfinale am Donnerstag um 16 Uhr
Halbfinale, Gold- und Bronze-Match am Freitag
Damen-Einzel, 2. Runde (beste 32)
Han Ying – Polina Mikhailova RUS 4:0 (9,4,8,10)
Petrissa Solja – Anamaria Erdelji SRB 4:2 (6,6,-6,4,-5,3)
Achtelfinale am Donnerstag
Han - Sofia Polcanova AUT, 8 Uhr deutscher Zeit
Solja - Galia Dvorak ESP, 9 Uhr
Viertelfinale am Donnerstag um 14 Uhr
Halbfinale, Gold- und Bronze-Match am Freitag
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Live-Streaming (nur von Tisch 1 der Baku Sports Hall)
Das deutsche Aufgebot in Baku
Herren-Mannschaft: Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll, Patrick Baum
Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov, <strike>Timo Boll</strike>
Damen-Mannschaft: Han Ying, Petrissa Solja, Shan Xiaona
Damen-Einzel: Han Ying, Petrissa Solja
Betreuer: Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf und Assistent Zhu Xiaoyong, Damen-Bundestrainerin Jie Schöpp, Teilmannschaftsleiter Rainer Kruschel, Dr. Rainer Eckhardt (Mannschaftsarzt, Ulm), Annette Zischka (Physiotherapeutin Olympiastützpunkt Hessen in Frankfurt am Main)
Für das ETTU-Präsidium nur bei den Team-Wettbewerben vor Ort: Heike Ahlert (DTTB-Vizepräsidentin Leistungssport)
Deutsches Schiedsrichter-Team in Baku: Michael Zwipp (Oberschiedsrichter, Langen), Gerhard Schnabel (Schläger-Tester, Karlsfeld), Gert Selig (Hannover), Klaus Seipold (Meerbusch)