Incheon. Patrick Franziska hat beim mit 500.000 Dollar dotierten WTT Champions Incheon den Einzug ins Endspiel knapp verpasst. Der Saarbrücker unterlag im Halbfinale Chinas ehemaligen Jugend-Weltmeister Xiang Peng mit 2:4, der anschließend auch das Finale gegen den Südkoreaner Lee Sang Su mit 4:0 gewann. Der Gewinn der Bronzemedaille vor den Toren von Südkoreas Hauptstadt Seoul ist nach Silber beim Grand Smash in Saudi-Arabien 2024 und Platz drei beim Champions in Budapest 2022 bereits die dritte herausragende Platzierung Franziskas bei einem der Top-Turniere des Veranstalters World Table Tennis. Das chinesische Final-Duell der Damen gewann Wang Yidi vor Chen Xingtong.
Rückstände und starke Taktik des Gegners
Einen Tag nach seinem Sieg im begeisternden Viertelfinal-Krimi gegen den Olympia-Zweiten Truls Möregardh (Schweden) musste Patrick Franziska im Duell mit Xiang Peng immer wieder Rückstände aufholen. Der ungemein bewegliche Weltranglisten-23. suchte nicht nur permanent die Initiative, sondern zeigte sich auch taktisch bestens vorbereitet auf die gefährlichen Angriffsschläge Franziskas, der mit seinen besten Waffen bereits den prominentesten Kollegen des Chinesen - Ma Long, Fan Zhendong und Xu Xin - Niederlagen beigebracht hatte.
Xiang Peng neutralisiert Franziskas Rückhand
Dem 22 Jahre alten Jugend-Weltmeister von 2019 und 2021 gelang es von Beginn an, den Weltranglistenachten in lange Ballwechsel zu verwickeln. Wieselflink und mit immens hoher Sicherheit in der Halbdistanz entschärfte er immer wieder selbst Franziskas gefährlichste Waffe, die Rückhand - und schloss die spektakulären Rallys dann regelmäßig mit seiner überragenden Vorhand ab. Dazu stellte er den Deutschen mit variantenreichen Aufschlägen immer wieder vor Probleme.
Fehlendes Quäntchen Glück in den entscheidenden Situationen
Chancen, dem Spiel eine andere Richtung zu geben, erkämpfte sich Patrick Franziska beim 9:11, 12:14, 13:11, 8:11, 11:4 und 7:11 dennoch in drei der vier verlorenen Durchgänge. Im ersten Satz machte er aus einem 5:9-Rückstand ein 9:11, bevor er sich im zweiten Spielabschnitt bei 12:11 seinen ersten, diesmal noch vergebenen Satzball sicherte. Durchgang drei ließ Franziska weiter auf das Finale hoffen. Der Deutsche zog nach einer Auszeit bei 0:3 auf 6:4 davon, wehrte zwei Satzbälle des Chinesen ab und verkürzte mit seiner zweiten Chance zum 1:2. Im vierten Satz erarbeitete sich der Europe-Top-16-Sieger von 2021 nach einem 2:6-Rückstand erneut Oberwasser, doch bei 8:9 stoppte ein Netzroller die Aufholjagd des Deutschen. Immerhin gelang ihm mit 11:4 der Anschluss zum 2:3. Allein Satz sechs wurde mit 7:11 eine halbwegs klare Angelegenheit für Xiang Peng.
Patrick Franziska: "Ich bin immer dran geblieben"
Patrick Franziska erkannte die Leistung seines Gegners nach dem Ausscheiden neidlos an: „Xiang Peng hat sehr, sehr sicher und sehr stark gespielt. Seine Aufschläge waren für mich schwer zu lesen. Er ist sehr sicher auf der Rückhandseite und mit der Vorhand überragend. Dazu kam, dass einige Situationen bei knappen Spielständen, die gestern gegen Truls noch für mich ausgegangen sind, heute nicht so für mich liefen, wie ich es gebraucht hätte. Ich bin trotzdem immer dran geblieben.“
Zweite Champions-Bronzemedaille für Franziska
Franziskas dritter Platz in Incheon bedeutet nach dem Halbfinaleinzug in Budapest 2022 den zweiten Gewinn einer Bronzemedaille bei einem Turnier der Champions-Klasse – der zweithöchsten Kategorie des Veranstalters World Table Tennis. Seinen größten Erfolg erreichte der gebürtige Bensheimer im Vorjahr, als er beim Grand Smash in Saudi-Arabien das Endspiel erreichte. Auf der Habenseite Franziskas bei WTT-Turnieren stehen außerdem je zweimal Silber und Bronze bei Contender-Turnieren sowie ein Titelgewinn beim Heimturnier in Düsseldorf in der Feeder-Kategorie.
"Ich will noch die fehlenden ein bis zwei Schritte nach vorne gehen"
Beim Turnier in Südkorea besiegte die Nummer acht der Welt im Viertelfinale den Weltranglistensiebten und Olympiazweiten Truls Möregardh (Schweden) sowie in den Runden zuvor erstmals den Japaner Shunsuke Togami und seinen australischen Trainingspartner Finn Luu. Das Fazit des Deutschen fällt überaus positiv aus:
„Alles in allem war es ein echt gutes Turnier für mich. Aber wenn man im Halbfinale steht, will man auch die fehlenden ein oder zwei Schritte nach vorne gehen. Dennoch: Das Halbfinale beim Champions ist ein super Ergebnis. Insbesondere dafür, dass ich bei dem Turnier von Beginn an erkältet war und die meiste Zeit im Bett verbracht habe – ich kenne jetzt jeden Winkel in meinem Zimmer. Am Tisch habe ich mich trotzdem von der ersten Runde an gut gefühlt und alles in die Matches hineingelegt.“
Bundestrainer Roßkopf: "Patrick hat ein tolles Turnier gespielt"
Bundestrainer Jörg Roßkopf pflichtete dem bei: „Schade, dass es für Patrick nicht noch weiter gegangen ist. Er hat ein tolles Turnier gespielt. Man muss jedoch auch zugeben, dass Xiang Peng sehr stark gespielt hat – er ist extrem schnell. Die Schiedsrichterin hat mit einem abgezählten Aufschlag und einer gelben Karte wegen zu langsamen Erscheinens nach der Satzpause das ohnehin schon schwere Spiel auch nicht einfacher gemacht. Dazu kommt, dass Patrick, der während des Turniers mit einer Erkältung zu tun hatte, nach dem physisch und mental anstrengenden Spiel gegen Möregardh gestern nicht sehr gut geschlafen hat. Das sind für sich genommen sehr kleine Dinge, die dann aber zum Mosaik zusammengefügt in so einem bedeutenden Spiel letztlich doch eine große Rolle spielen. Das ist keine Entschuldigung – aber auf diesem hohen, ausgeglichenen Level im Profibereich machen solche Nuancen eben manchmal an einem Tag den Unterschied aus."
Roßkopf: "Bin zufrieden den Leistungen der Jungs"
Für sechs weitere deutsche Champions-Teilnehmer war das mit 500.000 Dollar dotierte Turnier im Wochenverlauf vorzeitig beendet. Schwedens Olympia-Zweiter Truls Möregardh warf im Achtelfinale den EM-Zweiten Benedikt Duda (Bergneustadt) aus dem Titelrennen. Der ehemalige Weltranglistenerste Dimitrij Ovtcharov scheiterte in der gleichen Runde am Weltranglistenzehnten Lin Gaoyuan (China). Ex-Europameister Dang Qiu (Düsseldorf) sowie das Damen-Trio Ying Han (Tarnobrzeg, Polen), Nina Mittelham und Xiaona Shan (beide Berlin) schieden in Runde eins aus.
Bundestrainer Jörg Roßkopf resümierte: „Insgesamt bin ich mit dem Abschneiden unserer bei diesem Top-Level-Turnier in Südkorea zufrieden. Alle haben ganz gut gespielt. Wir fliegen jetzt zurück nach Deutschland, dann sind in der nächsten Woche die TTBL-Play-offs – und direkt danach geht's schon wieder nach Macau zum World Cup.“
Die Ergebnisse der Halbfinalspiele
Herren-Einzel, Halbfinale
Patrick Franziska - Xiang Peng CHN 2:4 (-9,-12,11,-8,4,-7)
Lee Sang Su KOR - Lin Yun-Ju TPE 4:2 (5,5,9,2,-8,9)
Damen-Einzel, Halbfinale
Wang Yidi CHN - Zhu Yuling MAC 4:1 (8,7,-3,6,7)
Chen Xingtong CHN - Miwa Harimoto JPN 4:2 (4,-5,5,7,-5,6)
Die Ergebnisse der Finalspiele
Herren-Einzel, Finale
Xiang Peng CHN - Lee Sang Su KOR 4:0 (8,0,3,4)
Damen-Einzel, Finale
Wang Yidi CHN - Chen Xingtong CHN 4:3 (9,-8,-9,-12,9,6,10)
Links
Die deutschen Starter beim WTT Champions Incheon (1. bis 6. April)
Damen
Nina Mittelham (ttc berlin eastside), Xiaona Shan (ttc berlin eastside), Ying Han (KTS Tarnobrzeg, Polen)
Herren
Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken-TT), Dang Qiu (Borussia Düsseldorf), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt), Dimitrij Ovtcharov (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell)
Trainer
Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer), Zoltan Batorfi (Assistenz-Bundestrainer Damen)